Diejenigen unter Ihnen, die schon lange im MVZ-Bereich tätig sind, erinnern sich vielleicht an die ersten Jahre, als es immer mal wieder Probleme mit der Erstattung von Rechnungen durch einzelne PKV-Kassen gab. Hintergrund war, dass in den Musterversicherungsbedingungen der PKV (~ mehr über) das MVZ nicht vorkam – bis heute tut es das übrigens nicht vollumfänglich. Historisch begründet haben die Versicherten „die Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten frei, die zur vertragsärztlichen bzw. –zahnärztlichen Versorgung in der [GKV] zugelassen sind (Vertragsärzte bzw. Vertragszahnärzte).“ Allein die Musterversicherungsbedingungen für den Basistarif, dessen Einführung vom Gesetzgeber erst 2009 erzwungen wurde, kennt explizit auch das MVZ als zulässigen Leistungserbringer. Gleichwohl haben viele private Versicherer ihre Versicherungsbedingungen längst um das MVZ ergänzt und selbst bei denen, die das nicht getan haben, wurden über die Jahre anstandslos auch von MVZ erbrachte Leistungen erstattet.
Umso mehr überraschte eine Meldung – zuerst in der Süddeutschen Zeitung (~ zum Artikel) – nach denen scheinbar Abrechnungsprobleme bei MVZ GmbHs auftauchten. Hintergrund war der Jahresbericht des PKV-Ombudsmannes, der eine Fallbeschreibung enthält, wo die Rechnung – ausgestellt von einer Ärzte GmbH – nicht erstattet worden war. Ein Vorgehen, dem der Ombudsmann seinen Segen erteilte, da „das Unternehmen, welches die Praxis gekauft hatte, als GmbH … eine sog. „juristische Person“ dar[stellt] und damit selbst kein niedergelassener Arzt [ist].“ (~ im Berichts-PDF – Seite 34). Die PKV-Pressestelle bekräftigte in der SZ die Richtigkeit des Ganzen mit der Begründung: „Damit werden Patienten vor nur gewinnorientierten Praxisbetreibern geschützt.“ Und hier beginnt die Posse: Denn der SZ-Journalist fügte seinem Artikel an dieser Stelle zwei Absätze zur Debatte um Investoren-MVZ an, obwohl der PKV-Pressesprecher genau darüber mit der Aussage zitiert wird, dass es „dagegen … keine Probleme mit Rechnungen für Behandlungen in [MVZ] mit angestellten Ärzten, die unter ärztlicher Leitung stehen, [gäbe].“
Kern des Problems war/ist folglich die Frage, ob mit Ärzte GmbH die MVZ GmbH gemeint ist. Für den SZ-Journalisten schien das jedenfalls klar. Und in der Folge auch für die Redaktion der Zahnärztlichen Mitteilungen (ZM), die die SZ-Meldung aufgriffen und explizit den BBMV als exponierte Interessenvertretung von MVZ mit Investorenbezug um Stellungnahme baten. Etwas Recherche des BMVZ und der direkte Austausch mit dem PKV-Verband ergab jedoch schnell, dass es in dem Bericht des Ombudsmannes gerade nicht um MVZ ging, sondern um genau das, was auch benannt worden war: Um eine reine Ärzte GmbH ohne Konzession (~ Was ist das?). Damit erwiesen sich die Berichte der SZ sowie der ZM, die beide den Schluss nahelegten, dass es um MVZ ginge, als eine echte Zeitungsente. Da die Aufregung zu diesem Zeitpunkt jedoch schon Kreise gezogen hat, entschied sich der BMVZ für eine deutliche Klarstellung via Social Media.
Soweit also viel Lärm um nichts. In dem Kontext wurden jedoch noch einmal zwei Entscheidungen des OLG Frankfurt vom letzten Herbst aufgewärmt, bei denen die Justizbehörden Hessens im ersten Fall – wir meinen irreführend – getitelt hatten: „Ärzte-GmbH oder MVZ-GmbH nicht Adressaten der GOÄ“ (~ Volltext v. 21.09.2023). Konkret ging es um eine Plattform, die in Zusammenarbeit mit Kooperationsärzten und -apothekern im Kontext der Cannabistherapie praktisch Igel-Leistungen angeboten und dabei offensiv mit Rabatten auf die GOÄ-Gebühren geworben hatte. In einem weiteren Fall, der sich ebenfalls um die Cannabis-Medizin drehte, ging es zwei Monate später darum, dass eine „Vermittlerin von ärztlichen Behandlungsleistungen nicht Regelungen der GOÄ [unterliegt] und Rabatte anbieten [darf].“ (~ Volltext v. 6.11.2023) Ein genaues Studium der Fälle legt den Schluss nahe, dass es – exakt wie oben bzgl. der aktuellen Berichte von SZ und ZM beschrieben – um echte Ärzte GmbHs geht, von der aus fatalerweise im offiziellen Beschlusstext zumindest des einen Urteils auf die MVZ-GmbH geschlossen wurde. Im Grunde verwendet das OLG Frankfurt in der erwähnten Septemberentscheidung die Begriffe MVZ GmbH und Ärzte GmbH ohne erkennbaren Anlass als sich gegenseitig ergänzend. In der Folge sind auch hier Nachrichten und vor allem juristische Kommentierungen in der Welt, wonach MVZ GmbHs nicht an die GOÄ gebunden seien.
Von daher ist es wirklich wichtig klarzustellen, dass eine Ärzte GmbH nicht dasselbe ist wie eine MVZ GmbH, und das Letztere auch keine Untergruppe der ersteren darstellt. Zwar stimmt es, dass sowohl GOÄ als auch GOZ schon allein aufgrund ihres Alters die MVZ nicht direkt adressieren. Allerdings ist weitgehend unbestritten, dass auch hier die Gebührenordnungen zwingend anzuwenden sind. Eine gute Zusammenfassung der Diskussion dazu bietet – trotz der auch in diesem Text teils nicht klar trennenden Verwendung der Begriffe Ärzte GmbH und MVZ GmbH – der folgende Rechtstext: Gelten GOÄ und GOZ auch für MVZ – oder nicht?
Selbst wenn im Übrigen eine MVZ-GmbH von der Anwendungspflicht der GOÄ/GOZ befreit wäre, gäbe es dennoch ein großes Abrechnungshindernis. Denn die Erstattungsregeln der PKV sehen unmissverständlich vor, dass erstattbar nur ist, wenn „Rechnungen nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte erstellt [wurden].“ D.h. von vornherein käme die Abweichung von GOÄ/GOZ nur in Frage, wenn es sich um wirkliche Selbstzahlerleistungen handelt, für die der Patient gerade keine Erstattung durch eine Kasse anstrebt. Darüber hinaus wird die Entscheidung des OLG Frankfurt von vielen Juristen stark kritisiert und als nicht haltbar eingestuft. Empfohlen wird daher – mal ganz abgesehen von den oben beschriebenen Wirrungen und Fehlinterpretationen: „Bis [zu einer höherinstanzlichen Entscheidung] ist MVZ-GmbH und Ärzte-GmbH nicht zu raten, bei der Abrechnung von der GOÄ abzuweichen. Wer so handelt, kann sich Unterlassungsansprüchen von Mitbewerbern und Verbraucherschützern sowie Honorararrückforderungen der Patienten ausgesetzt sehen.“ (~ Quelle)