eRezept I | Startzeitpunkt kolportiert – aber nichts beschlossen
Eine gute partnerschaftliche Kommunikation – so viel darf man sagen – war schon bisher nicht die große Stärke der gematik. Dass sich das nicht wirklich geändert hat, zeigt die aktuelle Debatte um den Termin für die Verpflichtung von Ärzten und Apotheken zur eRezept-Nutzung. Ursache dürfte einmal mehr der Umstand sein, dass die gematik als Zwangsgemeinschaft von BMG und sechs Akteuren der Leistungserbringerseite sowie PKV- und GKV-Verband (~ Übersicht über die gematik-Gesellschafter) von der ganzen Anlage her politisch explosiv gestaltet wurde. Zusätzlich nicht hilfreich ist, dass das BMG dank eines Gesetzes des Hauses Spahn aus dem Jahr 2019 als Mehrheitsgesellschafter Entscheidungen notfalls auch im Alleingang forcieren kann. Genau das scheint auch am 10. Mai 2022 versucht worden zu sein, wobei verschiedene Angaben darüber kursieren, was konkret auf der Gesellschafterversammlung passiert ist. Die gematik erklärte auf Nachfrage lediglich: „Bei der nicht-öffentlichen Sitzung der gestrigen Gesellschafterversammlung sind keine Beschlüsse getroffen worden, die von breiterem öffentlichem Interesse sind. Natürlich informieren wir Sie aber sehr gerne, sollten auf zukünftigen Versammlungen solche Beschlüsse gefasst werden.“ (~ Quelle) Im Ergebnis wurde in den Zeitungen folgender Fahrplan für das eRezept veröffentlicht: Ab September 2022 Pflicht für Schleswig-Holstein und Bayern | Ab Dezember 2022 Ausweitung auf sechs weitere Bundesländer | Ab Februar 2023 alle restlichen Bundesländer – der jedoch, das steht fest, wurde am 10. Mai nicht beschlossen. Aktuell ist es also für Apotheken und Ärzte ‘nur’ eine Meldung ohne jede Verbindlichkeit. Es heißt, dass die Gesellschafterversammlung entweder am 30. Mai oder am 15. Juni einen Fahrplan beschließen wird – tatsächlich scheint dies wahrscheinlich. Ob dabei allerdings, das oben beschriebene Stufenmodell kommt und ob es Verschiebungen beim Startzeitpunkt geben wird, ist noch offen. Es wäre denkbar, dass der aktuelle Vorstoß von gematik und BMG letztlich kalkuliert einfach dazu diente, soviel Druck in der Gesellschafterversammlung zu erzeugen, dass man noch vor dem Sommer eine Einigung auf einen gemeinsam getragenen Zeitplan erreicht, bei der alle mit dem Gefühl zustimmen können, Schlimmeres verhindert zu haben. Im Übrigen sollten sich alle Praxen und MVZ klarmachen, dass es bei der eRezept-Pflicht mindestens derzeit nicht darum geht, alle Rezepte papierlos von Praxis zu Apotheke zu übertragen. Dazu fehlt es vor allem patientenseitig an der nötigen technischen Infrastruktur, da es spezielle eGKs mit der PIN und spezielle Smartphones sein müssen. Im Fokus steht folglich aktuell die Ablösung des rosa Musters und der Übergang zu den über die TI erzeugten Tokenausdrucken – auch wenn das niemand so offen kommuniziert. Ein tatsächlich rein elektronisch übermitteltes Rezept haben bisher 224 Arztpraxen ausgestellt (~ Ärzteblatt v. 12.05.2022).
Handelsblatt v. 10.05.2022
E-Rezept im Gesundheitswesen verzögert sich weiter
Apotheke Adhoc v. 12. 05.2022
Kritik an BMG und gematik: E-Rezept-Einführung ist „politische Erpressung“
Lauterbach und Leyck Dieken: Zwei Modellregionen, eine Stimme
Ambulantes Operieren | Gespräche über den AOP-Katalog, aber keine schnellen Veränderungen
Vor gut anderthalb Monaten ist das mit Spannung erwartete Gutachten zur Erweiterung des Katalogs ambulanter OP-Leistungen veröffentlicht worden (~ Nachrichten der KW16). Im Kern geht es um das politisch unumstrittene und im MDK-Reformgesetz von 2019 niedergelegte Ziel (~ mehr zum Gesetz und seinen Inhalten), deutlich mehr Leistungen künftig grundsätzlich ambulant statt stationär zu erbringen. Mit dem Gutachten wurden nun knapp 2,5 Tausend OP-Leistungen identifiziert, die zusätzlich in den bestehenden AOP-Katalog aufgenommen werden könnten. Ob das auch geschieht, darüber dürfen/müssen KBV, GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) jetzt streiten – und das tun sie mit hohem Polemikfaktor. Es geht halt implizit auch um viel Geld und für viele Kliniken um die Frage der Standortsicherung. Was wirklich drin steht im Gutachten hat die KMA sehr übersichtlich herausgearbeitet – Der neue AOP-Katalog – Key Facts und Auswirkungen – was dagegen alles in der Diskussion mitschwingt, kommentiert der DocCheck-Blog: Ambulantisierung: Endlich Aufbruchstimmung? So oder so: Klar muss sein, dass es mit einiger Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr beim ambulanten Operieren keine Veränderungen geben wird – mit so schnellen konkreten Verhandlungsergebnissen ist eher nicht zu rechnen. Dass die KBV aktuell vermeldet, dass ‘Gassen den Ausbau des ambulanten Operieren beschleunigen wolle’, darf in dem Kontext als reines politisches Manöver gewertet werden, die Ausgangsituation für die eigenen Argumente zu verbessern. Im Grunde sind sämtliche Details zur konkreten Umsetzung noch offen, sprich Vergütungsregelungen sowie Aspekte der Qualifikation der Ärzte, des räumlichen Settings und Festlegungen, welche Patienten für die ambulante Durchführung der Eingriffe geeignet sind. Dass hierbei das Eskalationspotential zwischen Kassen (Geld sparen), DKG (ambulant am Krankenhaus) und KBV (ambulant statt Krankenhaus) hoch ist, liegt auf der Hand. Ob hier das Bestreben der aktuellen Regierungskoalition, endlich sogenannte Hybrid-DRGs regelhaft einzuführen, als Beschleuniger oder Bremse wirkt, wird die Zukunft zeigen.
KBV-Mitteilung v. 12.05.2022
Gassen will Ausbau des ambulanten Operierens beschleunigen – Beratungen mit Kassen und DKG laufen bereits
Bibliomedmanager v. 02. 05.2022
AOP-Katalog: Hoffnungsträger für die Ambulantisierung
TI-Konnektoren | KBV bestätigt Austauschnotwendigkeit für alle
Vielfach war nach den Meldungen von Anfang März 2022, dass alle TI-Konnektoren in den Praxen und MVZ ausgetauscht werden müssen, spekuliert worden, ob es nicht doch andere Lösungen gäbe (~ Konnektoren: Lässt sich die große Tausch-Aktion doch noch abwenden?). In einer ausführlichen Erklärung hat jetzt der für die TI zuständige KBV-Vorstand Thomas Kriedel per Video Stellung bezogen und abschließend erklärt, dass es keine realistische Alternative zum Austausch gäbe. Ursache sind – wie bereits dargestellt (~ KW15: Austausch keine Wahloption) – die Zertifikatsspeicher, die aufgrund von Vorgaben des BSI aus Sicherheitsgründen fest verbaut sind und nach fünf Jahren ablaufen. Dieses Jahr betrifft der Tausch 15.000 von 130.000 Konnektoren – nämlich all jene Praxen, die 2017 bei der Anbindung vorweg waren. Es geht dabei ausnahmslos um Konnektoren der Compugroup (KoCoBox), da die anderen Hersteller erst später über die nötigen Zertifkate verfügt hatten und damit 2017 noch nicht am Start waren. Kriedel erklärt u.a., dass auch eine Zertifikatsverlängerung diskutiert worden sei, dass diese aber nur bis maximal Ende 2024 möglich gewesen wäre – zu kurz, um die Zeit bis zum Start der TI 2.0, bei der die Konnektoren durch eine Software ersetzt werden sollen, zu überbrücken. Der Austausch wäre damit nur verschoben worden. Im Übrigen betrifft die Problematik nicht nur die Praxen und MVZ, sondern auch alle anderen Branchen, die an die Ti angebunden sind: Brauchen wirklich alle Apotheken neue Konnektoren? (DAZ v. 25.04.2022).
KBV-Mitteilung v. 05.05.2022
Kriedel zum Konnektoraustausch: “Es gibt keine realistische Alternative” – Software soll langfristig Hardware ersetzen
Heise.de v. 03. 05.2022
Kassenärztliche Vereinigung: Austausch von Konnektoren in Praxen alternativlos
MVZ als Politikum I | Hausärzte verabschieden Forderungen an den Gesetzgeber
In KW15 hatten wir erstmals über die Initiative der KV Bayerns berichtet, mittels einer Versorgungsanalyse speziell zu MVZ mit Investorenbeteiligung der politischen MVZ-Debatte neuen Schub zu verleihen. Obwohl das Gutachten methodisch ausgesprochen fragwürdig ist (~ Stellungnahme und methodische Kritik zur Versorgungsanalyse der KV-Bayerns zu MVZ) muss festgestellt werden, dass das (wahrscheinliche) Primärziel der bayerischen KV erreicht worden ist: Das MVZ-Thema steht wieder in der gesundheitspolitischen Öffentlichkeit. Sehr schnell haben diverse Verbände, andere KVen und einzelne Politiker mit eigenen Forderungen aufgesattelt – so auch der Hausärzteverband, der am 6./7. Mai 2022 seine Frühjahrstagung abgehalten hat. ‘Aus Sicht von Investoren seien MVZ erfolgreiche Geschäftsmodelle, in denen mittels Ringüberweisungen und gewinnoptimierten Behandlungspfaden möglichst viel Geld aus den Patienten herausgeholt würde. Im Gegensatz dazu stünden Hausärztinnen und Hausärzte dafür ein, dass Patienten das bekommen, was sie brauchen‘ – ist beispielsweise die Sicht des stellv. Verbandsvorsitzenden Dr. Markus Beier. Und natürlich wurden auch die gut 10 % Mehr-Umsatz zitiert, die das bayerische MVZ-Gutachten im Schnitt für investorengetragene MVZ vermeldet hat (bzgl. der Fragwürdigkeit dieses Durchschnittswertes: siehe die oben verlinkte Methodenkritik). Da die ÄrzteZeitung hier allerdings richtigerweise festgestellt hat, die Fachrichtung macht‘s – nicht der Träger, muss die Frage gestellt werden, weshalb gerade die Hausärzte nicht darauf eingehen, dass die KV-Bayern-Analyse für die Allgemeinmedizin eben auch angibt, dass von MVZ mit Investorenbeteiligung in der patientenbezogenen 2-Jahresbetrachtung 7 % weniger Leistungen abgerechnet wurden, als von hausärztlichen Einzelpraxen. Die Versammlung aus 140 Hausärzten hat jedenfalls 10 Forderungen an den Gesetzgeber gerichtet – darunter, dass niederlassungswilliger Ärzte gegenüber MVZ im Praxisnachbesetzungsverfahren vorrangig behandelt werden, dass die Zahl der Angestellten auch für die MVZ begrenzt wird und dass Vertragsärzte immer über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile der MVZ-Trägergesellschaft verfügen müssen. Außerdem wüschen die Hausärzte sich die Streichung der Möglichkeit des Zulassungsverzichts zu Gunsten eines MVZ, und die Schaffung der Vorgabe, wonach der Abschluss von Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträgen von MVZ mit natürlichen oder juristischen Personen unzulässig ist.
Der Hausarzt v. 09.05.2022
Hausärzte fordern Schranken für Investoren-MVZ
Medscape v. 11. 05.2022
Kommerz stoppen: Hausärzte-Tagung verabschiedet 10-Punkte-Plan gegen Investoren-MVZ und zieht bittere Bilanz über Corona-Blindflug
Einrichtungsbezogene Impfpflicht| Update zur Umsetzung
Zwischen 4 und 6 Prozent aller beruflich zur Corona-Impfung Verpflichteten melden die Bundesländer – jedenfalls die, die etwas melden – würden die Auflagen nicht erfüllen. Damit bewegt sich die Zahl derjenigen Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegewesen, denen deswegen Sanktionen drohen, im erwarteten Bereich. Wie vermutet, wurden solche Sanktionen jedoch noch kaum verhängt. Hier einige Zahlen: Sachsen (Meldung vom 13. Mai) | B-Württemberg (Meldung v. 6. Mai) | 20 größten Städte Deutschlands (Meldung v. 28. April) | NRW (Meldung v. 26. April) | Niedersachsen (Meldung v. 6. Mai) | Das Land Bayern hat zudem angekündigt, als maximales Bußgeld anstelle der möglichen 2.500 € maximal 300 € zu verhängen (~ Süddeutsche Zeitung v. 11.05.2022). Zuletzt ist jedoch auch ein weiteres Thema in den Fokus gerückt – nämlich, dass die sektorale Impfpflicht eine Befristung bis zum Jahresende enthält, da das Gesetz vom Dezember 2021 von vornherein mit einem automatischen Ablaufdatum versehen wurde. Im Rahmen der parlamentarischen Anhörung zum Pflegebonusgesetz war in dem Kontext die Frage aufgeworfen worden, ob wegen der schleppend verlaufenden Umsetzung dann erst im Herbst verhängte Betretungsverbote überhaupt noch verhältnismäßig seien, wenn ab Januar 2023 die Impfpflicht wieder wegfällt. Der Deutsche Städtetag meldete hierzu ernsthafte juristische Bedenken an. Grundsätzlich ist die Fraktion der Mahner, die dafür eintreten, die Impfpflicht auch im Gesundheitswesen aufzuheben, inzwischen nicht mehr klein. Hierzu gehören etwa die DKG und diverse Klinikträger und –verbünde, aber auch der bayrische Gesundheitsminister. Selbst der Sprecher für Gesundheit der FDP im Bundestag, Ullmann, spricht sich bei einer allgemein hohen Impfquote für die Aussetzung aus (~ Redaktionsnetzwerk Deutschland v. 28.04.2022). Allerdings erklärte Minister Lauterbach am 2. Mai 2022: ‚Die einrichtungsbezogene Impfpflicht stehe nicht zur Disposition. Die Regelungen würden gut angenommen und geräuschloser umgesetzt als von manchen vermutet.‘ (~ Quelle) Damit bleibt das Thema aus Sicht der Praxen, Kliniken und MVZ weiter einfach nur unberechenbar – insbesondere ist unklar, wie die regionalen Gesundheitsämter im Einzelfall mit den Sanktionsmöglichkeiten umgehen werden. Einen lauten Knall oder auch eine geräuscharme ‚Luftnummer‘ wird es dazu im Übrigen am Donnerstag (19. Mai) geben: Für den Tag hat das Bundesverfassungsgericht seine endgültige Entscheidung zur Corona-Impfpflicht für das Pflege- und Gesundheitspersonal angekündigt. Im Eilverfahren vom März, das jedoch gerade nicht die rechtlichen Abwägungen der Hauptsache vorwegnimmt, war die beantragte Außerkraftsetzung der Vorschrift abgelehnt worden.——————– UPDATE v. 19.05.2022: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die einrichtungsbezogene Impfpflicht für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt (~ Verfassungsbeschwerde gescheitert Bundesverfassungsgericht billigt Pflege-Impfpflicht.
ÄrzteZeitung v. 28.04.2022
Impfpflicht im Gesundheitswesen: Betretungsverbote könnten juristisch heikel werden
Telepolis v. 11.05.2022
Sektorale Impfpflicht: Druck auf Berufsgruppe “nicht mehr vermittelbar”
ZDF Heute v. 28.04.2022
Gesundheitswesen : Impfpflicht: Tausende Verstöße – keine Folgen
MVZ als Politikum II | BMG plant derzeit keine Arbeitsgruppe
Trotz der weiter oben geschilderten Aktivitäten, mit denen seit einigen Wochen wieder von vielen Seiten nach normativen Beschränkungen für MVZ gerufen wird, bleibt die Bundespolitik zu diesem Thema auffällig gelassen. Insbesondere sticht ins Auge, dass sich zu der von der KV Bayern vorgelegten Versorgungsanalyse weder die Kassenärztliche Bundesvereinigung noch einzelne Bundespolitiker oder gar das Bundesgesundheitsministerium zu Wort gemeldet haben. Dementgegen gibt es aus der Landespolitik Reaktionen: 1) NRW – Gesundheitsminister Laumann sagt, dass er “MVZ in kommerzieller Hand … ablehnend gegenüber[stehe]“ und es dürfe seiner Meinung nach jedenfalls nicht dazu kommen, dass der Ratschlag eines Arztes an seine Patienten von wirtschaftlichen Interessen anderer abhängt.” (~ ÄrzteZeitung v. 13.05.2022) | 2) Bayerns Gesundheitsminister Holetschek verweist in einer Pressemitteilung seines Ministeriums vom 13.05.2022, auf die Dringlichkeit, Regulierungen bei den investorengetragenen medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auf den Weg zu bringen: „Die Zahl solcher MVZ steigt stetig an. Die Folgen für die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung müssen wir genau beobachten und kritisch begleiten. … Die Gesundheitsministerkonferenz hat dem Bund bereits im November 2021 Regulierungsvorschläge übermittelt und die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe gefordert – passiert ist bisher aber leider nichts.” (~ Meldung des STMGP Bayern). Und genau diese von den Ländern gefordert AG war am 11. Mai auch Thema im Bundestag. Für die offene Fragestunde hatte der CSU-Abgeordnete Pilsinger die Frage eingereicht, wie weit im BMG der Bearbeitungsstand bezüglich der Einrichtung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu MVZ sei und wie der Vorbereitungsstand bei den geforderten normativen Beschränkungen sei. Für das BMG führte Staatsekretär Franke nach einer kurzen Erläuterung des Sachstandes aus, dass “die kurzfristige Einberufung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für MVZ ist … aktuell nicht geplant [sei].” Eine Formulierung, die natürlich viele Interpretationsmöglichkeiten offen lässt zu überlegen, was in dem Kontext mittel- und langfristig passieren könnte.
ÄrzteZeitung v. 14.05.2022
Regierung plant keine Arbeitsgruppe zu Investoren-MVZ
Parlamentsdokumentation des Bundestages v. 11. 05.2022
Fragestunde am 11. Mai – Videostream | Wortprotokoll (im PDF Seite 104 – Frage 54)
Datenschutz | Berichte zu Buß- & Strafgeldern für Ärzte
Die Einhaltung der Vorgaben von DSGVO und BDSG gehören ganz sicher zu den Aspekten, die theoretisch jeder wichtig findet – die im Praxisalltag aber häufig entweder der Praktikabilität, dem schnellen Finger oder auch bloßer Unwissenheit zum Opfer fallen. Dass entsprechende Verstöße, die wie eine Bagatelle wirken, aber auch für Ärzte nicht nur abstrakte Verwarnungen, sondern auch ganz handfeste Kosten in Form von Bußgeldern oder anderen Strafzahlungen nach sich ziehen (können), zeigen zwei aktuell bekannt gewordene Verfahren. Im ersten Fall, der im Januar 2022 vor dem Amtsgericht Pforzheim verhandelt worden ist, hatte eine Logopädin die Daten des Vaters einer minderjährigen Patientin an ein Abrechnungszentrum weitergegeben, ohne dass eine entsprechende Mitteilung dem Elternteil gegenüber stattgefunden hatte. Dies war hier besonders pikant, da begleitendes Elternteil die vom Vater geschiedene Mutter war, die die Angaben zum Vater auch gemacht hatte. Das Amtsgericht sah hier einen doppelten Datenschutzverstoß: 1) in der Weitergabe der Daten des Klägers ohne dessen Einwilligung an das Abrechnungszentrum sowie 2) gegen die Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 1 DS-GVO, da die Logopädin die personenbezogenen Daten des Vaters über die Mutter der Patientin erhoben hatte, worüber sie diesen hätte informieren müssen. Insgesamt wurde hier ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro gegen die Logopädin festgesetzt. Der zweite Fall, der dem aktuellen Bericht der Brandenburger Datenschutzbeauftragten entnommen ist, ging es um eine Psychotherapeutin, die – um den Praxisumzug bekannt zu machen – eine offene Whats-App-Gruppe mit über 200 Empfängern eingerichtet hatte – darunter auch Patienten, bzw. Eltern von Patienten. Der Verstoß liegt hier auf der Hand, da allein der Umstand, Empfänger dieser Nachricht zu sein, Rückschlüsse auf etwaige Behandlungen bei der Therapeutin zulässt. Auch hier war das Strafgeld – verhängt von der Datenschutzbehörde – vierstellig.
AAA – ArztAbrechnungAktuell v. 04.05.2022
1.500 Euro Schmerzensgeld wegen Datenweitergabe an Abrechnungszentrum
änd – Ärztlicher Nachrichtendienst v. 10. 05.2022
WhatsApp-Nutzung ohne Einwilligung: Bußgeld gegen Ärztin
Digitalisierung | Bundesgesundheitsminister Lauterbach lässt im Interview tief blicken
Zeitlich parallel zur Veröffentlichung seiner Gesetzgebungspläne in einer Pressekonferenz hat Karl Lauterbach dem Ärzteblatt ein sehr ausführliches Interview gegeben, mit dem im Großen und Ganzen die ganze Themenpalette des Koalitionsvertrages einmal gestreift wird. Der Wert des Interviews geht aber darüber hinaus, da die Gesprächssituation mit der Möglichkeit zur Nachfrage, mehr Informationstiefe und Rückschlüsse zumindest auf die persönlichen Einstellungen des Ministers erlaubt. Im Mittelpunkt stehen allerdings vor allem Themen der Krankenhausplanung und -finanzierung. Erst im letzten Drittel des Gesprächs wird es auch aus vertragsärztlicher Sicht spannend. So fragt der Redakteur, ob auch die ambulanten Ärzte – ähnlich wie die Kliniken durch das Krankenhauszukunftsgesetz – Geld für die Digitalisierungsprojekte bekommen. Lauterbach antwortet ausweichend, dass diese ja Geld für die Digitalisierung ihrer Praxen über die zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelt Erstattungsbeträge erhielten. Viel wichtiger findet er auch, “dass die digitalisierte Ausstattung für den Arzt einen Wert hat. (…) Daran muss gearbeitet werden. Ich glaube, dass die Perspektive, was bringen die Digitalisierungsinitiativen der Ärzteschaft und was den Patienten, bisher noch zu wenig beachtet wurde.” Frei übersetzt, dürfte das so viel heißen wie: ‘Nein, es wird keine zusätzliche Finanzierung für den Vertragsarztbereich geben. Und das BMG ist nicht zuständig, falls hier etwas schief laufen sollte.’ …. Auch gut zu wissen, so aus Sicht der Praxen und MVZ, die maximal 6 Kartenlesegeräte finanziert bekommen, während gleichzeitig aufgrund der Prozesse rund um die eAnwendungen, bei denen auch der Patient seine Karte einstecken muss, empfohlen wird, an jedem Arbeitsplatz von MFA und Arzt ein solches vorzuhalten …
Ärzteblatt v. 06.05.2022
Minister skeptisch bei neuer GOÄ (PDF | 4 Seiten)
eRezept II | Überlegungen zur eGK als Rezeptträger
Eine der weniger thematisierten Problemstellen des eRezept-Rollouts ist die Patientenseite. Denn ganz unabhängig von der Technik der ausstellenden Arztpraxis sowie der einlösenden Apotheke, benötigt der Versicherte, um in der eRezept-App die Rezeptbestellung auszulösen, eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) der neusten Generation, die die sogenannte NFC-Technologie ermöglicht; parallel aber auch ein Smartphone, das diese Technologie ebenfalls unterstützt. Als Kurzformel kann gelten: Alle eGKs, die seit Ende 2020 neu ausgegeben wurden, können die Nahbereichkommunikation (NFC = Near-Field-Communication) theoretisch leisten. Allerdings ist deren Ausgabe seit einiger Zeit ins Stocken gekommen. Ein wesentlicher Grund: der weltweite Chipmangel, sprich eine Folge der Rohstoffengpässe und Lieferausfälle der letzten Monate (~ Handelsblatt v. 14. April: Chipmangel | Elektronische Gesundheitskarte: Digitale Identitäten verzögern sich voraussichtlich). Vor diesem Hintergrund lässt das BMG seit Dezember 2021 prüfen, ob nicht auch die herkömmliche eGK als Transportmedium für eAnwendungen herhalten kann. Technisch ist das wohl problemlos möglich – allerdings setzt das Ein- und Auslesen der Daten in diesem Fall immer den physischen Kontakt der Karte mit einem Lesegerät voraus. D.h. eine Übertragung des Rezeptes an eine Versandapotheke ist so nicht möglich. Daher verwundert es wenig, wenn – wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet – die Onlineapotheken versuchen, diesen dritten Weg der Rezeptübermittlung zu verhindern. Denn klar ist, wenn die einfache eGK ausreicht, um in der Praxis das Rezept digital zu erhalten und dann in der Vorort-Apotheke einzulösen, sinkt der Druck auf Kassen und Patienten, sich überhaupt mit der NFC-Technik und der eRezept-App befassen zu müssen. ‘Vorteil Vor-Ort-Apotheke’ könnte man sagen. Andererseits ist dieser dritte Weg ein sinnvoller pragmatischer Kompromiss, ohne den die eRezept-Einführung wahrscheinlich am Patienten scheitern wird. Bzw. dieser wird noch lange statt des Musters 16 einfach den neuen Tokenausdruck in die Apotheke tragen – was ausdrücklich nicht das Ziel sein soll. Nun also juristisches Geplänkel als Stellvertreterdebatte in diesem Streit um Marktanteile zwischen Versand- und Vor-Ort-Apotheken: “Die Argumentation der Versender scheint im Ministerium allerdings auf kein Verständnis zu stoßen. Denn: »Das BMG teilt diese Bedenken nicht«, so der Ministeriumssprecher. Trotzdem sei nun geplant, ein Rechtsgutachten in dieser Sache in Auftrag zu geben. Auf die PZ-Nachfrage, warum dieses Gutachten nötig sei, wenn man die Versender-Bedenken nicht teile, wollte das Ministerium nicht antworten.”
Pharmazeutische Zeitung v. 09.05.2022
Juristische Bedenken: Versender blockieren EGK-Lösung für das E-Rezept
Deutsche ApothekerZeitung v. 03. 02.2022
E-Rezept-Abruf mit der Versichertenkarte – wie ist der Stand?