Wie die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zu ihrem Namen kamen

Erinnerung von Franz Knieps, 2003 – 2009
Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium:

In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die im Sommer 2003 das GMG erarbeitete, kam es zu grotesken ideologischen Scharmützeln, als es um die Zulassung integrierter Versorgungseinrichtungen mit angestellten Ärzten ging. Dabei spielte Professor Wolfgang Böhmer (CDU), damaliger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und zu DDR-Zeiten Gynäkologe sowie langjähriger Chefarzt in einem Krankenhaus in Lutherstadt Wittenberg, eine segensreiche Rolle.

Als eine CDU-Abgeordnete sich zu der Behauptung verstieg, nur ein frei niedergelassener Arzt könne ein guter, weil in seiner Entscheidung freier Arzt sein, fragte Wolfgang Böhmer sie sinngemäß: «Verehrte Frau Kollegin, wollen Sie damit etwa sagen, dass die 30 Jahre, in denen ich als angestellter Arzt gearbeitet und über 10000 Kinder zur Welt gebracht habe, verpfuscht waren?» Damit war die Sache erledigt. Dieselbe Abgeordnete wehrte sich auch vehement gegen die Bezeichnung «Gesundheitszentrum» für integrierte Einrichtungen in der ambulanten Versorgung. Das seien die ehemaligen Polikliniken der DDR, die Regine Hildebrandt in Brandenburg am Leben erhalten habe, und dieses Modell lehne sie ab.

Daraufhin ging Wolfgang Böhmer zu den Beamten des BMG und meinte, sie seien doch intelligente Menschen, da werde ihnen bestimmt eine andere Bezeichnung einfallen. Die Fachleute des BMG verständigten sich daraufhin mit Fraktionsmitarbeitern der Union nach dem Vorbild der «medical centres» in den USA auf den Namen Medizinische Versorgungszentren (MVZ).

Zitat aus: Franz Knieps, Hartmut Reiners (Bern – 2015 | Seite 262)
„Gesundheitsreformen in Deutschland. Geschichte – Intentionen – Konfliktlinien“

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