Am 3. März hat in Berlin die neue KBV-Vertreterversammlung als höchstes Bundesgremium der Vertragsärzteschaft erstmals getagt. Dabei wurde auch das Vorstandstrio für die nächsten sechs Jahre bestimmt. Die Besetzung von Vertreterversammlung und Vorstand ist dabei eine logische Folge die 17 regionalen KV-Wahlen, die in 2022 stattgefunden haben. Denn das KBV-Parlament wird nicht eigenständig gewählt, sondern alle Regionen senden – gestaffelt nach KV-Größe – mindestens zwei Vertreter. In weiten Teilen ist daher die KBV-VV vor allem auch eine Versammlung regionaler KV-Vorstände & -Funktionäre (plus sechs psychotherapeutische Vertreter). Insgesamt 60 Personen, die wiederum die drei KBV-Vorstände wählen, die nicht Mitglied der Vertreterversammlung sind. Mit Andreas Gassen (Orthopäde) und Stephan Hofmeister (Allgemeinarzt) sind zwei der bisherigen Vorstände wieder angetreten und auch gewählt worden. In vorheriger Absprache – d.h. ohne dass es Gegenkandidaten gab – wurde zudem mit Dr. Sybille Steiner die dritte Position mit einer Ärztin besetzt, die bereits seit 2013 hauptberuflich für die KBV-Verwaltung tätig ist.
Soviel zu den Fakten. Doch was bedeutet diese Wahl für das künftige Auftreten der KBV? Was den Vorstand betrifft, darf mit einer weitgehenden Kontinuität gerechnet werden. Frau Steiner ist – wie Gassen und Hofmeister bereits im November 2022 erklärten (~ änd-Interview v. 20.11.2022) – ihre Wunschkandidatin für die Nachbesetzung des scheidenden Thomas Kriedel. Und dies, so wird seitdem intensiv betont, ganz unabhängig von der per Gesetz gerade erst im Oktober 2022 eingeführten 'Frauenquote für KV-Vorstände'. Diese wurde tatsächlich relativ überraschend zu einem Zeitpunkt eingeführt, als mehrere KVen ihre Wahlen schon abgeschlossen hatten und so war der Aufstand über diese neue Vorschrift teilweise recht groß (~ Bericht der KW 45-2022 zum KHPfleG). Heute lässt sich feststellen, dass tatsächlich acht der 17 KVen weiterhin rein männliche Vorstände haben (Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein, Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt, Westfalen-Lippe). In der KBV-Vertreterversammlung liegt das Verhältnis bei 47 zu 13 – der Frauenanteil liegt also bei 21,6 %. Von den 42 regionalen KV-Vorständen sind 8 Frauen, mithin 19 %. Da wirkt es zumindest befremdlich, wenn Gassen im November 2022 ohne rot zu werden erklärt, dass er die Paritätsregelung des Gesetzgebers für überflüssig halte, da 'das KV-System ja auch nicht der Bereich sei, in dem es besonders wenig Frauen gäbe. "Wir haben ja ohnehin in einer hohen Zahl der KV-Vorstände Frauen."
Aber zugegeben, die Frauenquote ist sicherlich nicht das drängendste Problem der KV-Welt. Mehr Kummer sollte den Verfechtern der Selbstverwaltung als Privileg ohnehin die teilweise sehr geringe Wahlbeteiligung bereiten (Hamburg ~ 47% | NO ~ 45 % | Sachsen ~ 42 % | BW ~ 34,5 %) – die meisten Kven liegen zwischen 50 und 60 Prozent. Eine Selbstverwaltung, die ihren Mitgliedern nicht vermitteln kann, worin ihr Mehrwert liegt, und dass das Eigenengagement der Ärzte d-e-r zentrale Aktivposten ist, hat ein nachhaltiges Problem. Das immerhin scheint der KBV-Vorstand erkannt zu haben, um noch einmal Andreas Gassen aus dem oben verlinkten November-Interview zu zitieren: "Wir müssen noch mehr den Wert der Selbstverwaltung für das Individuum in der Selbstverwaltung herausstellen. Das geht zunehmend verloren … Die KV kann ja nichts dafür, was sich eine Bundesregierung in der Gesundheitspolitik ausdenkt. … Das macht es nicht gerade leicht, Leute zur Wahl zu motivieren. Aber umso wichtiger wäre es, dass die Kolleginnen und Kollegen zur Wahl gehen – allein um zu dokumentieren: Die Selbstverwaltung sind wir ja alle." Diese Demonstration hat offensichtlich nur so semi geklappt.
Bleibt abzuwarten, wie die neue Vertreterversammlung agiert. Deren Spitze ist jedenfalls mit dem Duo Reis-Berkowitz (Bayern) und Dr. Englisch (WL) ebenfalls mehrheitlich konstant zur Vorlegislatur besetzt. Interessant ist jedoch, dass im Führungstrio der Vertreterversammlung mit der Münchner Psychotherapeutin Dr. Anke Pielsticker eine zweite bayrische Vertreterin als Ersatz für den bisherigen Amtsinhaber aus Nordrhein gewählt wurde. Zusammen mit dem Wissen, dass die bayrische KV wegen ihrer Größe als einzige sechs Vertreter nach Berlin senden darf, scheint die vorsichtige Frage erlaubt, ob sich hier eventuell ein regionales Übergewicht anbahnt.