Zahnärztliche LANR (LZNR) | Viele Zahnärzte noch nicht bereit – Ausnahmeregelung endet am 30. Mai
Wie am Jahresanfang berichtet (~ LZNR: Lebenslange Zahnarztnummer seit 1. Januar Pflicht) ist es auch für angestellte, ermächtigte und niedergelassene Zahnärzte inzwischen Pflicht, ihre LANR zwecks arztindividueller Zuordnung ihrer Tätigkeit stets in der Dokumentation zu hinterlegen, aber natürlich auch bei eRezepten, Arztbriefen, etc. anzugeben. Anscheinend ist diese Information aber noch nicht bei allen Zahnärzten angekommen, denn nach einem Bericht von Apotheke Adhoc kommt es immer wieder vor, dass in den Apotheken Rezepte mit reiner Dummy-Nummer im LANR-Feld eingereicht werden.
Leidtragende dieser zahnärztlichen Nachlässigkeit sind die Patienten und die Apotheken, die der Retaxgefahr durch die Kassen unterliegen, wenn sie offensichtlich unkorrekt ausgestellte Rezepte dennoch einlösen. Allerdings haben sich GKV-Spitzenverband und Apothekerverbände Anfang Mai darauf geeinigt, für einen Übergangszeitraum diese Verstöße der Zahnärzte noch zu dulden. „Sowohl beim Muster 16 als auch beim E-Rezept akzeptieren die Kassen für einen Übergangszeitraum bis Ende Mai auch den Dummy-Wert 999999991.“ Die Toleranz ist ab Juni jedoch aufgebraucht und alle MVZ, die auch Zahnärzte beschäftigen sollten ihre Mitarbeiter folglich noch einmal für die Thematik sensibilisieren.
Hintergrund | Wer, insbesondere von den humanmedizinischen Kollegen, eventuell ein wenig Hintergrundwissen sucht, was Zahnärzte überhaupt verordnen dürfen, der sei auf den Leitfaden zu Verordnungen in der vertragszahnärztlichen Praxis der KZV BaWü verwiesen. Grundsätzlich gilt: ‚Zahnärzt:innen dürfen, sofern verschreibungspflichtig, Dentalpharmazeutika, Analgetika, Antibiotika, Sedativa, Mund- und Rachentherapeutika verordnen, die innerhalb der Behandlung benötigt werden.‘
Apotheke Adhoc v. 10.05.2023
GKV-Spitzenverband: Ausnahmeregelung für Zahnarztrezepte
KZV Bayerns v. Januar 2023
Abrechnung & Anwendungen
eAU im Härtetest | Mehrtägige Technikpanne und die Folgen – To Do für Praxis und MVZ
Es ist das Hauptargument aller TI-Zweifler: Was passiert, wenn die Datenübermittlung einmal nicht funktioniert? Ende April kam es hier von der Theorie zur Praxis, als ein bereits am 21. April erfolgter IT-Angriff auf den Dienstleister Bitmarck, der für zahlreiche Krankenkassen – darunter die DAK und sehr viele BKKs – tätig ist, dafür sorgte, dass „die von den Arztpraxen an die Krankenkassen gesendeten Daten … von Montagabend (24.4., 22 Uhr) bis Donnerstagmorgen (27.4., 4 Uhr) fast durchgängig als fehlerhaft abgewiesen worden“ seien. Grund war, dass die Systeme präventiv runtergefahren wurden und daher die Verarbeitung der eingehenden eAUs, aber auch der Versand von eArztbriefen über rund 50 Stunden gestört war. Auch beim Zugriff auf die ePA soll es in dem Kontext zu Zugriffsschwierigkeiten gekommen.
Hintergrund | Bitmarck selbst beschreibt sich als „Managed Service Provider im IT-Markt der gesetzlichen Krankenversicherung“ (~ zur Unternehmensbeschreibung) und dürfte vielen grob ein Begriff sein – spätestens seit es hier bereits vor vier Monaten zu einem ‚Sicherheitsvorfall‘ mit relevanten Datenabfluss gekommen war ~ eHealth: 300.000 Versichertenzugänge von Bitmarck-Leak betroffen. Was den aktuellen Angriff betrifft, so sind bis heute nicht alle Folgen behoben. Viele BKKs waren/sind telefonisch oder über ihre Service-Apps nur eingeschränkt erreichbar. In einem Update vom 26. Mai schreibt das Unternehmen, dass „wir … es mit zahlreichen individuellen Kundensituationen zu tun [haben], die wir mit jeder einzelnen Krankenkasse auch individuell behandeln.“ (~ Quelle) Aber, wird erklärt, „auch nach weitreichenden Analysen ist der aktuelle Kenntnisstand, dass keine Daten abgeflossen sind, weder bei BITMARCK noch bei Kunden oder Versicherten. Auch die in der ePA hinterlegten Patienten-Daten waren und sind durch den Angriff zu keiner Zeit gefährdet.“
Soweit so gut (bzw. ein Problem der Kassen).
Doch was ist mit den hunderttausenden an eAU, die in der letzten Aprilwoche nicht übermittelt wurden? Die KBV hatte in ihrem Praxisnewsletter vom 27. April (~ direkt zu) allen Arztpraxen geraten, „zu prüfen, ob sie bei dem Versand von eAU seit Montagabend Fehlermeldungen erhalten haben. Dort, wo dies der Fall ist, sollten sie die AU-Daten so schnell wie möglich erneut an die Krankenkassen senden, damit die Arbeitgeber diese abrufen können.“
Die berechtigte Frage ist jedoch, wie viele Praxen von diesem ganzen Vorgang überhaupt nichts mitbekommen haben oder, ob der zahlreichen Fehlermeldungen, einfach vor dem enormen Mehraufwand kapituliert haben? Eine Handreichung des Arbeitgeberverbandes von Anfang Januar 2023 erklärt, dass, „stellt die Vertragsarztpraxis nachträglich fest, dass die digitale Erstellung oder Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht möglich ist und kann diese nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktags nachgeholt werden, [dann] sendet die Vertragsarztpraxis die Bescheinigung an die zuständige Krankenkasse, die die Daten dem Arbeitgeber zum Abruf bereitstellt.“ (~ FAQ zur eAU des BDA | Frage 16). Heißt Ausdrucken und Brief schicken – doch wer steht für den Mehraufwand gerade, allein, wenn man mal das Porto bedenkt? Immerhin dürften etwa ein bis zwei Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen betroffen gewesen sein, nimmt man das Zwischenfazit des GKV-Spitzenverbandes nach einem Quartal eAU-Pflichtbetrieb zur Grundlage, wonach wöchentlich etwa drei Millionen eAU verschickt werden. (~ Pressemitteilung v. 11. April)
Diese Fragen sind erstaunlich ungeklärt, und für uns überraschend, hat auch die KBV die Thematik nach dem oben zitierten Hinweis vom 27. April nicht erneut aufgegriffen. Wer ist verantwortlich, wenn die Daten den Arbeitgeber, trotzdem die Praxen alles richtig gemacht haben, nicht erreichen? Und wann ist die Praxis tatsächlich in der Pflicht, die AU auf eigene Kosten per Post an die Kasse zu senden? Die KV Nordrhein erklärt dazu (~ Quelle): „Der Praxisverantwortliche haftet im Rahmen der Prozesse innerhalb seiner Praxis. Für Fehler außerhalb seiner Praxis – also die nachgelagerten Prozesse in der TI – ist die Praxis nicht verantwortlich.“ – eine Aussage, die im aktuellen Fall so gar nicht weiterhilft. Hier sind u.E. die KBV und KVen gefragt, eine Klärung herbeizuführen.
Eine Lösung haben wir daher auch nicht, verweisen aber auf unsere Erläuterungen und Aussagen in der BMVZ.Arbeitshilfe eAU | Ausbaustufe 2: Das unterschätzte Problem. Um wenigsten den Patienten als betroffenen Arbeitnehmer abzusichern: „… gibt es als praxistaugliche Empfehlung wirklich nur einen Rat: Geben Sie allen Patienten automatisch das vom PVS generierte Stylesheet mit. (…) Selbstredend steht dieser Rat in jedem nur erdenklichen Widerspruch zur Absicht der bürokratischen Entlastung, aber auch zum ressourcensparenden Aspekt digitaler Prozesse. (…) Zu bedenken ist dabei: Dem Stylesheet kommt bei Auseinandersetzungen zum Beispiel um strittige Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, wenn etwa die Technik fehlerhaft gearbeitet hat, auch Beweiskraft zu. Patienten sollten daher auf Ihr Eigeninteresse hingewiesen werden, das Stylesheet mitzunehmen und gut aufzubewahren.“ Beachten Sie ergänzend unsere Ausführung in der Ausgabe der KW11: eAU – Unternehmerverbände und Gesundheitswesen beklagen Umsetzungsprobleme & Hat der Patient Anspruch auf die Arztunterschrift auf dem Stylesheet? (Spoiler: Die KVSH sagt klar: Ja). Bei der Aufklärung helfend zum Einsatz kommen, kann eventuell auch das von der KBV zur Verfügung gestellte Patienteninformation: Der „Gelbe Schein“ wird digital (PDF).
Heise.de v. 15.05.2023
Nach Cyberangriff: Millionen Versicherte können Krankenkassen-Apps nicht nutzen
Ärzteblatt v. 26.04. bzw. 09.05.2023
Hackerangriff: Auswirkungen auf Kassen, Arztbriefe und AU-Bescheinigungen
Cyberangriff auf Bitmarck hat weiterhin Folgen für Kassen und Versicherte
Entbudgetierung der Kinderärzte | UPD-Gesetz seit 16. Mai endlich in Kraft
+++ UPDATE: Die im Beitrag als fehlend beklagten Ausführungsbestimmungen des Bewertungsauschuss wurden am 1. Juni als EBM-Änderungen veröffentlicht. ~ zur Beschlussübersicht des InBa +++
Nachdem bereits am 31. März der letzte parlamentarische Schritt im Gesetzgebungsverfahren erfolgt war, hat mit außergewöhnlichen sieben Wochen Verspätung endlich auch der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnet, das somit am 15. Mai veröffentlicht (~ Volltext im Bundesanzeiger öffnen) und in der Folge am 16. Mai in Kraft treten konnte. Das ist deshalb relevant, weil in besagtem UPD-Gesetz als Huckepack-Regelung auch die neuen Vorschriften zur Entbudgetierung der Pädiater und KJ-Psychiater untergebracht sind. Für die lange Zeitspanne zwischen Beschluss und Veröffentlichung gibt es keine (amtliche) Erklärung: „Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums [Anfang April], dass die Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt ‘für April 2023 vorgesehen’ sei.“ (~ Quelle) … Okayyyy, es hat dann wohl doch noch ein paar Woche länger gedauert …
Es bleibt aber dabei, dass die Entbudgetierungsvorgaben bereits ab 1. April, also mit Beginn des zweiten Quartals gelten sollen. Entsprechende Zeitvorgaben wurden direkt in § 87a SGB V verankert. Interessanterweise fand aber weder die lange Zeitspanne noch dann das Inkrafttreten einen Wiederhall in der KV-Welt. Selbst beim Verband der Kinder- und Jugendärzte findet sich die letzte Meldung zur Thematik am 15. März (~ BVKJ begrüßt Entbudgetierung) – als ob das Thema seit dem in Vergessenheit geraten wäre. Inhaltlich geht es – wie der AOK-Gesetzgebugskalender gut zusammenfasst – um Folgendes: „Mit weiteren Änderungsanträgen setzt die Ampel fachfremde Inhalte um. Dazu gehört vor allem die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Entbudgetierung der Kinder- und Jugendmedizin. Im Unterschied zu einem ersten, zwischenzeitlich zurückgezogenen Änderungsantrag bezieht die aktuelle Fassung neben der Kinderheilkunde auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie in die Entbudgetierung ein. Zudem werden nicht nur die allgemeinen, sondern auch die speziellen Leistungen der Kinder- und Jugendmedizin entbudgetiert.“ (~ Quelle) Unverändert ist auch die Vorgabe im Gesetz, dass der Bewertungsausschuss (~ direkt zu) hierzu bis 31. Mai 2023 die notwendigen Vorgaben vorzulegen hat. … Das sind ja noch ein paar Tage!?
Ein Schnellcheck auf den diversen KV-Seiten hat hierzu keinerlei neue Informationen ergeben. Die KBV selbst hat das Thema seit dem 16. März in ihren Praxisnachrichten nicht einmal erwähnt. Alles, was man findet, sind Berichte vom eigentlichen Beschlusszeitpunkt: Nordrhein (22. März) | Bremen (4. April) | Hamburg (29. März). Dabei ist die Frage, wie denn diese ‚Entbudgetierung‘ eigentlich konkret vonstattengehen soll, von hoher Relevanz. Was sich aus dem Gesetz selbst erkennen lässt, haben wir in der Ausgabe der KW13 zusammengetragen und wiederholen es hier in Ermangelung konkreterer Informationen:
„Praktisch geht es aber nur für die KJ-Psychiater um eine echte Entbudgetierung. Für die Pädiater wurde dagegen ein Verfahren beschlossen, gemäß dem die Kassen Nachzahlungen leisten müssen, wenn die MGV zur Honorierung aller erbrachten Leistungen nicht ausreicht. D.h. es gibt nach jedem Quartal eine Art Klärungsberechnung, ob und wie viel die Kassen nachlegen müssen. Als Basis muss der Bewertungsausschuss zunächst einmal berechnen, bzw. festlegen, welcher Anteil des MGV-Gesamtbudgets überhaupt auf die Kinderärzte entfällt. Klar ist also: Einfach wird das ganze Verfahren nicht. Der SpiFa etwa urteilte: “Die Systematik ist einfach Murks.“ (~ Quelle) Der sachsen-anhaltinische KV-Vorsitzende sagte dazu: “Das ist … eine extrem aufwändige extrabudgetäre Zahlung der Differenz. Die finanzielle Entlastung wird zur bürokratischen Belastung, mögliche Zahlungen erst spät die Praxen erreichen.“ (KVSA-Pro – Heft3/2023 – Seite 6). Dem einzelnen Kinderarzt kann das jedoch egal sein – für ihn gilt grundsätzlich Lauterbachs Ansage, dass seine Auszahlungsquote künftig bei 100 % liegen soll. Allerdings kann Berechnung und Auszahlung tatsächlich dauern. Diese werden daher – mindestens am Anfang – eher nicht direkt mit dem allgemeinen Honorarbescheid des MVZ zusammenfallen.
Deutsche Apothekerzeitung v. 15.05.2023
Austausch von Medikamenten bei Lieferengpässen – UPD-Gesetz tritt am morgigen Dienstag in Kraft
KBV v. 16.03.2023
Bundestag beschließt feste Preise für pädiatrische Untersuchungen und Behandlungen
SV+RV-Pflicht im Bereitschaftsdienst | Der Streit wird politisch, aber Regierungsampel wiegelt ab
Zuletzt hatten wir in der Ausgabe der KW7 berichtet, dass sich das KV-System dagegen zu wehren versucht, dass Einsätze als Poolarzt oder in der KV-eigenen Notdienstpraxis voll SV-pflichtig sein sollen. Entsprechende Schreiben der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die Ende 2022 diverse KVen erreicht haben (~ zum Bericht der KW7), kennen sicherlich die meisten Praxis-Inhaber (im kleinen Stil) im Kontext mit Vertretungs- oder Honorarärzten. Durch den Versuch der DRV aber, auch gegenüber ‚dem großen Fisch KV‘ nicht blind zu sein, hat das Thema eine ganz neue Dimension erhalten. Folge ist u.a. eine deutlich verbesserte politische Lobbystellung – Konsequenz davon ist wiederum das aktuelle Aufgreifen des Themas durch den Bundesrat.
Dieser hatte in seiner Stellungnahme zum Kabinettsentwurf des Arzneimittel-Lieferengpass-Bekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz ( kurz ALBVVG ~ mehr über) vom 12. Mai angeregt, eine Änderung im SGB IV und VII vorzunehmen, mittels der Einnahmen der Ärztinnen und Ärzte aus Bereitschaftsdiensten von der Sozial- und Rentenversicherungspflicht ausgenommen würden, und diese außerdem automatisch unfallversichert seien. Vorbild ist eine ähnliche Regelung für Ärzte im Notdienst (~ vgl. § 23c SGB IV) sowie die damals spontan vom Gesetzgeber durchgewunkene Ausnahme für Honorare aus Impfarzttätigkeiten in Corona-Impfzentren. (~ Wortlaut des Bundesratsantrags | im PDF Seiten 2ff). Im gleichen Sinne hatte die KBV-Vertreterversammlung am 15. Mai eine Resolution verabschiedet, wonach es ohne eine solche Regelung, „im äußersten Fall [zu] einer Halbierung des Kontingents an Ärztinnen und Ärzten [kommen könnte]. (…) Es steht damit zu befürchten, dass die flächendeckende und zentrale Struktur des Bereitschaftsdienstes im aktuellen Versorgungsumfang so nicht mehr aufrechterhalten werden kann.“
Bereits in der Gegenäußerung der Bundesregierung, d.h. noch bevor der Gesetzesentwurf dem Bundestag als Drucksache 20/6871 zugeleitet wurde, hat erstere jedoch am 17. Mai erklärt, dass „die Situation … beim vertragsärztlichen Notdienst … mit der Situation in der notärztlichen Versorgung, die Anlass für die Ausnahmeregelung für nebenberuflich tätige Notärzte im Rettungsdienst war, … nicht vergleichbar [wäre].“ Hauptsächlich weil der KV-Bereitschaftsdienst primär als Pflichtdienst aller Vertragsärzte ausgestaltet sei, und daher diese zuvorderst die Dienstlast zu tragen hätten. Die Bundesregierung hält es ferner für „nicht ohne Weiteres nachvollziehbar,“ weshalb der Bereitschaftsdienst durch eine Beitragspflicht für abhängig beschäftigte Poolärzte gefährdet sein soll. Sie stellt sich also hinter Arbeitsminister Hubertus Heil, der bereits im Januar erklärt hatte, dass “grundsätzlich ein bestehender Mangel an Ärztinnen und Ärzten nicht durch Ausnahmeregelungen im Sozialversicherungsrecht behoben werden [sollte].“
Diese Absage der Ampelkoalition wirkt ziemlich klar, insbesondere nimmt man den unmissverständlichen Satz hinzu, dass es zudem „aus Sicht der Bundesregierung problematisch [erscheint], die Beitragspflicht von Ärzten, deren Einkommen sich ganz wesentlich aus Beiträgen anderer Versicherter und von Arbeitgebern speist, als Berufshindernis zu werten.“ D.h. im Ergebnis ist das Thema, das ganz am Rande auch die leidigen SV-Pflichten von MVZ und Arztpraxen bei Vertretungsärzten berührt, ziemlich rigide vom Tisch gefegt worden. Folgerichtig kam es auch in der parlamentarischen Aussprache zum Gesetzesentwurf (Bundestagsdebatte v. 24. Mai) nicht vor.
Die Chancen für eine Änderung stehen damit schlecht – gleichwohl der Weg des ALBVVG bis zum Inkrafttreten noch lang ist und somit auch noch viel passieren kann. Parallel sind im Übrigen beim Bundessozialgericht (BSG) zwei Verfahren anhängig, die genau in diese Kerbe zielen: B 12 R 9/21 R und B 12 R 10/21 R. Nach aktuellem Sachstand ist jedoch eher mit einer Bekräftigung der bisherigen Rechtsprechung zu rechnen (~ mehr dazu: Sozialversicherungspflicht von Vertretungsärzten im MVZ).
Ärztezeitung v. 19.05.2023
Bereitschaftsdienst: Regierung lehnt Freistellung von Sozialversicherungspflicht ab
KBV Vertreterversammlung v. 15.05.2023
KBV-VV: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten im Bereitschaftsdienst
Ärztenachrichtendienst änd (Dr. Matthias Soyka) v. 06.05.2023
Das Niederlassungserschwerungs-Programm der DRV und des Bundessozialgerichts
MVZ als Politikum I | Verfassungsrechtliche Begutachtung der Reformvorschläge & Positionierung des BMG
Passend zur allgemein virulent geführten Debatte hat der Bundesverband der Betreiber von MVZ, der aktuell auf seiner Homepage 22 MVZ-Gruppen als Mitglieder angibt (~ zur Mitgliederübersicht), am vergangenen Mittwoch (24. Mai) eine Diskussionsveranstaltung durchgeführt, deren Besonderheit – das muss man unbedingt hervorheben – vor allem der offene Dialog war, an dem sich u.a. die KV Hessen und das BMG beteiligten. Ergebnis waren durchaus erhellende Nuancen hinsichtlich der Frage, wann mit einer erneuten MVZ-Regulierung zu rechnen ist und vor allem: Was deren Inhalte sein werden. Beteiligt war als Teil der Podiumsdebatte mit dem BMG auch der BMVZ (~ Veranstaltungshinweis). Eine ausführlichen Debattenbericht liefert der Ärztenachrichtendienst (~ „Bevor wir weiter regulieren, brauchen wir gute Daten“) allerdings nur für registrierte Leser. Alternativ ist auf den unten verlinkten Beitrag im Ärzteblatt zu verweisen.
Unmittelbarer Anlass war die Vorstellung eines Rechtsgutachtens, das – vorgelegt vom Münchener Staatsrechtler Prof. Burgi – zum Ziel hatte, die aktuell vorliegenden Regulierungsvorschläge zur MVZ-Thematik auf ihre Grundrechtskonformität und europarechtlichen Grenzen zu hinterfragen. Eine gute Zusammenfassung dieses 79-seitigen Papiers (~ als Volltext öffnen) bietet die Ärztezeitung (~ MVZ-Reform vor „unüberwindbaren verfassungsrechtlichen Grenzen“) – jedoch auch hier zugangsgeschützt. Kernergebnis des Gutachters ist – nachdem sehr viele der von Bundesrat und Ärztekammer vorgebrachten Regulierungswünsche für nicht durchsetzbar erklärt wurden – das „nicht grundsätzlich verfassungs- bzw. europarechtlich zu beanstanden, … ein Verbot der sog. Konzeptbewerbung im Nachbesetzungsverfahren und (u.U.) ein Verbot der weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bei fehlender Gewährleistung ärztlicher Entscheidungsfreiheit sowie die Überprüfung der Versorgungsaufträge hinsichtlich der Kernleistungen [wäre]. Auch (innerhalb eines bestimmten Rahmens) verschärfte Transparenzvorgaben wären grundsätzlich möglich.“
Im Kontext dieser Ausführungen scheint es umso relevanter, dass der BMG-Staatssekretär Michael Weller (~ mehr über) in der anschließenden Podiumsdebatte mehrfach darauf verwies, dass mit der geplanten MVZ-Regulierung ganz sicher keine Rechtsbrüche verbunden würden, und dass der Jurist Burgi diesbezüglich ja sehr deutliche Grenzen aufgezeigt habe. Gleichzeitig stellt der BMG-Mann klar, dass innerhalb des Ministeriums weiter nicht klar sein, welchen regulatorischen Weg man gehen werde – dass also tatsächlich noch nicht festgelegt sei, wie das für Herbst angekündigte Versorgungsgesetz II an dieser Stelle aussehen könne. Einigkeit bestand bei allen Beteiligten hinsichtlich der Notwendigkeit, mehr strukturelle Transparenz zu schaffen. (~ Transparenz & Datenanalysen im MVZ-Kontext: Warum ein Strukturregister dringend gebraucht wird). In diesem Kontext ließ sich allerdings dem Staatssekretär keine Aussage dazu entlocken, wann mit dem Inkrafttreten der geänderten ZV-Ärzte/Zahnärzte zurechnen sei – die ja bekanntlich beinhaltet, das bestehende Arztregister um eine umfassende Strukturkomponente zu erweitern (~ mehr dazu in der Ausgabe der KW50/2022).
Insgesamt verwiese inhaltlich vieles in dieser Veranstaltung auf das häufig so betitelte ‚Ladurner-Gutachten‘ des Spahn’schen BMG vom Dezember 2020, das auch einige der Erkenntnisse von Prof. Burgi zu den rechtlichen Grenzen der Regulierung bereits vorweggenommen hatte – und das übrigens auch Grundlage der oben erwähnten Weiterentwicklung des Arztregisters ist. (~ Zusammenfassung des BMG-Gutachtens öffnen) Michael Weller erklärte auf explizite Nachfrage, dass dieses umfängliche Gutachten, wenn auch vom Amtsvorgänger veranlasst, weiter einen hohen Stellenwert bei den Beratungen einnehme. Insgesamt deutet der Auftritt des BMG-Vertreters auch in Verbindung mit dem in der Bundestags-SPD für MVZ zuständigen Gesundheitspolitiker Mende eine durchaus differenzierte Beratung möglicher Beschränkungen über den Sommer an. Denn anders, als als eine gewisse Distanzierung zu den Lauterbach-Tweets von Weihnachten 2022, lässt sich u.E. die folgende, weitgehend wortgetreu wiedergegebene Aussage des MdB Mende nicht interpretieren: ‚Man werde so schnell festgelegt, wenn man etwas sage, was vielleicht noch nicht bis zum Ende voll durchdacht sei. Deshalb twittere er auch nicht mitten in der Nacht. Man dürfe nicht „einfach einen Stein ins Wasser werfen, sondern der Stein muss auch eine gewisse Qualität haben.‘
ÄrzteZeitung v. 24.05.2023
Gründung fachgleicher MVZ soll weiterhin möglich sein
Ärzteblatt v. 24.05.2023
SPD-Gesundheitspolitiker Mende: Investoren-MVZ sollen reguliert, nicht verboten werden
Informationsdienst Wissenschaft v. 20.05.2023
Medizin für das deutsche Gesundheitswesen – 20 Jahre MVZ
MVZ als Politikum II | Aktuelle Analysen beschäftigen sich mit dem ‚Renditedruck‘ in MVZ
Solange kein konkreter Gesetzesentwurf zur MVZ-Thematik vorliegt, ist und bleibt es eine Hochzeit für Veröffentlichungen von allen Seiten, die darauf abzielen, die Debatte zu bereichern, respektive zu beeinflussen. Mitte Mai hat sich hierbei die Finanzwende Recherche gGmbH, eine Tochter der vom früheren Grünen-MdB Schick mit dem allgemeinen Ziel, „die Finanzlobby in die Schranken zu weisen“ gegründeten ‚Bewegung Finanzwende‘ (~ direkt zu) eingereiht. Veröffentlicht wurde ein 29-seitiges PDF (~ öffnen) mit dem selbsterklärten Ziel aufzuzeigen, „welche Auswirkungen die Profitlogik von Private-Equity-Investor*innen auf Arztpraxen und damit die medizinische Versorgung hat.“ Hauptansatzpunkt der Kritik ist, dass die Investorenlogik die Eigenkapitalbasis der MVZ aushöhle. Sprich, dass es sich bei den MVZ-Ketten mit Private-Equity-Beteiligung im Hintergrund oft um überschuldete Unternehmen handele, da der Großteil der Übernahmekosten durch Kredite gedeckt werde. Diese Schulden- und Zinslast werden auf die Praxen übertragen und trage daher wesentlich zu Kommerzialisierung des Handelns der dort tätigen Mitarbeiter bei.
Die Studie versucht anhand der fünf genauer betrachteten MVZ-Träger (darunter OSG & Kielstein) zu belegen, dass allein die Art der kreditbasierten Finanzierung ein Problem sei, da derart überschuldete Praxis-Unternehmen immer mit einem Bein in der Insolvenz stünden – auch wenn bestätigt wird, dass es in Deutschland bislang „keinen so gelagerten Fall im Bereich der Arztpraxen [gegeben habe]. Allerdings könnte dies angesichts der genannten Daten nur noch eine Frage der Zeit sein.“ Abgeleitet werden Forderungen nach strengeren Finanzregeln für MVZ etwa durch Begrenzung der Kreditaufnahme, um Überschuldungen zu verhindern, sowie eine Begrenzung konzerninterner Darlehen, wobei auf ähnliche Regeln in Dänemark verwiesen wird. Lesenswert ist die Studie auf jeden Fall schon deshalb, weil hier Herausforderungen aus der Finanzwelt, die sich im MVZ-Kontext ergeben, nicht allein sozialrechtlich kritisiert, sondern auch aus dem Blickwinkel der Regeln der Finanzwelt analysiert werden, ohne selbige absolut zu verteufeln. Ziel, so schreiben die Autoren, ist es, dass „gesetzliche Rahmenbedingungen [geschaffen werden], damit private Investitionen im Gesundheitssystem gesellschaftlich dienlich sind und kein Risiko für die Patient*innen und die Gesundheitsversorgung darstellen.“ Sorge haben die Autoren – neben dem Renditedruck – vor Insolvenzen im großen Stil, wenn sich die Erwartungen der Investoren durch veränderte Rahmenbedingungen nicht erfüllen lassen.
Einen dazu verwandten Ansatz verfolgt die ebenfalls im Mai veröffentlichte Studie der ver.di-nahen Hans-Boeckler-Stiftung, die wir bereits in der letzten Ausgabe (KW19) kurz vorgestellt hatten: MVZ als Politikum | Wer aktuell Was? und Warum? über MVZ zu sagen hat. Der Kostendruck – so das Kernargument der Autoren – wirke sich negativ auf Arbeitsbedingungen und Löhne aus. „Grundsätzlich sind MVZ absolut sinnvoll, doch sie dürfen nicht kommerziellen Interessen unterworfen sein,“ erklärte die Leiterin des ver.di-Bereichs Gesundheitspolitik bereits im März 2023. (~ Quelle) In der aktuellen Studie, die als 120-seitiges PDF daherkommt (~ öffnen) wird berichtet, dass „viele nichtärztliche Beschäftigte über schlechte Bezahlung und Arbeitsverdichtung mit vielen Überstunden [klagen]. Oft verdienten sie weniger als bei einer vergleichbaren Tätigkeit im Krankenhaus … Nur selten werde nach Tarifvertrag bezahlt – selbst wenn das Medizinische Versorgungszentrum einem Krankenhaus gehört und dort ein Tarifvertrag gilt.“ Großes Handicap der Studie ist jedoch, dass sie sich auf lediglich 85 Onlinefragebögen von MVZ-Mitarbeitern, darunter Ärzte sowie Nichtärzte stützt. Angesichts von aktuell 26 Tsd. in MVZ tätigen Ärzten und einem Vielfachen an ebensolchen MFA liegt also die Beteiligungsquote deutlich unterhalb von 0,1 Prozent. Die Studie ist damit weder repräsentativ noch belastbar. Folgerichtig widmet sich ein Großteil des Berichtes auch der allgemeinen Beschreibung und Zusammenfassung bisheriger Entwicklungen bzw. Studien und Berichten Dritter, worin dann doch wieder ein hewisser Wert dieser ‚Branchenanalyse‘ liegt.
Tagesschau.de v. 16.05.2023
Investitionen in Arztpraxen Gewinn für Investoren, Risiko für Patienten
Verdi.de v. 16.05.2023
Hoher Kostendruck in MVZ (Branchenanalyse der Hans-Boeckler-Stiftung)
Finanzwende.de v. 16.05.2023
Rendite vor Patientenwohl: Neuer Bericht über Private-Equity-Investments in Arztpraxen
MVZ-Debatte | Wer im Mai 2023 Was? und Was nicht? zur MVZ-Thematik gesagt hat
Wie auch im vorstehenden Beitrag ‚MVZ als Politikum II‘ angeführt, leben wir in einer Zeit, wo gefühlt jeden Tag neue Meinungen und Debattenbeiträge zu MVZ erscheinen. Auf eine programmatische Veröffentlichung des BMVZ bereits aus April 2023 möchten wir an dieser Stelle noch einmal verweisen: Krankenhaus-MVZ im Fokus des Gesetzgebers: Marktbeschränkung vs. Marktöffnung. Gedankenspiele. (Volltext-PDF) und natürlich auf den aktuellen Tagungsbericht im Reiter ‚Nachrichten‘. Doch was ist außerdem passiert? Der in der letzten Ausgabe kommentierte Entschließungsantrag der Länder Bayern, R-Pfalz und S-Holstein im Sinne einer erneuten, an die Bundesregierung gerichteten Aufforderung, die MVZ massiv zu regulieren, fand – wenig überraschend Beifall bei Bundesärztekammer (BÄK) und KZBV.
Die KBV selbst aber, als höchstzuständige Organisation, schweigt dagegen weiter. Allerdings hat sie in der Mai-Ausgabe ihrer Online-Zeitschrift ‚Klartext‘ mit einem vorgegebenen Fragenkatalog alle regionalen KV-Vorsitzenden einmal zu Wort kommen lassen. Offensichtlich haben nur elf der Regionen von dem Angebot Gebrauch gemacht – jedenfalls fehlen sechs Antworten in der unten verlinkten Übersicht. Das MVZ-Thema haben dabei lediglich zwei KV-Vorsitzende angesprochen, John Afful aus Hamburg (~ Fragebogen KVHH öffnen) und Christian Pfeiffer aus Bayern (~ Fragebogen KVB öffnen). Letzterer hat diese Außenseiterposition innerhalb der KV-Welt wohl auch wahrgenommen und bezeichnet es als „Spezialthema,“ das man in Bayern auf der Agenda habe, „das in anderen KVen wohl noch keine so große Rolle spielt: Den Einfluss von Finanzinvestoren auf die ambulante Versorgung. Einfallstor sind dabei die investorengetragenen Medizinischen Versorgungzentren.“ Der Hamburger Kollege ergänzt: „Leidtragende sind die Patientinnen und Patienten. Hier muss – soweit dies überhaupt noch möglich ist – dringend gesetzlich gegengesteuert werden. (…) Werden entsprechende Voraussetzungen vom Gesetzgeber nicht geschaffen, (…) würde [dies] zu einem Versorgungsmodell führen, das nicht mehr gemeinwohlgebunden, solidarisch und patientenzentriert, sondern verstärkt an wirtschaftlichem Profitdenken orientiert wäre.“
Bei den anderen KV-Antworten zur Frage der drängenden Probleme dominieren dagegen der Wunsch nach Entbudgetierung und besserer Honorierung, das Problem des Fachkräftemangels, fehlende Wertschätzung und das unpraktikable Vorgehen bei der Digitalisierung. Bemerkenswert und ungewöhnlich ist der Vorstoß der KV Nordrhein zur Teampraxis, die sie als ‚hausärztliche und fachärztliche Behandlungszentren, die ausgebaut und gefördert werden sollen,‘ definiert. (~ mehr auch hier). Die Frage, was hier der Unterschied zum MVZ sein soll, drängt sich auf. Immerhin wurde das Abrechnungsproblem solch fachübergreifender Kooperationen erkannt, denn: „Das bedingt regulatorische Änderungen, nicht zuletzt auch in den Abrechnungsfragen.“ (~ Fragebogen KVNO öffnen) Insgesamt ist die Rolle der KV-Welt in der MVZ-Debatte eine sehr ambivalente. Der bayrisch getriebene Vorstoß gegen MVZ scheint nicht nur Unterstützer zu finden. So gab der hessische KV-Vorsitzende Dastych auf dem Podium der BBMV-Tagung (~ Reiter ‚Nachrichten‘) zu Protokoll, dass es seiner KV trotz entsprechender Bemühungen nicht gelungen sei, die Mehr-Abrechnungs-Vorwürfe gegen MVZ mit Investorenbezug, wie sie die KV Bayerns mit dem IGES-Gutachten im April 2022 in die Welt gesetzt hatte, zu validieren. Eine Aussage, der man unterstellen darf, dass sie nicht zufällig in einem so öffentlichen ‚Pro-MVZ-Forum‘ getätigt wurde.
Was ist noch passiert? Die angesichts früherer Lauterbach-Äußerungen zu MVZ vergleichsweise entspannte BMG-Position, wie am 24. Mai von Staatsekretär Weller vorgetragen, brachte die Bundesärztekammer in Gestalt ihres neu gewählten Präsidenten Reinhardt dazu, noch am selben Abend mit einer Presseerklärung nachzulegen, dass ihre Vorschläge sehr wohl mit Verfassung und EU-Recht verträglich und vor allem dringlich zur Umsetzung geboten seien: „Die Einschränkung des Gründerkreises für Medizinische Versorgungszentren darf nicht weiter dadurch unterlaufen werden, dass ein Krankenhaus nur mit dem Zweck betrieben wird, eine Kette von MVZ zu gründen und an der stationären Versorgung eigentlich gar kein Interesse hat.“ Als Motiv für seinen Einsatz beim Thema gibt Reinhardt an anderer Stelle jüngst an: „Gerade für junge Ärztinnen und Ärzte ist es eine große persönliche Herausforderung, sich den Vorgaben zum Beispiel der kaufmännischen Geschäftsführung entgegenzustellen. Hier sind wir als ärztliche Selbstverwaltung gefragt und auch intensiv tätig. … um die dynamische Entwicklung bei Investoren-betriebenen MVZ zu stoppen.“ (~ Quelle)
Nicht als Kommentar darauf, aber inhaltlich dennoch passend, hatte jedoch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Prof. Ullmann zeitgleich erklärt, dass er „dort keine Heuschrecken fliegen [sehe], auch wenn es – wie überall – schwarze Schafe gibt. Gewinne zu erwirtschaften, egal, ob jetzt als niedergelassene Praxis oder was auch immer, ist nichts Verwerfliches.“ Zur Registerproblematik ergänzt er: „Die Register existieren ja, die sind ja über die KVen angemeldet. Mit Transparenz meine ich, dass die Patientin, der Patient sehen kann, in was für eine Praxis geht sie oder geht er, wer ist der Besitzer, der Inhaber, der Direktor dort.“ D.h. als Teil der Regierungskoalition verkörpert Ullmann und seine FDP eine vergleichsweise moderate Haltung. Allerdings kommt auch bei ihm zum Ausdruck, dass es eine MVZ-Regulierung wohl auf jeden Fall gegeben werde, unklar ist derzeit eben nur weiterhin die Stoßrichtung und Regelungstiefe.
ÄrzteZeitung v. 25.05.2023
FDP-Politiker Ullmann zu MVZ: „Ich sehe dort keine Heuschrecken fliegen“
Bundesärztekammer (BÄK) v. 24.05.2023
MVZ-Regulierung rechtlich möglich und dringend geboten
ZM Online v. 17.05.2023
KZVB begrüßt Vorstoß der Länder für ein MVZ-Gesetz
KBV-Klartext v. 03.05.2023
Aus den KVen: Vorstände blicken in die Zukunft