eRezept-Rollout: Was jetzt konkret gilt | Förderprogramm der eRezept-Enthusiasten
Nach der großen Aufregung um die für September angekündigte verpflichtende Nutzung des eRezeptes ist es seit ein paar Wochen wieder ruhiger geworden. Fast könnte man meinen, die Sache hätte sich erledigt. Und tatsächlich: der Korrekturbeschluss der gematik-Gesellschafterversammlung vom 31. Mai sieht keine Zwangsverpflichtung mehr vor. Vielmehr gilt seit dem folgender Plan: 1) Weiterhin sollen alle, die können und wollen, möglichst viele eRezepte ausstellen, aber niemand muss. 2) Die KV-Regionen Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein wurden zu Testregionen erklärt, in denen ab 1. September mit freiwilligen Pilotpraxen der Roll-Out mit Evaluation erprobt wird. (~ gemeinsame Pressemitteilung der KVen WL + SH) 3) Sämtliche Apotheken müssen ab September in der Lage sein, eRezepte anzunehmen. 4) Der weitere Fahrplan ist zeitlich offen, geplant ist ein stufenweiser Rollout, der daran festgemacht wird, dass die jeweils vorherige Stufe gut funktioniert. Damit ändert sich für die Praxen und MVZ gegenüber der bisherigen Situation erst einmal nichts. Man kann hier eine Lernkurve vermuten, dass Zwang nur Trotzreaktionen erzeugt – offensichtlich will man stattdessen darauf setzen, dass die Praxisteams von selbst den Mehrwert des eRezeptes erkennen. Angestrebt wird der flächendeckende Rollout im ganzen Bundesgebiet für Frühjahr 2023. ————————- Spannend ist daher im Moment vor allem auch das, was drum herum passiert. Zum einen hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage gestellt, die – typisch Opposition – vor allem Unzufriedenheit mit dem Tempo der Regierung zum Ausdruck bringt (á la ‚Unter Spahn ging das alles schneller‘ – Volltext als PDF öffnen). Die Antwort der Bundesregierung (~ als PDF öffnen) bringt aber nützliche Klarstellungen – aus Praxissicht insbesondere die, dass eine „Sanktionsregelung … derzeit nicht geplant“ sei und dass „ein Rechtsanspruch von Versicherten auf Ausstellung einer elektronischen Verordnung … nicht [besteht].“ Parallel hat sich ein Verein der e-Rezept-Enthusiasten gegründet, dessen primäres Ziel es ist, mit finanzieller Anreizsetzung die Durchsetzung des eRezeptes im Alltag zu befördern. „Unsere Mitglieder sind überzeugte Ärzt:innen, Apotheker:innen, Vertreter:innen aus Patientenorganisationen, Digital-, IT- und Medienunternehmen.“ – beispielhaft hier die Erklärung von medatixx zu ihrer Beteiligung. Die Partner stellen etwa eine halbe Million € bereit, von den die ersten 130 Arztpraxen (je Bundesland gedeckelt, um eine gleichmäßige Verteilung zu erreichen), die in zwei Kalenderwochen jeweils mindestens 100 eRezepte ausstellen, jeweils 3.000 € Prämie erhalten. Der Verein, der gemeinnützig aufgestellt ist, lässt das Projekt wissenschaftlich durch die Technische Hochschule Amberg-Weiden begleiten: Details zum Förderprogramm | Förderkritierien als PDF öffnen. Stand 22.07.2022 – 16 Uhr waren bei den Praxen von den 130 ausgelobten Förderungen 31, darunter alle für Schleswig-Holstein verfügbaren, bereits vergeben – es gilt das Windhundprinzip.
FAQ der Gematik v. Juni 2022
Der Fahrplan zum E-Rezept
Ärzteblatt v. 06.07.2022
BMG: Patienten haben keinen Rechtsanspruch auf ein elektronisches Rezept
Apotheke Adhoc v. 27.06.2022
E-Rezept-Förderprogramm: 3000 Euro für Ärzte, 1500 für Apotheken
Konnektor-Austausch | Schiedsspruch zur Finanzierung ist gefallen – Folgen für MVZ noch unklar | Gedankenspiele zur stärkeren Einbindung von zentralen Konnektorlösungen
Parallel zu der aktuell wieder aufgebrochenen Diskussion, ob der Konnektoaustausch überhaupt sein müsse (~ siehe Reiter ‚Nachrichten‘) hat das Bundesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung (~ was ist das? | und warum?) die zuvor durch GKV-Spitzenverband und KBV nicht lösbare Fragen entschieden, wie die Austauschaktion, die alle Praxen und MVZ sukzessive in den nächsten Monaten und Jahren zwangsweise vornehmen müssen, finanziert wird. Alles in allem soll eine Praxis demnach 2.300 € für den Wechsel erhalten. „Das ist deutlich mehr als die Krankenkassen zahlen wollten. Dennoch entspricht das Ergebnis nicht unserer Forderung“, sagt die KBV, die bei der Summe für die klassische Einzelpraxis ein Delta von knapp 400 € zu den realistischen Kosten sieht (~ Videointerview Th. Kriedel v. 20.07.2022). Der Schiedsamtsspruch ist bindend, muss jedoch gleichwohl von Kassen und KBV noch in einen Vertrag gegossen werden, bevor er wirklich Geltung bekommt. Die vom Bundesschiedsamt festgelegte Pauschale umfasst den Austausch des Konnektors (inkl. Altgeräteentsorgung), die Installation der neuen SMC-B-Karte sowie den Austausch der Sicherheitsmodulkarte in einem stationären Kartenterminal. Für jedes weitere Kartenterminal, dessen Sicherheitsmodulkarte abläuft, werden für den Austausch jeweils 100 € zusätzlich gezahlt. Leider bleibt nach den ersten Meldungen zum Schiedsspruch – dessen Volltext nicht öffentlich einsehbar ist – mal wieder völlig unklar, inwieweit bei der Erstattung BAG und MVZ berücksichtigt werden, die notgedrungen mehrere Konnektoren betreiben, und ob der refinanzierte Modulwechsel in den Kartenterminals zahlenmäßig wieder bei dem gedeckelt wird, was eine klassische Einzel- oder Zweierpraxis so braucht. Analog zu den bisherigen Erstattungsvereinbarungen bleibt dies zu befürchten. Im Übrigen hat die KV Sachsen in der Mai-Ausgabe ihrer mitgliederzeitung konkret dargestellt, wie der Konnektortausch im Detail vor sich geht und warum betroffene Praxen ggf. schon vorab eine neue SMC-B-Karte beantragen solten (~ KVS-Mitteilung, Beitrag im unteren drittel der Webseite). —————————————- So oder so, ein Bericht des Ärztlichen Nachrichtendienstes lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass es zunehmend IT-Anbieter gäbe, die „Ärzte auf Konnektor-Farmen locken [wollen]“ ~ änd v. 23.07.2022. Dabei wird die zum Betrieb der TI nötige Hardware nicht mehr von der einzelnen Praxis betrieben, sondern über Leasingmodelle von spezialisierten Dienstleistern, die 24/7 die Verantwortung für das Funktionieren der Technik, die sich in einem zentralen Rechenzentrum befindet, übernehmen. Was technisch hinter diesem grundsätzlich vernünftigen Gedanken des Sammelbetriebs steckt, beschrieb bereits 2018 das Magazin eHealth.com: „Krankenhäuser und TI: Kommt jetzt die Konnektor-Farm?“ Im Mai 2020 berichtet zudem die ÄrzteZeitung über das KfH mit seinen rund 220 Standorten, das frühzeitig auf den Betrieb einer eigenen Konnektorfarm gesetzt hatten: „Zentraler Anschluss an die TI bewährt sich.“ Der dabei genutzte Anbieter hat seinen Ansatz im August 2020 im Fachportal Tagesspiegel Background Gesundheit ausführlich beschrieben: „Telematikinfrastruktur: Es ist viel mehr möglich.“
Pressemeldung des GKV-Spitzenverbandes v. 20.07.2022
Digitalisierung: Fast 400 Millionen Euro extra für ärztliche Praxen
Medical Tribune v. 21.07.2022
Schiedsspruch zum Konnektorentausch: So viel Geld bekommen Praxen
ÄrzteZeitung v. 22.07.2022
Telematikinfrastruktur: KBV lehnt Schiedsspruch zu Konnektortausch ab
Arbeitnehmermotivation | Mehr Netto vom Brutto durch bewusstes Lohnmanagement
Neben der Frage von abgabenfreien MFA-Prämien als Corona-Bonus, die dank des 4. Corona-Steuerhilfegesetzes von Mitte Juni durch MVZ und Praxen als Arbeitgeber noch bis Ende 2022 gewährt werden können (~ Archiv der KW22 | Praxen können bis zu 4.500 Euro Prämie zahlen – steuerfrei) stellt sich generell und dauerhaft die Frage, wie Arbeitgeber durch bewusste Nutzung von Sonderregelungen aktiv Lohnnebenbestandteile so gestalten können, dass bei gleichen oder nur geringen Mehrkosten dem Arbeitnehmer mehr Netto vom Brutto bleibt. Hierzu bieten die Steuergesetze bereits seit Langem diverse Ansätze, etwa die bekannten Tankgutscheine oder die – meist weniger bekannten – Erholungsbeihilfen. Der Beitrag in Arzt+Wirtschaft fasst zusammen: „Musterberechnungen zeigen, dass im Einkommensbereich von 2.000 Euro brutto Steigerungen für die Mitarbeiter von rund 115 Euro monatlich möglich werden – bei einem Arbeitgeberaufwand von rund 120 Euro. Dieselbe Summe würde auch bei einer normalen Gehaltssteigerung von 100 Euro brutto monatlich fällig, wovon beim Mitarbeiter aber nur 55 Euro tatsächlich ankommen.“ Der Beitrag im Magazin Chef Easy bezieht sich ergänzend auf den Bereich der Aufmerksamkeiten, wie Getränke und Genussmittel, die unter bestimmten Bedingungen den Mitarbeitern steuer- und abgabenfrei zur Verfügung gestellt werden können. Der verlinkte Artikel der Zahnärztlichen Mitteilungen hat dagegen die gesetzlichen Erleichterungen, im Besonderen die im Herbst greifende Energiekostenpauschale und die Frage, was das für Arbeitgeber bedeutet, zum Schwerpunkt. Der vierte Link befasst sich mit geldwerten Annehmlichkeiten, die Arbeitgeber im Kontext des Homeoffice gewähren können.
ZM Online v. 16.07.2022
Steuerentlastungen in der zweiten Jahreshälfte 2022: Viel für Arbeitnehmer, weniger mehr für Arbeitgeber
CE-Chef Easy v. 13.07.02022
Obstkorb für die Mitarbeiter ‒ hält gesund, macht zufrieden und ist steuer- und beitragsfrei
Arzt + Wirtschaft v. 07.07.2022
Arbeitgebermarke durch Lohnkostenmanagement stärken und Fachkräfte binden
Haufe.de v. 23.06.2022
Lohnsteuer und Kostenerstattung im Homeoffice: Was ist möglich?
Telefon-AU | G-BA will Krankschreibung per Telefon bald wieder ermöglichen
In der Berichterstattung klingt es schon wie ein Fakt, doch noch ist es nur eine unverbindliche Ankündigung: Der GBA hat auf seiner jüngsten Sitzung darüber diskutiert, die Möglichkeit der Ärzte, Patienten mit einfachen Atemwegserkrankungen nach rein telefonischer Konsultation krankzuschreiben, wiedereinzuführen. Diese Sonderregel war nach dem 31. Mai 2022 nicht verlängert worden, da man zu der Zeit auf eine Corona-Entspannung im Sommer hoffte. Die Realität sieht bekanntermaßen anders aus. Nach Aussage der Pressesprecherin des GBA, sei vorgesehen, am 4. August einen Beschluss zur Wiedereinführung zu treffen, in dem die Details festgelegt werden – insbesondere zum Datum, ab wann die Möglichkeit zu telefonischen Krankschreibungen wieder gilt. Da alle Seiten, einschließlich Minister Lauterbach, sich dafür aussprechen, ist es somit nur noch eine Frage der Zeit. Wahrscheinlich ist ein Datum Mitte August. Es sollte aber in allen Praxen klar sein, das bis dahin, der persönliche Kontakt, bzw. der per Videokonsultation unabdingbare Voraussetzung für eine Krankschreibung bleibt.
ÄrzteZeitung v. 21.07.2022
Tele-AU soll zurückkommen – Beschluss wohl schon am 4. August
Handelsblatt v. 21.07.2022
Krankschreibungen per Telefon wieder vorgesehen – noch kein Datum
Gesetzgebung | Anhörung zum GKV-Spargesetz – Auch die Kassen sind gegen die Streichung des Neupatientenbonus, aber …
In der Ausgabe der KW27 (~ zum Archiv) hatten wir über die Pläne des BMG berichtet, im Rahmen des geplanten GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes neben zahlreichen anderen Maßnahmen (~ mehr Details zum Gesetz) den TSVG-Neupatienten-Bonus ab 2023 zu streichen, um damit ein Stück des milliardenschweren Kassendefizits auszugleichen. Der Entrüstungssturm der Ärzteschaft war sofort groß. Beinah mehr noch als die drohende Honorarkürzung wurde dabei der Vorwurf der Unzuverlässigkeit der Politik in den Fokus gerückt, wenn vor drei Jahren getroffene Entscheidungen ‚einfach so‘ wieder zurückgedreht würden (~ KBV v. 14. Juli: Ärzteschaft warnt vor Abschaffung der Neupatientenregelung|~ KV Berlin v. 5. Juli: Wir werden keine neuen Patient:innen mehr aufnehmen) Die Apothekerseite, auf die noch viel mehr Sparandrohungen zukommen, belegte diese Reaktion etwas schnoddrig mit dem Kommentar: Ärzte im Boykottfieber (Apotheke adhoc v. 5.7.2022). Mit der inzwischen gewohnten Kurzfristigkeit hatte das BMG am 13. Juli 2022 die nicht öffentliche Verbändeanhörung angesetzt. In den Stellungnahmen dazu gab es in der Frage der TSVG-Neupatienten unerwartete Schützenhilfe der anderen Art vom GKV-Spitzenverband. Dieser monierte, dass die Abschaffung dieser Regelung zwar sachgerecht sei, aber gerade nicht die erhofften Einsparungen, sondern Mehrausgaben in selbiger Höhe bedeuten würde (~ Volltext der Stellungnahme v. 12. Juli). Im Hintergrund steht die (berechtigte) Befürchtung, dass dann die bisherigen Neupatienten einfach zu Patienten der offenen Sprechstunde deklariert würden, was in vielen Fachgruppen ebenfalls unbudgetierte Honorare auslösen würde. Nur, dass hierbei keine Bereinigung der MGV vorgesehen sei, was die Kassen trotz der Begrenzung auf 17,5 % der Fälle einer Praxis damit insgesamt teurer kommen könnte, als die jetzige Situation. Folgerichtig endete die Stellungnahme mit der Forderung, gleich beide TSVG-Regeln zu streichen. Insgesamt hat die Anhörung keinerlei Klarheit gebracht – denn zusätzlich zu den verschiedenen Ansichten der Verbände, wenn es ums Sparen geht, scheinen weiterhin auch Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Regierung dazu zu bestehen: GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Wie könnte es weitergehen mit dem Spargesetz? Nur eines ist klar: Frühestens im Herbst/Winter wird es hier zu einer verbindlichen Entscheidung kommen – die aktuelle Phase mit Referentenentwurf und Verbändeanhörung ist erst der allererste Schritt im Gesetzgebungsprozess.
Medscape v. 20.07.2022
Die Anhörung zum GKV-Spargesetz machte alles noch schlimmer – die wütende Kritik der Ärzte-Verbände
ÄrzteZeitung v. 13.07.02022
KVen und Ärzteverbände: Lauterbachs Sparpläne führen zu längeren Wartezeiten
Ärzteblatt v. 12.07.2022
Lauterbachs Spargesetz: Weiter harsche Kritik von allen Seiten
Konnektor-Austausch | Technische Zweifel – Kann der Austausch doch noch abgewendet werden?
Der letzte Stand (Bericht in KW20 – zum Archiv) war, dass die ‚KBV die Austauschnotwendigkeit für alle bestätigt‚ und einen entsprechenden Beschluss der gematik mitgetragen hat und somit der Wechsel aller 130 Tausend Konnektoren in den MVZ und Arztpraxen – von denen ca. 15.000 noch dieses Jahr dran wären – unausweichlich feststand (~ KBV v.5.5.2022: „Es gibt keine realistische Alternative“). Unerwartet ist diese Gewissheit nun wieder ins Wanken geraten. Anlass ist ein Hintergrundbericht der Computerzeitschrift c’t, deren Redakteure in aller Gründlichkeit dem Argument nachgegangen sind, dass die Boxen ausgetauscht werden müssen, weil die relevanten Sicherheitskomponenten in ihnen so fest miteinander verbaut seien, dass ein ‚Nur-Austausch‘ der ablaufenden Zertifikate nicht in Frage käme. Der unten verlinkte und auch für Laien gut nachvollziehbare Bericht zeigt, dass sich die „drei gSMC-K-Karten mit den Krypto-Zertifikaten … kinderleicht herausziehen und wieder einsetzen [lassen].“ In der Konsequenz hat die KBV unmittelbar die gematik angeschrieben und Aufklärung gefordert. In dem Schreiben werden u.a. die Fragen aufgeworfen, ob der Gesellschafterversammlung eine unvollständige Faktenlage präsentiert worden sei, und ob die in dem c’t-Artikel aufgezeigten Ansätze geprüft wurden – und warum sie der Gesellschafterversammlung nicht vorgestellt worden seien? Oder, wie das Portal Apotheke Adhoc zusammenfasst: „Die KBV geht auf Angriff: Man erwarte Antworten bis Ende des Monats.“ Die gematik blockt jedoch (bisher) ab. In einer Pressemeldung vom 21. Juli (~ direkt zu) wird erklärt, dass der c’t-Bericht an dem Fehler leide, dass zwar nachgewiesen wurde, das besagte Karten mit den Krypto-Zertifikaten aus- und wieder einbaubar seien – allerdings seien die Karten ja nicht tatsächlich gewechselt, sondern eben nur aus- und wieder eingebaut worden. Es sei aber der Betrieb mit anderen/neuen Karten, der nicht funktioniere. Das klingt etwas technisch – aber so viel kann jeder mit entsprechendem Vorwissen bemerken: Die gematik-Stellungnahme enthält Ausweichtaktiken, denn ja: Bisher wurde stets erklärt, die Sicherheitszertifikate wären fest verbaut, weswegen der Geräteaustausch zwingend nötig sei. Dass parallel der Schiedsspruch zu Finanzierung des Konnektoraustausches am 21.7. 2022 veröffentlicht wurde (~ siehe Reiter ‚Praxisorganisation‘), gerät angesichts dieser neuen Fragezeichen beinah in den Hintergrund. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Apotheke Adhoc v. 22.07.2022
Nach Zeitungsbericht: Kreuzverhör: KBV fragt Gematik nach Konnektoren
c’t vom 15.07.2022 (Ausgabe 16/2022)
Das 300-Millionen-Grab: Klärungsbedarf beim teuren Austausch der Konnektoren in Arztpraxen
MVZ als Politikum | … immer wieder die Bayern
Es kommt keine Ruhe ins Thema. Ausgehend von der KV Bayerns wird das politische und journalistische Sommerloch weiter mit neuen Meldungen zum MVZ-Thema gefüttert. Allerdings – auch das gehört zu den Fakten – sind die Wellen, die die Meldungen schlagen ob der steten Wiederholung spürbar weniger groß. Dennoch bleibt es bemerkenswert, dass die MVZ-Debatte gemäß des Veranstaltungsberichtes der KV (~ Bericht zum 14. Juli öffnen) offenbar das oder ein zentrales Thema des gesundheitspolitisches Sommerempfangs von KVB und KZVB in München war. Oder dass der bayrische Gesundheitsminister in einem aktuellen Editorial für das Kammerblatt der LZKB schreibt: „ Für mich ist klar: Profit darf nie die treibende Kraft hinter gesundheitlichen Angeboten sein. Ich habe das Bundesgesundheitsministerium deshalb bereits mehrfach eindrücklich gebeten … diese Diskussionen … bundesweit dringlich zu führen … Ich werde bei diesem Thema aber nicht nachlassen – denn einen weiteren Zeitverzug können wir uns nicht leisten.“ Parallel hat die KV Bayerns bereits Ende Juni ein zusätzliches, 110 Seiten starkes Rechtsgutachten zur „Gefährdungen der Freiberuflichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung durch medizinische Versorgungszentren“ (~ Volltext als PDF öffnen) veröffentlicht. Autor ist der Staats- und Verwaltungsrechtler Prof. Helge Sodan (~ mehr über), der vor anderthalb Jahren auch bereits ein in Aussage und Inhalt stark verwandtes Gutachten im Auftrag der KZBV vorgelegt hat (~ Volltext öffnen). Vielleicht zur Einordnung der aktuellen Veröffentlichung ein paar Zitate aus der Zusammenfassung in Leitsätzen (im PDF Seiten 107f): „Auch unabhängig von der Trägerschaft gehen von MVZ konkrete Gefahren für die Versorgung aus.“ und „Die Zunahme an MVZ birgt die Gefahren, dass die Versorgung 1) kommerzialisiert, 2) in der Fläche ausgedünnt und 3) zu starke Konkurrenz für freiberuflich niedergelassene Ärzte entsteht.“ Im Anschluss folgt die offensichtlich kritisch gemeinte Feststellung, dass „die Stärkung der MVZ zu einem weiteren Aufbruch der Sektorengrenzen [führt].“ Abgeleitet wird entsprechend die Notwendigkeit regulativer Einschränkungen wie die Regionalisierung der Trägereigenschaft, aber auch die Forderung, dass die Zulassungsausschüsse die nichtärztlichen Betreiber einer Eignungsprüfung unterziehen können sollten. Und weiter: „Die ärztliche Therapiefreiheit kann über den Freien Beruf in spezifischer Weise gewährleistet werden, weil dieser von einem besonderen Berufsethos und jedenfalls nicht ausschließlich durch das persönliche Erwerbsinteresse geprägt ist.“ Es darf an dieser Stelle dahin gestellt bleiben, inwieweit das hierin zum Ausdruck kommende romantische Bild des altruistischen Vertragsarztes in der aktuellen Gesundheitspolitik noch verfängt. Für den Moment ist die Veröffentlichung nichts als ein weiterer, aufwändig produzierter Baustein im Reigen der politischen Aktivitäten der KVB gegen MVZ. In dem Kontext ist auffällig, dass die journalistische Resonanz auf die Veröffentlichung im Vergleich zu früheren, ähnlichen Anlässen, sichtbar geringer ausfiel. Eine der weniger Reaktionen, die es überhaupt gab, stammt vom BBMV: „Die KVB ist auf einem Kreuzzug gegen einen Teil der eigenen Mitglieder.“
Pressemitteilung der KVB v. 29.06.2022
KVB stellt Rechtsgutachten vor: Einfluss von Investoren in der ambulanten Versorgung eindämmen
Editorial des Bayrischen Zahnärzteblattes | Ausgabe 7+8/2022
Patientenwohl muss im Mittelpunkt stehen
Förderung & Erforschung ökologischer Maßnahmen für ambulante Arztpraxen | Projektbeschreibungen können noch bis 12. August eingereicht werden
Anfang des Monats Juli hat das Bundesgesundheitsministerium eine Förderbekanntmachung veröffentlicht, über die explizit im Bereich der ambulanten Medizin und Pflege Forschungsvorhaben zwecks finanzieller Unterstützung gesucht werden, die Optimierungansätze bei der ‚Ressourceneffizienz, ökologischen Nachhaltigkeit sowie hinsichtlich des Klimaschutzes beim Praxisbetrieb‚ zum Inhalt haben. Wie bei allen Fördervorhaben ist das Antrags- und Vergabeverfahren recht komplex, allerdings muss in einem ersten Schritt – Abgabetermin ist hierfür der 12. August, 12 Uhr – lediglich eine erste (nicht länger als 15 Seiten) Vorhabenbeschreibung eingereicht werden. Um es noch etwas einfacher zu machen, steht für diese Projektbeschreibung ein 6-seitiges Worddokument zur Verfügung (~ Download), das Hinweise und Tabellenvorlagen für die formalen Angaben enthält. Die Förderprojekte werden in einem zweiten Schritt aus den eingegangenen Projektbewerbungen ausgewählt. Wie hoch die Gesamtförderung eines konkreten Projektes ausfällt, hängt am Vorhaben und dessen Umsetzung. Insgesamt ist der Fördertopf mit 300.000 Euro befüllt. Klingt nicht viel, kann ja aber bei einer guten Idee dennoch den relevanten Unterschied in der Umsetzung ausmachen. Zwingend ist eine wissenschaftliche Begleitung sowie die Vernetzung mit dem REKLIMAMED- Projekt der viamedica – Stiftung für eine gesunde Medizin (~ direkt zu). Mehr Informationen lassen sich beim DLR-Projektträger erfragen – zum Forschungsbereich Gesundheit | direkt zur Projektseite inkl. Ansprechpartnern.
Ausschreibungsunterlagen des BMG v. 01.07.2022
Förderbekanntmachung: Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen (PDF)
KV Nordrhein v. 13.07.2022
BMG-Förderprogramm: „Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen“
MFA-Mangel | Anteil der MVZ & BAG, die selbst ausbilden ist besonders hoch | Probleme mit der fachlichen Qualität der BewerberInnen
Zwei aktuelle Studien legen den Finger in die Wunde, die viele Praxen längst direkt spüren: Es gibt generell zu wenig nicht-ärztliches Personal und von denen, die sich für die Ausbildung bewerben, sind zunehmend mehr Personen sozial und/oder fachlich ungeeignet. Bei der Befragung der KV Bremen ging es vor allem darum, aufzuzeigen, inwieweit der bestehende MFA-Mangel Praxen bereits jetzt dazu zwingt, ihre Sprechzeiten einzukürzen – als Antwort steht im Raum, dass ‚ein Drittel der antwortenden 282 KV-Mitglieder aufgrund von Nachbesetzungsschwierigkeiten beim Praxispersonal die Praxistätigkeit bereits eingeschränkt haben oder planen, dies zu tun.‘ Als Top-Maßnahme, dem entgegenzuwirken, wurde von 79,9 % der Praxen die Option genannt, selber auszubilden. Genau an dem Punkt setzt die – ungleich größere – Erhebung des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) an. Mit einem gleichartigen Frageteil wurde hier bei den Teilnehmern des Zi-Praxispanels und des Zi-MVZ-Panels erhoben, wer bereits MFA ausbildet und welche Schwierigkeiten dabei auftreten. Als größte Herausforderung – das belegen die Zahlen – wird überall die mangelhafte Sozialkompetenz und Belastbarkeit der jungen Auszubildenden empfunden. Zwar gäbe es meist genügend BewerberInnen für eine Azubistelle – im Schnitt seien 50 % der Kandidaten jedoch ungeeignet. Eindrücklich belegt die Erhebung jedoch auch den großen Stellenwert, den größere BAG und MVZ für den Ausbildungssektor – gerade und trotz des schwierigen Corona-Umfeldes – haben. Während von den Einzelpraxen 28,1 % angaben, aktuell auszubilden, sind es bei Praxen und MVZ mit zwei Ärzten 49,9 % und bei MVZ/BAG mit mindestens drei Ärzten sogar 72,2 %. (~ Vgl. Seite 16f der Studie) Die Größenkorrelation wird von den Studienverantwortlichen als evident bezeichnet und setzt sich auch bei allen prospektiven Fragen zur geplanten Ausbildungssituation fort. Grundsätzlich – so das Zwischenfazit auf Seite 20 – „kann als wichtigste Motivation einer eigenen Ausbildungstätigkeit neben der Leistung eines gesamtgesellschaftlichen Beitrags deutlich der Faktor Personaleinsatz identifiziert werden. Praxen und MVZ bilden eigenes Personal aus, um die Fachkräfte in ihren Praxen einsetzen zu können und das auch bereits während der Ausbildung.“ Das sich im Übrigen die problematische Personalsituation bei den Zahnarztpraxen nicht wesentlich anders darstellt, beschreiben die zahnärztlichen Mitteilungam am 16. Juli ausführlich: „Last Exit: Praxisaufgabe„.
Zahnärztliche Mitteilung v. 11.07.2022
Rund die Hälfte der BewerberInnen nicht geeignet
Pressemeldung des Zi v. 08.07.2022
Ausbildungsquote in vertragsärztlicher Versorgung mit 42 Prozent hoch // Bewerbungsquote zu niedrig
Mitteilung der KV Bremen v. 08.06.02022
Umfrage-Ergebnisse: MFA-Mangel hat Konsequenzen für die Versorgung