KV Bayerns veröffentlicht MVZ-Gutachten
Zweifel an Methodik und Aussagewert
Nachdem am 5.4.2022 bereits über einen Bericht im NDR (~ Spekulanten greifen nach Arztpraxen) der Boden für ein neues Kapitel der MVZ-Offensive der KV Bayerns bereitet wurde, hat die KV am 7. April mit der medienwirksamen Veröffentlichung des beim IGES in Auftrag gegebenen Gutachtens zum Leistungs- und Abrechnungsverhalten von MVZ mit Investoren als Trägern nachgelegt.
Die Pressemitteilung (~ als PDF öffnen) erklärt: “In investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren liegen die abgerechneten Honorarvolumina deutlich über denen in anderen MVZ,“ und: „Die Gesundheit der Menschen darf nicht zum Spekulationsobjekt werden. Denn diese Entwicklung führt auch dazu, dass die Freiberuflichkeit massiv in Frage gestellt wird und dass für jüngere Kolleginnen und Kollegen die Übernahme eines Vertragsarztsitzes finanziell nicht mehr zu stemmen ist.“
Von der Presse wurde die Veröffentlichung stellenweise nur vorsichtig aufgegriffen (~ anders z.B. die Freie Ärzteschaft) – verbirgt sich dahinter doch ein über 300-Seiten starkes Zahlenwerk des IGES-Instituts, das erst einmal analysiert sein möchte. Beispielhaft dafür kann die ‚Lernkurve‘ der ÄrzteZeitung stehen, die am Veröffentlichungstag gemäß der bayrischen Meldung titelte: „IGES-Studie zu Investoren-MVZ: Honorarumsatz in Bayern im Vergleich zu Einzelpraxen deutlich höher“ – die jedoch bereits am Folgetag (8. April) eine genauere Analyse der Daten nachschob und sich zu dem ergänzenden Kommentar genötigt sah: „Wer frisst wem was weg? Der Affekt gegen MVZ in Private-Equity-Besitz erhält immer wieder neue Nahrung. Eine Begründung lässt weiter auf sich warten.“ (~ Kommentar öffnen).
Darin schreibt der ÄZ-Autor: „Ob die Gesundheitsökonomen des IGES-Instituts ihrem Auftraggeber, der KV Bayerns, damit wirklich einen Gefallen getan haben? Deren jüngste Studie … beinhaltet Zahlen, die keinerlei Unterschied zwischen der Honoraranforderung von Zentren in Ärztehand und solchen in Private-Equity-Besitz erkennen lassen. Gleichwohl befeuern die Autoren das alte Vorurteil, Letztere seien besonders profithungrig … Im politischen Meinungsstreit dürfte mit derartiger Argumentbeschaffung nicht nur kein Blumentopf zu gewinnen sein, sondern ob der offenkundigen Absicht auch Verstimmung provoziert werden.“
Grundsätzlich enthält die Studie sehr viele, detailreiche Innenansichten zur vertragsärztlichen Abrechnung. Tatsächlich benötigte eine umfassende Analyse jedoch etwas Zeit, zumal viele der von der KVB und dem IGES getroffene Annahmen und Darstellungen intransparent und deshalb schwer nachzuvollziehen sind. Am 19. April 2022 hat der BMVZ daher nach sorgfältiger Analyse eine 6-seitige Stellungnahme und Methodenkritik zum Gutachten vorgelegt, die die bereits am 8. April 2022 von der ÄrzteZeitungs-Redaktion vorgetragenen Bedenken gegenüber den von der KVB veröffentlichten Statement, mit zahlreichen Argumenten und Fragen zur Methodik untermauert.
Stein des Anstoßes
IGES-Studie zu MVZ im Auftrag der KV Bayerns
KV Bayerns v. 13.4.2022
Statement: Klarstellung zum IGES-Gutachten in Bezug auf iMVZ
Investoren-MVZ in Bayern: höhere Honorarumsätze als Einzelpraxen
Langfassung | Versorgungsanalyse zu MVZ im Bereich der KV Bayerns
Kurzfassung | Versorgungsanalyse zu MVZ im Bereich der KV Bayerns
Statement: “Gesundheit darf kein Spekulationsobjekt sein”
Der BMVZ äußert sich
BMVZ v. 19.04.2022
Stellungnahme zur Versorgungsanalyse der KV Bayerns zu MVZ
BMVZ v. 13.04.2022
Ring frei für eine neue Runde in der MVZ-Debatte: Eine relevante Diskussion, die jedoch mehr Sachlichkeit braucht
Der BMVZ in der Presse
ÄrzteZeitung v. 20.04.2022
Viele Einwände MVZ-Verband zu IGES-Studie: „Aussagewert muss in Zweifel gezogen werden“
änd v. 19.04.2022
Methodische Kritik: BMVZ nennt Aussagewert der IGES-MVZ-Studie „eingeschränkt“
BR24 | Bayerischer Rundfunk v. 19.04.2022
Medizinische Versorgungszentren weisen Kritik aus Bayern zurück
änd v. 14.04.2022
Bundesverband kritisiert „Alarmismus“ in MVZ-Debatte
Tagesspiegel Background Gesundheit v. 14.04.2022
Alarmismus oder echte Gefahr für Versorgung?
Weitere Presseschau zum Thema
Neues Deutschland v. 18.04.2022
Ambulante Medizin als Ware
Medscape v. 13.04.2022
Gegen Renditejagd, Spekulationen, Geldverschwendung: Ärztekammer und Virchowbund fordern Regelungen für private Investoren-MVZ
Deutsche Apothekerzeitung v. 12.04.2022
NDR-Fernsehbeitrag, IGES-Studie und Forderungen des Virchowbundes: Finanzinvestoren kaufen immer mehr Arztpraxen
Ärzteblatt v. 12.04.2022
Hamburg: KV fordert mehr Transparenz bei MVZ-Besitz
DocCheck v. 08.04.2022
Ambulante Versorgung: Geld oder Gesundheit?
ÄrzteZeitung v. 08.04.2022
IGES-Studie: Behandlungskosten im MVZ: Die Fachrichtung macht‘s – nicht der Träger
änd v. 08.04.2022
Verband der MVZ-Betreiber vermisst in IGES-Gutachten Transparenz
Ärzteblatt v. 07.04.2022
Medizinische Versorgungszentren in Bayern mit 8,9 Prozent Versorgungsanteil