Dass das eRezept als Pflichtanwendung am 1. Januar 2024 startet, gilt im Grunde als sicher. Gleichwohl muss der Beschluss dazu erst noch verbindlich gefasst werden. Denn diese Frist und die mit ihrer Verletzung verbundenen Sanktionen sind Teil des Lauterbach’schen Digitalgesetzes, bei dem ansonsten die ePA inhaltlich im Fokus steht. Dessen abschließende Befassung ist im Bundestag für Mitte Dezember angekündigt. D.h. wer noch darauf hoffen sollte, dass es anders kommt, muss sich auf die Sitzungswoche vom 11. – 15. Dezember konzentrieren. Ob es aus Praxissicht allerdings schlau wäre, solange zu warten, steht auf einem anderen Blatt. Zumal bzgl. der eRezept-Einführung dem Grunde nach Einvernehmen zwischen den großen Parteien und insoweit Unverständnis gegenüber dem Zögern der Ärzteschaft besteht. Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden ganz konkrete, prozessorganisatorische Aspekte und besondere Fallkonstellationen näher beleuchtet werden.
Denn eines sollte sich jede:r Praxisverantwortliche klar machen: Mit der Umstellung von Muster 16 auf das eRezept müssen zwangsläufig die zugehörigen Praxisprozesse neugedacht werden. Gleich bleibt, dass die MFA die Rezepte im Wesentlichen autark vorbereiten können. Aber, wie im Anschluss die Arztsignatur erfolgt und wie gerade dieser Prozess im Praxen-Workflow organisiert werden kann, muss praxisindividuell erörtert und ausprobiert werden. Jakob Scholz, in der KVWL für die eRezept-Einführung zuständig, verweist im sehr informativen, unten verlinkten Interview darauf, dass die Bequemlichkeit für die Praxis „schon sehr stark vom PVS ab[hängt].“ Die Unterschiede beziehen sich sowohl auf die Zeitdauer, die für die Ausstellung benötigt wird, auf die Frage, ob die Funktion der Komfortsignatur überhaupt schon eingebaut ist, sowie auf den Unterstützungsgrad, den die Anbieter ihren Praxen beim Einführungsprozess bieten.
Die wichtigste Message des IT-Spezialisten: „Ich muss mir Gedanken dazu machen, dass ich als Ärztin oder Arzt das Signieren an meinem PC selbst übernehme. Das heißt, ich muss meinen Prozess mit meinen MFA gemeinsam vorher einmal durchsprechen und überlegen: Wie kann ich das am besten in der Praxis organisieren? Eine notwendige Hinterfragung, die noch einmal deutlich komplexer wird, wenn mehrere Ärzte gemeinsam praktizieren und/oder z.B. Arztzimmer Patient für Patient gewechselt werden. Für diese Aspekte bieten sowohl die Verlinkungen zur ÄrzteZeitung unten, als auch zum Hausarztmagazin gute Ansatzpunkte (~ Teils zugangsgeschützt. Sprechen Sie uns an.) Auch der Leitfaden für Zahnarztpraxen ist eine (für alle Praxen) empfehlenswerte Lektüre: eRezept-Leitfaden der KZBV (PDF)
Hinzukommt: Was für die Praxis sinnvoll ist, muss es noch lange nicht für den Patienten sein. Stichwort zeitverzögerte ‚Stapelsignatur.‘ Und: Nicht alle Apotheken sind auch praktisch eRezept-ready, d.h. -willig. Es ist folglich davon auszugehen, dass alle Beteiligten miteinander hier ab 1. Januar im maximalen Echtbetrieb eine Radikal-Lernkurve durchmachen werden (müssen): „Beim ersten Mal sind die Patienten nervös, wenn sie zum Einlösen mit der eGK in die Apotheke gehen, aber dann sind sie begeistert,“ zieht eine Ärztin, die das eRezept schon länger ausgibt, in der ÄrzteZeitung als Fazit. Ihre größte Angst ist, dass Anfang Januar ‚der gematik-Server zusammenbricht. Denn bei der eAU hatte es auch erst dann Probleme gegeben, als viele sie auf einen Schlag genutzt hatten.‘
Diese Sorge ist sicher berechtigt. Als Rückfalllösung bleibt dann wieder das Muster 16, das ohnehin in den Praxen weiter präsent bleiben wird. Insofern kann es nur sinnvoll sein, dass jeder Praxisbetrieb für sich, die Routinen schon mal durchspielt und parallel einen Plan B für den Jahresanfang vorbereitet. Es können ja nicht alle einfach die erste Woche zumachen … Eine Hilfestellung zur organisatorischen Vorbereitung und Prozessumstellung gerade in komplexen Kooperationsstrukturen bietet deshalb auch der BMVZ im Rahmen seines LiVE.MEETINGs am 4. Dezember (Infos | Programmflyer).
Losgelöst von dieser Managementaufgabe, sich als Praxisteam auf die neuen Routinen und den erwartbaren Zusatz-Trouble am Jahresanfang einzustellen, bietet das eRezept auch inhaltlich neue Funktionalitäten/Mehrwerte. Darauf sei an dieser Stelle nachfolgend nur via weiterführender Verlinkung kurz verwiesen.