Vertragsärztliche MVZ-Gründungen beruhen sehr häufig auf der Konstellation, dass die ärztlichen Gründer im Wege der Sitzeinbringung ihre bisherige Vertragsarztzulassung ins zu gründende MVZ einbringen, um dann darauf im Status eines angestellten Arztes weiter tätig zu sein. Gleichzeitig sind der oder die Gründer Mehrheitsgesellschafter, bzw. Eigentümer der MVZ-Gesellschaft.

Das BSG hat jedoch am 26.01.2022 eine Entscheidung veröffentlicht, mit diese gelebte Praxis, die auch die Zulassungsausschüsse bisher in der Regel anstandslos passiert hat, hinfällig wird. Denn, so das Gericht, Anstellung und echte Gesellschafter­stellung schließen sich aus.

Welche Auswirkungen das Urteil haben wird, kann abschließend noch nicht beurteilt werden, da zunächst nur ein kurzer Terminbericht vorliegt. Dennoch drängen sich zahlreiche Fragen, vor allem für betroffene ärztliche Gründer, förmlich auf. Worum es grundsätzlich geht, und was das für ähnliche Fallkonstellationen bedeutet, erläutern wir in dieser kurzen Besprechung.

Der folgende Beitrag (gekürzte Darstellung) wurde von Rechtsanwältin Dr. Claudia Mareck verfasst.
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Worum geht es?

Zwei Vertragsärzte hatten eine MVZ GbR gegründet, um in dem MVZ selbst auch tätig zu werden. Geplant war dies im Status der Anstellung. Die Genehmigung wurde jedoch verwehrt, woraufhin die beiden Gründer in dem MVZ als Vertragsärzte tätig wurden und parallel den Klageweg beschritten. Beim Verfahren vor dem Sozialgericht wurde die Sprungrevision zum BSG zugelassen, weshalb nach nur relativ kurzer Zeit nun ein höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.

Zwei Vertragsärzte hatten eine MVZ GbR gegründet, um in dem MVZ selbst auch tätig zu werden. Geplant war dies im Status der Anstellung. Die Genehmigung wurde jedoch verwehrt, woraufhin die beiden Gründer in dem MVZ als Vertragsärzte tätig wurden und parallel den Klageweg beschritten. Beim Verfahren vor dem Sozialgericht wurde die Sprungrevision zum BSG zugelassen, weshalb nach nur relativ kurzer Zeit nun ein höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.

Entscheidung des BSG

Das BSG bestätige die Rechtsauffassung der Zulassungsgremien Sachsen-Anhalt und verwehrte den Ärzten die begehrte Anstellungsgenehmigung unter Verweis auf den sozialversicherungsrechtlichen Begriff des abhängig Beschäftigten. Nur ein Solcher könne auch eine Anstellungsgenehmigung in einer MVZ-Gesellschaft erhalten. Eine erweiterte Interpretation des Angestelltenbegriffs im Vertragsarztrecht gebe es nicht.

Entscheidungserheblich für die Anstellungsgenehmigung sei, ob angestellte Gesellschafter die Rechtsmacht besitzen, im Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse Einfluss auf die eigene Anstellung zu nehmen. Ist dies der Fall, scheide eine abhängige Beschäftigung und die Genehmigung der Anstellung aus. Es verbleibe dann lediglich die Variante, dass der Arzt im MVZ als Vertragsarzt tätig ist.

Wen betrifft es?

Die Entscheidung adressiert MVZ, in welchen Ärzte als Gesellschafter zugunsten einer Anstellung im MVZ auf ihre Zulassung verzichtet haben und diese Ärzte tatsächlich keine sozialver­sicherungs­pflichtige Beschäftigung ausüben.

Keine unmittelbaren Auswirkungen gibt es dagegen auf Krankenhaus-MVZ (sofern die Krankenhausgesellschaft 100% der Anteile hält und keine Ärzte Gesellschaftsanteile halten, die zugunsten ihrer Anstellung auf ihre Zulassung verzichtet haben) oder Vertragsarzt-MVZ, in denen die Ärzte weiterhin ausschließlich mit ihrem Versorgungsauftrag ohne Anstellungsgenehmigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.

Offene Fragen

Werden die Zulassungsausschüsse ihre Spruchpraxis für zukünftige Anträge nun anpassen?

Einschätzung (Stand 7.2.2022): Der Umgang der Zulassungsausschüsse mit der Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Sollte die BSG-Rechtsprechung umgesetzt werden, so wäre ein Verzicht zugunsten einer Anstellung nur noch dann möglich, wenn zu dem betroffenen Arzt ein sozialversicherungs­rechtliches Anstellungsverhältnis besteht. Diese rechtliche Einordnung müsste der Zulassungsausschuss anhand des Gesellschafts- und des Anstellungsvertrages prüfen. Hier wird die Frage entscheidend sein, ob die Anstellung des Betroffenen gegen seinen Willen durch die übrigen Gesellschafter beendet werden kann. Davon zu trennen – und nicht von den Zulassungsausschüssen zu prüfen – ist jedoch die gesellschaftsrechtliche Frage, ob eine solche Hinauskündigung des Gesellschafters ohne außerordentlichen Grund zulässig ist.

Ist die Entscheidung auf MVZ-GmbH übertragbar?

Einschätzung (Stand 7.2.2022): Davon ist auszugehen. Jedenfalls bei einer Ein-Mann-GmbH sowie regelhaft auch bei einer GmbH mit nur wenigen Gesellschaftern dürfte die Anstellungsvariante ausscheiden.

Werden die Zulassungsausschüsse bereits erteilte Anstellungsgenehmigungen widerrufen?

Einschätzung (Stand 7.2.2022): Derzeit sind zahlreiche MVZ in einer Konstellation zugelassen, die das BSG für nicht zu­läs­sig hält. Wir gehen jedoch davon aus, dass die bereits zugelassenen MVZ zumindest so lange Bestandsschutz haben, bis die MVZ-Struktur eine Änderung erfährt (z.B. durch Hinzutritt / Wech­sel eines Arztes) und ein weiterer Antrag beim Zulassungsausschuss beschieden wird. Wün­schens­wert wäre, wenn das BSG in seinen Urteilsgründen kurz um Bestandsschutz ausführen würde.

Droht ein Regress durch die KV, sofern eine nach dem BSG unzulässige Konstellation vorliegt?

Einschätzung (Stand 7.2.2022): Aufgrund des o.g. Bestandsschutzes und des Umstandes, dass die Konstellation ohne z.B. betrügerische Absichten der Ärzte zustande gekommen ist, halten wir eine Honorarrück­forderung der KV für unwahrscheinlich. Auch hier wäre es wünschenswert, wenn sich das BSG-Urteil in seinen Gründen dazu verhalten würde.

Autorin des Beitrags:

RAin Dr. Claudia Mareck
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
KMH Medizinrecht Rechtsanwälte Dortmund | Münster
Telefon: 0231 – 589373-22
E-Mail: c.mareck@kmh-medizinrecht.de