Die Woche vom 16. – 20. Dezember wird noch einmal spannend. Nicht nur wegen der am Montag (16.12.) zur Abstimmung stehenden Vertrauensfrage, mit der die Neuwahlen eingeleitet werden sollen. Sondern, weil es sich überhaupt um die letzte Sitzungswoche in diesem Jahr handelt, in der folglich noch zahlreiche Beschlüsse zu diversen Themen gefasst werden sollen (~ Tagesordnung). Aus dem Bereich Gesundheitswesen ist jedoch nichts darunter. Vielmehr bewegen sich die gesundheitspolitischen Aktivitäten seit dem Bruch der Regierungsampel nur noch auf untergesetzlichen Ebenen.
Anzuführen wäre da etwa am 14. November die zeitgleiche Veröffentlichung von gleich zwei Empfehlungen der BMG-Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung; konkret zum 'Abbau überbordender Bürokratie' einerseits sowie zum 'Erhalt des flächendeckenden geburtshilflichen Angebots' andererseits (~ zu den PDF-Berichten | BMG: Regierungskommission legt Empfehlung für Bürokratieabbau vor). Arbeiten für die Schublade, die aufgrund der äußeren Umstände in jeder Hinsicht folgenlos bleiben werden, obwohl es gerade bei dem Bericht zur Bürokratie im Kern viel um die ePA geht. (~ Neue Empfehlungen: Kommission setzt beim Bürokratieabbau auf die ePA) Ebenfalls für die Schublade, aber nun einmal parlamentarisch gesetzt, war die am 4. Dezember durchgeführte Bundestagsanhörung mit dem Thema 'Gesundheit für alle' – die auf eine frühere Initiative der Partei Die Linke zurückging (~ BT-Drucksache 20/11427), und die von der ZM-Redaktion treffend unter der Überschrift "Streit um das duale System" zusammengefasst wurde.
Ein wenig mehr praktische Relevanz hat dementgegen der am 2. Dezember von Karl Lauterbach vorgestellte „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen.“ (~ PDF öffnen | 77 Seiten) Dies vor allem deshalb, weil zu den geplanten Maßnahmen gehört, die Belange von Menschen mit Behinderungen im Sicherstellungsauftrag der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung expliziter unterzubringen und insbesondere die Arbeit von SPZ und MZEB zu erleichtern. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass das BMG derzeit auch versucht, zeitnah noch einen ergänzenden Ermächtigungstatbestand in die Ärzte-Zulassungsverordnung einzubringen, der es körperlich oder kognitiv beeinträchtigten Patienten erleichtern soll, Zugang zu psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung zu finden. Formal handelt es sich um die Ergänzung von § 31 Ärzte-ZV, die das BMG, da die Zulassungsverordnung eine untergesetzliche Norm darstellt, ohne Beteiligung des Bundestages vornehmen kann. (~ LinkedIN-Post des BMVZ v. 13. Dezember)
Dass diese Änderung noch in Kraft tritt, kann als ziemlich wahrscheinlich gelten, da das BMG angibt, dass die nötige Zustimmung des Bundesrats bereits erteilt wurde. Wer von Ihnen also im Kontext von MZEB, SPZ oder Suchtberatungsstellen mit Psych-Versorgung zu tun hat, sollte sich den kurzen Regelungsentwurf auf jeden Fall einmal im Original ansehen: BMG v. 5. Dezember: Verordnung zur Änderung der Ärzte-ZV.
Inhaltlich kommentierte der BMVZ-Vorsitzende Dr. Peter Velling dazu: „Für besonders vulnerable Gruppen den Zugang zu passgenauer psychologischer und psychiatrischer Betreuung zu erleichtern, ist ohne Frage sinnvoll. Auf formaler Ebene stellt sich uns aber vor allem die Frage, wieso das BMG diese ZV-Änderung per Rechtsverordnung priorisiert, während die Gesamtmodernisierung der Ärzte-ZV seit nunmehr zwei Jahren praktisch fertig in einer normativen Zwischenwelt verharrt? Die Entscheidung des BMG, dieses selbst angestoßene Normsetzungsprojekt, für das es laut Begründungstext schon im Herbst 2022 keine Alternative gab, nicht zu Ende zu bringen, ist schlicht nicht zu verstehen.“ Der BMVZ habe wiederholt kritisiert, dass dieses Projekt überhaupt so lange nicht weiterbearbeitet wurde. Mit der aktuell angestrebten Mini-ZV-Änderung wird das Vorgehen des BMG allerdings noch unverständlicher.
Vor diesem Hintergrund hat der BMVZ das Bundesgesundheitsministerium noch einmal aufgefordert, die Novellierung der (zahn)ärztlichen Zulassungsverordnung zu einem konstruktiven Ende zu bringen. Denn: „Wir, d.h. Politik, Vertragsärzteschaft und Gesellschaft, brauchen die enthaltenen Modernisierungs- und Entbürokratisierungsansätze sowie die mit dem Entwurf ebenfalls angestrebte Strukturtransparenz als Basis aller weiteren Reformbemühungen.“ (s.a. BMVZ-Mitteilung v. 4. November). Leider bestehen realistischerweise kaum noch Umsetzungschancen für dieses Projekt.