WORUM ES GEHT
Auf den Punkt gebrachte Analysen und Fortschrittsberichte zu Themen, die uns bereits 2024 beschäftigt haben, und fortgesetzt Relevanz für den Praxisbetrieb von BAG und MVZ entfalten.
Auf den Punkt gebrachte Analysen und Fortschrittsberichte zu Themen, die uns bereits 2024 beschäftigt haben, und fortgesetzt Relevanz für den Praxisbetrieb von BAG und MVZ entfalten.
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass Karl Lauterbachs auffällig intensiver Einsatz ‚gegen‘ MVZ zu keinem Zeitpunkt singulär begründet war, sondern in seine grundsätzliche Kampagne, die Medizin zu ‚ent-ökonomisieren‘ eingebettet ist. Gut zwei Wochen vor dem ikonischen MVZ-Tweet gegen „profitorientierte Ketten von Arztpraxen“ (~ Kommentar des BMVZ zur sprachlich und inhaltlich entgleisten Debatte) hat der Minister dies u.a. in dem nachfolgend auszugsweise veröffentlichten Interview in aller Kürze auf den Punkt gebracht.
Das plötzliche Ampel-Aus hat dem Vorhaben jedoch für zwei der drei Bereiche (Apotheke, MVZ, Klinik) einen Riegel vorgeschoben.
Auszüge aus einem Interview mit der ZEIT v. 14. Dezember 2022 | Quelle
Lauterbach selbst strebt daher nach einer weiteren Amtsperiode, um diese Agenda weiterzuverfolgen. Das hat er mehrfach betont. Die Analysten vom gesundheitspolitischen Backgrounddienst des Tagesspiegels schrieben dazu kürzlich: „Kaum eine Chance – er will sie nutzen | Auch in der nächsten Legislaturperiode will Karl Lauterbach das Ministeramt ausfüllen – kaum jemand bei der SPD hält das für realistisch. Es wäre nicht das erste Mal, dass Lauterbach sich gegen diese Widerstände behauptet: Die Chancen stehen diesmal aber deutlich schlechter.“ (~ Quelle) Der Noch-Minister meint dazu in einem aktuellen Schreiben an die eigene Bundestags-Fraktion: „Die vorgezogenen Neuwahlen haben zwar die Weiterführung des umfassenden Reformprozesses zunächst unterbrochen.“ Man verfüge nun aber mit den Plänen über „gute und ausgereifte Regelungsvorschläge, auf deren Grundlage die Modernisierung unseres Gesundheitswesens in der nächsten Legislaturperiode fortgeführt werden kann.“ (~ Quelle)
Das am 11. Januar verabschiedete Wahlprogramm der SPD (~ PDF öffnen) formuliert zum Thema sehr allgemein: „Wir sind für mehr Regionalisierung, bedarfsgerechte Steuerung und ein Versorgungssystem, das nicht auf Gewinnorientierung, sondern auf Gemeinwohl und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.“ Konkret wird dagegen daran festgehalten, die Gründung kommunaler MVZ zu erleichtern. Dementgegen enthält das Wahlprogramm der CDU/CSU (~ PDF öffnen) überhaupt keine konkreten Einlassungen zur ambulanten Versorgung, außer mit Blick darauf, dass man die Versorgung auf Stadt und Land gleichermaßen sicherstellen wolle. Vieldeutig erklärt die CDU im Kapitel Gesundheit: „Wir führen einen Mentalitätswandel in der Gesundheitspolitik herbei: Miteinander und nicht gegeneinander ist das Gebot der Stunde.“ Auch Grüne und FDP erwähnen die MVZ-Thematik in ihren Wahlprogrammen an keiner Stelle.
Klare Aussagen lasssen sich daraus freilich nicht ableiten. Spannend ist es aber allemal, dass ein Thema, dass in den letzten drei Jahren so virulent und dringlich diskutiert worden ist, augenscheinlich mit dem Ampel-Aus an vordergründiger Priorität verloren hat.
Obwohl die ePA also zunächst für die Arztpraxen nicht regulär verfügbar ist, dürften ab 15. Januar sukzessive mehr Patient:innen genau danach fragen, weil sie ihrerseits bereits auf die ePA zugreifen können. Das gilt insbesondere für die drei Testregionen Bayern, Hamburg und NRW – in denen die Kassen, wie beschrieben, nach dem Wohnortprinzip beginnen, für alle Versicherten ab 15. Januar die Akten anzulegen, bzw. freizugeben. D.h. es ergibt sich ein mehrfacher Informationsaufwand, der sich – anders als die Presse derzeit suggeriert – gerade nicht nur daraus speisen wird, dass einzelnen Patienten grundsätzlich dagegen sind und deshalb vielleicht ihren Frust über das Projekt in der Praxis abladen.
Genauso anstrengend könnten für Tresen und Sprechzimmer unmittelbar ab 15. Januar, bzw. fortschreitend in den Folgewochen auch die ‚Willigen‘ werden. Patienten also, die aktiv nach den Nutzungsmöglichkeiten der ePA fragen, entweder, weil sie persönlich ihre Akte über ihre Kassen-APP bereits aufrufen können oder weil sie durch die Informationskampagne von BMG und gematik neugierig gemacht wurden. In beiden Fällen lautet die frustrierende Antwort, dass Ihnen als Praxis einerseits die Hände gebunden sind, dass Ihnen andererseits aber niemand den Informations-Mehraufwand abnehmen wird. Kassen, BMG und gematik sind bisher nicht groß durch die Einsicht aufgefallen, die Praxen dabei zu unterstützen, mit der durch die Kampagnenfokussierung auf die beiden Daten 15. Januar und 15. Februar erzeugte überzogene Erwartungshaltung, umzugehen.
Nebenbei wichtig zu wissen:
Privatpatienten sind von dem ePA-Prozess tendenziell nicht (oder zumindest weniger) berührt. Das gematik-Projekt bezieht sich ausschließlich auf GKV-Patienten. Allerdings handelt hier jede PKV anders. Deren Dachverband informiert: „Private Krankenversicherer dürfen ihren Versicherten die ePA ebenfalls anbieten. Erste Unternehmen tun dies bereits, weitere planen eine zeitnahe Einführung. Die Akte wird nach denselben Spezifikationen wie bei gesetzlich Versicherten gestaltet. Wie gesetzlich Versicherte können auch Privatversicherte der ePA jederzeit widersprechen – sie bleibt also freiwillig.“
Bereits seit einem Jahrzehnt laborieren Deutschland und die EU an einem einheitlichen Rechnungsstandard, der digital und automatisiert verarbeitbar ist. Für Behörden und öffentliche Dienste gab es eine entsprechende Nutzungspflicht seit November 2019. Zum Januar 2025 wird diese nun auch stufenweise in den ‚gewöhnlichen‘ Geschäftsverkehr eingeführt. Zunächst werden alle Unternehmen verpflichtet, eRechnungen empfangen und lesen zu können. Wobei eRechnung gerade nicht das klassische per Mail versandte PDF meint, sondern spezielle Datenformate. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass sich jede Praxis und jedes MVZ zunächst einmal mit den Grundsätzen der eRechnung befasst. Dazu hat der BMVZ einen gesonderten Beitrag mit Hintergrundinformationen und weiterführenden Links als Arbeitshilfe verfasst.
Klarzustellen ist: Mit dem Zwang, eRechnungen empfangen können, geht zunächst nicht auch die Verpflichtung einher, selbige auszustellen. Das wird für Unternehmen mit mindestens 800 Tsd. € Umsatz ab 2027 Pflicht – für alle anderen ein Jahr später. Da aber das Projekt auf vielen Ebenen des Beleg- und Rechnungswesens Vereinfachungen und dadurch bedingte Einsparungen verspricht, ist anzunehmen, dass – beginnend bei den größeren Zulieferern und Unternehmen – immer mehr Firmen im Laufe des Jahres 2025 freiwillig auf das neue eRechnungsformat umstellen. Wie eingangs beschrieben, sind Sie als Geschäftskunde verpflichtet, es verarbeiten zu können. Dazu braucht es technisch gesehen nicht viel mehr als ein Mail-Eingangspostfach sowie ggf. ein Programm, dass die nur maschinenlesbare eRechnung für Menschen verständlich macht.
Obwohl also Praxen und MVZ selber erst einmal keine eRechnungen ausstellen müssen, müssen sie sich bereit halten, elektronische Rechnungen im strukturierten Format digital empfangen und archivieren zu können. Perspektivisch ist davon auszugehen, dass etwa ab Mitte 2025 ein guter Teil der Eingangsrechnungen von Lieferanten und Dienstleistern ausschließlich digital zugestellt wird. Sinnvollerweise sollte sich daher jede Praxis auch konzeptionelle Gedanken machen, wie sich der Workflow rund um die Buchhaltung in dem Kontext sinnvoll anpassen lässt.