PATENTREZEPT KOOPERATION – GEMEINSAM FAIRSORGEN
MVZ im Fokus: Vielfältig. Flexibel. Transparent.
Im Kontext des Praktikerkongress‘ v. 22. September re-publizieren wir nachfolgend ausgewählte Themen & Beiträge aus dem Archiv der letzten Wochen, die einen Bezug zu einem der Kongressthemen haben, und in jedem Fall nach wie vor von hoher Relevanz für den Praxisalltag sind.
Korrektur bei den TI-Erstattungspauschalen | Mit Rückwirkung ab Juli 2023 gibt es mehr Geld für große Praxen
Bekanntermaßen gelten seit diesem Quartal neue Honorarregeln bezüglich der technischen Komponenten der Telematikinfrastruktur (~ Monatliche Pauschalen für alle statt anlassbezogener Finanzierung), mit denen allerdings wohl keiner der Beteiligten so richtig glücklich ist. Der BMVZ für seinen Teil hatte sogleich bemängelt: „Aber natürlich gibt es zahlreiche Wermutstropfen. Der wichtigste aus unserer Sicht ist, dass weiterhin die Größenstaffelung …. bei sechs Vollzeitäquivalenten endet. Wie bei KBV und Kassen zuvor, scheint hier völlig das Verständnis zu fehlen, dass es zahlreiche BAG und MVZ mit deutlich höherem Versorgungsumfang gibt, die mit der neuen Regelung weiterhin lediglich genauso viel Erstattung erhalten wie eine mittlere Gemeinschaftspraxis.“ Dieser Protest, den wir bereits seit fünf Jahren vorbringen, hat nun tatsächlich Früchte getragen.
Die Erstattungsstaffeln, die sich nach der Größe einer Praxis/eines MVZ richten, hören mit Rückwirkung zum 1. Juli 2023 nicht länger bei sechs Ärzten auf, sondern wurden nach oben geöffnet. Dies hat das BMG, dass nur deshalb zuständig ist, weil Kassen und KBV sich zuvor nicht auf eine Vereinbarung hatten einigen können, entschieden und bereits als Änderung umgesetzt (~ Volltext | Fassung v. 1.9.2023) Das heißt: MVZ mit mehr als zehn Ärzten bekommen monatlich je weitere 3-Ärzte knapp 30 € zusätzlich – ein Staffelende gibt es nicht mehr. Positiv hinzu kommt noch, dass gleichzeitig die Berechnungsgrundlage von der Sitzzahl als maßgebliche Größe auf die Kopfzahl umgestellt wurde. Viertelärzte lösen damit ab sofort denselben Erstattungsanspruch aus wie Vollzeitärzte. Im Klartext würde dies bedeuten, dass ein MVZ mit beispielsweise 22 Ärzten nun im Monat rund 140 € mehr an Refinanzierung seiner Technikausgaben erhält als ein 9-Mann-MVZ.
Bedenkt man, wie sehr tatsächlich mit jede:r Ärzt:in die Anforderung etwa allein hinsichtlich der Zahl der Terminals, die benötigt werden, steigt, war eine solche Regelung mehr als überfällig. Denn dass Praxen mit 13, 22 oder eben mehr Ärzten dieselbe Erstattung erhalten, wie eine BAG aus 7 oder 8 Ärzten, war noch nie sachgerecht. Hier also einmal ein Dank an die Verantwortlichen für diese gelebte Einsicht in die längst vorhandene Versorgungsrealität!
Im Übrigen wurden neben diesen Änderungen auch folgende Korrekturen an der TI-Vereinbarung vorgenommen: 1) Die KVen (= 17 regionale Regelungen) können Ausnahmen vorsehen, welche Fachgruppe einzelne Anwendungen prinzipiell nicht nutzt und deshalb nicht nachweisen muss. Vorgesehen ist dies flächendeckend etwa bezüglich der Psych. Psychotherapeuten, die weder AU noch Arzneirezepte ausstellen dürfen. Auch an Anästhesisten, die an mehreren Standorten tätig sind, wurde in dem Kontext gedacht. Die angedrohte Kürzung, wenn die entsprechende Technik nicht vorgehalten würde, wäre damit für die betroffenen Arztgruppen vom Tisch. 2) Die Stichtage, zu denen die MVZ und Praxen die technische Ausstattung für die Pflichtdienste nachweisen müssen, wurden teils deutlich nach hinten verlegt. Damit wird es 2023 auf jeden Fall bei niemandem Kürzungen der neuen Erstattungspauschalen geben. Der Großteil der Nachweise muss erst ab dem zweiten Quartal 2024 erbracht werden. Dazu passend wurde 3) die Frist für den eArztbrief als Pflichtanwendung verschoben. Diese wurde nun auf den 1. März 2024 gesetzt.
Dass trotz dieser Änderungen, die ausnahmslos als Verbesserungen einzustufen sind, der ganze Komplex Ti und deren Finanzierung ein aus Anwendersicht unbefriedigendes Reizthema bleibt, ist klar. Dass aber gerade hinsichtlich der kooperativen Praxisstrukturen mit der geänderten Staffelung ein Zeichen in Richtung gesetzt wurde, dass große Praxen auch als Normalität begriffen werden, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Vor allem, bedenkt man, die vielen Baustellen im Vertragsarztbereich, wo dies nicht der Fall ist: Lippenbekenntnis Kooperation | Eine Glosse v. S. Müller (BMVZ).
LinkedIn-Post des BMVZ v. 13.09.2023
Auch gute Nachrichten gibt es | Auf Druck hat das BMG bei den TI-Erstattungspauschalen nachjustiert
PKV-Institut v. 13.09.2023
TI-Pauschale: Große Praxen und MVZ bekommen mehr Geld
Medical Tribune v. 12.09.2023
Konnektor: Seit Juli werden Paket- und Rechenzentrumslösungen zum neuen TI-Standard
KBV-Mitteilung v. 07.09.2023
BMG passt Regelungen zur TI-Pauschale an – Erstattungsbeträge nach wie vor nicht
Update HaFa-Vermittlungsfälle | Auswirkung auf die Honorarumsätze des I. Quartals weiter unklar
Die Informationslage bleibt weiter schlecht bis widersprüchlich – zumindest gibt es bis heute keine KV-übergreifende Auswertung der Honorarentwicklung im ersten Quartal 2023, nachdem zuvor unter großem Protest der Ärzteschaft die TSVG-Neupatientenregelung ausgelaufen war. Natürlich verquicken sich hierbei diverse Honorareffekte und sicher ist es nicht ganz leicht, den alten Neupatientenbonus und die Honorarwirkungen der neuen HaFa-Vermittlung singulär zu betrachten. Aber umso interessanter ist es, dass die KV Niedersachsen jüngst vermeldete, dass der Wegfall der Neupatientenförderung im ersten Quartal kompensiert werden konnte. Bei den Fachärzten sei der Gesamtumsatz je Arzt um 2 – 3 % ggü. dem Vorjahresquartal gestiegen, bei den Hausärzten immerhin auch um 1 – 2 Prozent.
Ganz anders präsentiert sich das für die Fachgruppe der HNO-Ärzte deren Verbandspräsident, der Praxisaufgaben prophezeit. Er bezieht sich dabei auf Daten der Großstadt-KVen Hamburg und Berlin, nach denen der Praxisumsatz fallzahlbereinigt im Vergleich zum Vorjahr um rund 11 % (Berlin), bzw. 24 % (Hamburg) zurückgegangen sei. Tatsächlich dürften HNO-Praxen wie z.B. auch Internisten, die häufig auf Überweisung Untersuchungsleistungen erbringen und dabei die betreffenden Patienten typischerweise nur einmalig oder in großen Zeitabständen sehen, vergleichsweise stark von der Umstellung der Boni betroffen sein. Dieses Ergebnis passt zu den ersten Annahmen zur Wirkung der neuen Regelung, die wir bereits im November 2022 veröffentlicht hatten. (~ Vorläufige Konsequenzanalyse zur Neuregelung der TSVG-Fälle ab 1.1.2023)
Allerdings berichtet der NDR auch insgesamt für die Hamburger Vertragsärzteschaft von einem Einbruch der Umsätze: „Am größten ist das Minus bei den Hamburger Hausärzten: Im ersten Quartal dieses Jahres bekamen die gut 1.000 Praxen acht Millionen Euro weniger Honorar … ausgezahlt. Ein großes Minus machen auch die Internisten und Orthopäden. Insgesamt waren es laut KV über 40 Millionen Euro, die im ersten Quartal bei den Hamburger Kassenärzten eingespart wurden.“
Vor diesem schwer zu deutenden Hintergrund möchten wir im Sinne eines Praxistipps noch einmal eine Passage aus der PRAXIS.KOMPAKT-Ausgabe der KW29 (~ Archiv öffnen) unverändert wiederholen:
Dagegen verweist die KV Nordrhein in ihrem Rundschreiben vom 19. Juni vor allem darauf, dass sie nach Prüfung „aller bisherigen Abrechnungen“ festgestellt habe, „dass in einer Vielzahl von Vermittlungsfällen die zugehörigen Zuschläge nicht … oder falsch abgerechnet worden sind.“ (~ Schreiben öffnen | im PDF Seite 2) – auch ein plausibler Grund, weshalb diese Abrechnungsoption bisher unter ihren Möglichkeiten zu bleiben scheint. Es folgt von der KVNO eine nochmalige Erläuterung, dass „bei der Abrechnung der Terminvermittlung durch den Hausarzt oder die Kinder- und Jugendärztin an die fachärztliche Kollegin … die GOP 03008/04008 (Zuschlag auf die Versichertenpauschale für die Terminvermittlung) anzugeben [ist]. Notwendige Kennzeichnungen sind die BSNR der vermittelten Fachärztin (Feldkennung 5003) und ab dem 24. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit auch die medizinische Begründung (Feldkennung 5009).“ Den unserer Meinung nach umfassendsten Überblick dazu gibt allerdings mit vielen Bildchen und druckbaren Einzeldarstellung die KV Bayerns: Konstellationen des TSVG seit 2023.
Der Schleswig-Holsteiner KV-Vorstand hat in dem Zuge angekündigt, noch einmal für die breite Nutzung und Akzeptanz der HAFA-Fälle in der Ärzteschaft zu werben. Denn, „anders als im Fall der Neupatienten sei für die extrabudgetäre Vergütung der HAFA-Fälle keine Bereinigung vorgesehen. Es sei daher im Facharztbereich möglich, durch HAFA-Fälle Verluste, die durch die Abschaffung der Neupatientenregelung entstanden seien, zu kompensieren. Dafür reiche, in Abhängigkeit von der Fachgruppe, vielfach eine Größenordnung von etwa 20 Prozent der bisherigen Neupatientenfälle.“
Gesagt, getan: Ende Juni wurde ein von vielen Facharztverbänden unterzeichneter Aufruf von der KVSH als PDF veröffentlicht, wonach, HAFA-Fälle … eine sinnvolle medizinische Option der Patientensteuerung seien, und betont wird, „dass die Honorare eine zusätzliche Vergütung – für Managementleistungen der Praxen – darstellen und nicht zulasten der Budgets gehen.“ In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift ‚Nordlicht‘ klingt der Appell dann noch einmal dringlicher: „Mit der Umsetzung der HAFA-Regelung bietet sich eine große Chance, die medizinisch wirklich wichtigen Fälle sicher, schnell und effizient zu behandeln. Bitte nutzen Sie diese Gelegenheit!“ (~ Heft 7/2023 | im PDF Seite 17)
ÄrzteZeitung v. 22.08.2023
„Entnervte Praxisteams“ | Neupatientenregelung: HNO-Verbandspräsident Jan Löhler erwartet Praxisaufgaben
Niedersächsisches Ärzteblatt Heft 7/2023 (im PDF ab Seite 37)
Wegfall der Neupatientenförderung vorerst weitestgehend kompensiert
NDR Radio v. 04.08.2023
Hamburg: Kassenärzte verzeichnen weniger Honorar als im Vorjahr
PATENTREZEPT KOOPERATION – GEMEINSAM FAIRSORGEN
MVZ im Fokus: Vielfältig. Flexibel. Transparent.
Im Kontext des Praktikerkongress‘ v. 22. September re-publizieren wir nachfolgend ausgewählte Themen & Beiträge aus dem Archiv der letzten Wochen, die einen Bezug zu einem der Kongressthemen haben, und in jedem Fall nach wie vor von hoher Relevanz für den Praxisalltag sind.
Benchmarkdaten zur Kostenstruktur von Arzt- & Zahnarztpraxen | Neue Erhebungsrunde mit Auskunftspflicht | Vergleichsdaten für 2021 veröffentlicht
Regelmäßig werden vom Statistischen Bundesamt im Auftrag des Bundes u.a. ausführliche Daten zur Kostenstruktur von Arztpraxen erfasst und veröffentlicht. Es handelt sich dabei – ähnlich wie bei der wahrscheinlich bekannteren Haushaltsbefragung (Mikrozensus) – um eine von Staats wegen organisierte Erhebung, für die eine Auskunftspflicht besteht und deren Ergebnisse dafür aber umfänglich öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Aktuell werden alle Berufsverbände informiert, dass ab Oktober die neue Erhebungsrunde beginnt. Die Stichproben liegt bei 7% aller MVZ und Praxen und wird „auf Basis einer rotierenden …Stichprobenziehung“ konkretisiert. Soll heißen, es werden andere 7 % angeschrieben als im letzten Jahr.
Bitte informieren Sie gegebenenfalls Ihre Standorte, dass die Schreiben der Statistik-Behörde ernst zu nehmen sind (~ § 5 Absatz 1 KoStrukStatG). Gegebenenfalls wird mit einem Zwangsgeld nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen nachgeholfen. D.h. für MVZ mit überörtlichen Verantwortlichkeiten gilt s sicherzustellen, dass die Post auch die richtige Stelle erreicht – denn angeschrieben werden natürlich die einzelnen Praxisstandorte. Ob Sie das betrifft? – Setzt man die Größe der Zufallsstichprobe in Bezug zu allen MVZ-Standorten, werden pi mal Daumen auch 300 MVZ Empfänger solcher Briefe sein.
Am 31. August wurden die Zahlen für das Jahr 2021 öffentlich gemacht. Dieser Bericht ist zwar weniger umfänglich als der alle vier Jahre erscheinende Vollbericht, der im Dezember 2021 mit dem Bezugsjahr 2019 erschienen ist (~ PDF | Fachserie 2 Reihe 1.6.1 – Berichtsjahr 2019). Allerdings sind sowohl der aktuelle Excel-Bericht als auch der über 500-Seiten starke Ergebnisband für 2019 eine wertvolle Fundgrube für Controller oder Geschäftsführer, die fachrichtungsbezogen Wirtschaftsbenchmarks suchen, auch wenn MVZ als Struktur darin keine gesonderte Berücksichtigung finden.
Destatis | Genesis-Online v. 31.08.2023
Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich 2021 (Cave! Der Bericht öffnet als komplexe Excel-Tabelle.)
Homepage von Destatis, bzw. der Statistischen Ländesämter
Informationen & Musterfragebogen zur Erhebung
FAQ zur Kostenstrukturanalyse im Medizinischen Bereich
Das MVZ als Politikum | Die Debatte als Thema der Publikumsmedien
Auf Bundesebene ist derzeit politische Sommerpause – uneingeschränkt spürt man das auch bei der MVZ-Thematik. Nachdem es im Frühjahr 2023 wirklich viele Wortmeldungen und Veröffentlichungen gegeben hat, war die nach langem Vorlauf am 16. Juni erfolgte Verabschiedung der Bundesratsentschließung zu MVZ (~ mehr Infos) der vorläufig letzte Akt offizieller Akteure. Aus Sicht der betroffenen MVZ ist die nun eingetretene Ruhe natürlich genauso wenig hilfreich, wie die aufgeregte Debatte zuvor. Denn die Ankündigung einer restriktiven Gesetzgebung bleibt weiter aktiv im Raum. Nur dass sich die Debatte in die Publikumsmedien verlagert – hier als Gegensatz zu gesundheitspolitischen Fachmedien gemeint. Sie erreicht dort die allgemeine Öffentlichkeit bei gleichzeitig noch weiterem Substanzverlust, was die Inhalte betrifft.
Im einem Feature des Deutschlandfunks erklärte Karl Lauterbach Ende Juni wörtlich auf die Frage, warum er bei den MVZ regulieren wolle: „Zum einen ist es dann oft so, dass es zu einer Rosinenpickerei der Patienten kommt. Das heißt, die Zentren konzentrieren sich auf besonders lukrative Patienten … Zum Zweiten: Es wird dann oft eine Medizin gemacht, die Gewinne abwerfen muss. Das heißt, es wird relativ billig praktiziert und diese billige Art zu praktizieren, die geht halt nur, wenn ich also die Patienten vorselektiere oder bestimmte Formen der Behandlung in den Vordergrund stelle, die gewinnträchtig sind, da sind die investorenetriebenen MVZ ein Problem.“ (~ Quelle | Minute 11) Sein baden-württembergischer Amtskollege Manne Lucha sekundiert in einem anderen Radiobeitrag – ebenfalls ohne Ansatz von Differenzierung: „Von Investoren betriebene MVZ dienen vorrangig den Interessen der jeweiligen Kapitalanleger. Hier gibt es Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge und natürlich spielen diese Interessen auch auf die Versorgungsebene, das heißt, Finanzinvestoren nehmen Einfluss auf Versorgung und das ist ein großes Risiko auch für die Integrität und Qualität von medizinischen Einrichtungen.“ (~ Quelle | Minute 22)
Es sind genau diese beständigen Wiederholungen allgemeiner Behauptungen, gemischt mit gefährlichen Halbwissen – auch und gerade in den Publikumsmedien – die mittlerweile relativ durchschlagend dafür sorgen, dass die MVZ-Debatte in und von der Mitte der Bevölkerung geführt wird. In der Folge gewinnen bloße Schlagworte und Überschriften in dem Maße an Durchschlagskraft, wie die differenzierte Betrachtung von Fakten noch weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Oder, wie es ein Journalist mal pointiert ausgedrückt hat: ‚Permanenz x Redundanz = Scheinevidenz‚.
Im Ergebnis werden singuläre Ereignisse rund um MVZ, bzw. den Betrieb einzelner MVZ betreffend, von den Nachrichtenredaktionen zwanghaft in den Kontext der ‚Investorenproblematik‘ gestellt. Beispielhaft zeigt dies etwa ein PlusMinus-Bericht vom 31. Mai, in dem die bloße Größe eines vertragsärztlichen(!) MVZ-Verbundes dazu ausreicht, diesen in die Investorenecke zu stellen (~ zur ARD Mediathek). Oder der Bericht in der Thüringer Allgemeinen, der mindestens in seiner Überschrift den planmäßigen Ausstieg des ärztlichen Gründers der Erfurter Kielstein-MVZ ein Jahr nach dem Einstieg einer Investorengruppe unmittelbar mit staatanwaltlichen Ermittlungen in Bezug setzt: Arzt und Unternehmer verlässt Kielstein-Geschäftsführung – Ermittlungen laufen. Als Gegenmodell wird dagegen – wie hier durch die hessische Lokalpresse – unkritisch das Modell des kommunalen MVZ dargestellt: Mehr Ärzte braucht das Land: Staatsminister besuchte MVZ in Schwarzenborn.
Diese Art der Berichterstattung hat Einfluss auf die Debatte und trägt sukzessive dazu bei, die Stimmung in Gesellschaft und Lokalpolitik zu verändern. D.h. sie ist relevant, wenn im Winter die MVZ-Debatte auf der politischen Ebene in eine neue Runde gehen wird. Diesbezüglich sagte Lauterbach im Übrigen im Deutschlandfunk: „Wir werden da etwas aushandeln, aber das Gesetz wird schnell kommen, wird gut kommen. Bund und Länder ziehen hier am gleichen Strang.“ (Minute 28) – während der SWR2-Beitrag mit dem dazu etwas widersprüchlichen Fazit schließt: „Die Bundesländer haben in einer Bundesratssitzung am 16. Juni den Entschließungsantrag für ein MVZ-Regulierungsgesetz gebilligt. Ein klarer Auftrag an den Bundesgesundheitsminister, ein Gesetz zu erarbeiten, das die Investoren stärker kontrolliert. Doch bis es kommt, werden Jahre vergehen.“ (Minute 27). Die Wahrheit wird mit einiger Wahrscheinlichkeit in der zeitlichen Mitte dieser beiden Prognosen liegen – siehe auch die BMVZ-Analyse: Das MVZ als Politikum v. Juni 2023.
SWR2 Wissen v. 28.06.2023 (Radiofeature 28 Minuten)
Geschäftsmodell Arztpraxis – Investoren im Gesundheitsmarkt
Deutschlandfunk v. 26.06.2023 (Radiofeature 32 Minuten)
Investoren kaufen Arztpraxen: Gesundheit als lukratives Geschäft
PATENTREZEPT KOOPERATION – GEMEINSAM FAIRSORGEN
MVZ im Fokus: Vielfältig. Flexibel. Transparent.
Im Kontext des Praktikerkongress‘ v. 22. September re-publizieren wir nachfolgend ausgewählte Themen & Beiträge aus dem Archiv der letzten Wochen, die einen Bezug zu einem der Kongressthemen haben, und in jedem Fall nach wie vor von hoher Relevanz für den Praxisalltag sind.
„von Beruf wichtig.de“ | Hippe Initiative zur Gewinnung von MFA-Azubis
Personalmangel wird in Praxis und MVZ mit Sicherheit ein Dauerbrenner bleiben. Das eigene Unternehmen dafür auch auf die Generation Z einzustellen, ist zudem kein Wochenprojekt und bedarf vieler Stellschrauben. In der vergangenen Ausgabe hatten wir, im Zusammenhang mit der Sonderauswertung des Zi-MVZ-Panels, auf die Wahrnehmung der MFA-Ausbildung verwiesen (PRAXIS.KOMPAKT KW 29). Daneben gilt: Obwohl der Lehrberuf der MFA sich weiter großer Beliebtheit erfreut, ist die Anzahl der Azubis keineswegs ausreichend, um den Bedarf zu decken. Die KBV hat auf das Nachwuchsproblem, in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer, reagiert und die Webseite „von Beruf Wichtig.de“ ins Leben gerufen. Im modernen ‚Schick‘ sollen hier Interessierte gelockt werden.
Die Webseite bietet, im Lesestil von Social-Media, kurze Einblicke in die Ausbildung und den Beruf, samt eines ‚Eignungstestes‘. Für den Praxisalltag mag es unter Umständen relevant sein, interessierte Jugendliche auf die Webseite zu verweisen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ohne Zweifel ist es jedoch relevant, dass die Ausbildungsverantwortlichen einmal selbst über die Webseite surfen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie der Beruf dort dargestellt wird und welche Erwartungen dadurch vielleicht geweckt werden. Die Webseite beinhaltet auch einen Bereich, der die Ausbildungsbetriebe selbst adressiert (~ direkt zu). Als Ergänzungslektüre empfiehlt sich die Darstellung des Virchow Bundes (~ direkt zu), in welcher weiterführend auch aktuelle Musterausbildungsverträge verlinkt sind.
Neben der übergreifenden Initiative „von Beruf wichtig.de“ gibt es teilweise auch nennenswerte KV-spezifische Maßnahmen, die Azubis und Ausbilder unterstützen können. So stellt die KV Berlin einen beachtenswerten Comic zur mündlichen Abschluss-Prüfung zur Verfügung (~ als PDF öffnen). Solch spielerische Maßnahmen mögen tatsächlich dem ein oder anderen gegen die Prüfungsangst helfen, oder gar gegen einen Ausbildungsabbruch wirken.
KBV-Mitteilung v. 05.07.2023
„Von Beruf wichtig“: Influencer werben für Ausbildung als MFA
Bundesärztekammer (Abruf: 01.08.2023)
Beruf MFA mit einem Link zu den Ausbildungsplatzbörsen
Verband medizinischer Fachberufe (Abruf: 01.08.2023)
Ausbildung zur MFA
Arztsuche der KV | Bundesweites Portal der KBV in direkter Nutzung der KVen – Kennen Sie Ihren Eintrag?
„Seit Mitte Juli 2023 verfügt der Internetauftritt der KVB über eine neue Technik und ein neues Design.“ (~ Quelle) – die KV Bayerns hat also ihrem Internetauftritt eine umfassende Frischkur gegönnt. Bedeutsam ist das hier deshalb, weil die Homepage seitdem nicht mehr über eine regionale Arztsuche verfügt. Das neue, bundesweit aufgestellte Ersatzmodell, macht es u.E. notwendig, dass sich Verantwortliche im MVZ systematisch und dauerhaft um eine Überprüfung der jeweils zu ihren Ärzt:innen eingetragenen Daten kümmern. Denn die KV verweist direkt auf die Arztsuche der KBV, die unter der Webseite zur Kampagne 116117 aufrufbar ist (~ direkt zu). Ähnlich verfahren im Übrigen auch bereits die KVen Berlin und R-Pfalz seit einiger Zeit, die allerdings die KBV-Engine in ihre eigene Webseite eingebettet haben – weshalb der Übergang zur bundesweiten Arztsuche hier kaum einem auffällt.
Und das ist auch die eigentliche Info: Die KBV publiziert seit Längerem eine eigene Arzt- & Psychotherapeutensuche, die sich zwar letztlich aus den Daten der 17 regionalen Arztverzeichnisse speist, aber in der Suchmaske sowie bei der Datenausgabe einen völlig anderen Schwerpunkt legt, als viele der regionalen Arztregister. Durch diese bundesweite Arztsuche erfährt das Angebot der regionalen KVen eine ganz neue Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Die Empfehlung lautet hier an alle Ärzte und MVZ-Verantwortlichen unbedingt die eigenen Einträge zu prüfen. Das gilt für alle Regionen, da auch KVen mit paralleler regionaler Arztsuche auf der 116117 erscheinen.
So stehen etwa Angaben zur Barrierefreiheit und zur Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren im Fokus – insbesondere aber werden auch je Arzt/Ärztin ganz konkret und tageweise Sprechstunden angegeben. Eine (sehr) kurze Stichprobe ergab, dass sich hier durchaus Widersprüche zu den Angaben auf den praxisindividuellen Webseiten finden lassen. Da die KBV-Suchmaschine (noch) streng auf den Einzelarzt fokussiert ist, fehlen entsprechend Angaben zur Praxisstruktur oder Träger, wie sie in den regionalen KV-Suchen gang und gäbe sind. Der Patient kann also nicht erkennen, ob Ärzte, die unter derselben Adresse gelistet sind, strukturell zusammengehören oder nicht. Allerdings hört man, dass eine Überarbeitung, die die Praxisstruktur mit einbezieht, in Arbeit sein soll.
Es soll an dieser Stelle nicht darum gehen, das neue Tool zu bewerten – das im Übrigen mit einer sehr guten funktionierenden Kartenanwendung und Standortsuche verknüpft ist. Vielmehr möchten wir Sie und Ihre Ärzt:innen darauf hinweisen, dass es existiert und wahrscheinlich zunehmend genutzt werden wird, während die Arztsuche auf den KV-Seiten für gewöhnlich nur von wenige Patient:innen gefunden wird. Außerdem wird die Datenmatrix und Such-Engine auch auf die offizielle BMG-Seite gesund.bund.de gespiegelt und dort – bei selbem Inhalt und Fokus – in leicht anderer Darstellung ebenfalls ausgegeben. MVZ und Praxisinhaber sollten die Einträge und ihre Richtigkeit in der bundesweiten KBV/BMG-Arztsuche auf jeden Fall im Blick haben.
Änderungen und Fehlerhinweise sind an die lokalen Registerbehörden zu melden, denn die KBV verfügt hier nicht über eigene Daten, sondern speist diese aus den KV-Regionen ein. Nach Auskunft der KBV gibt es etwa im Fall der KV Bayerns, der Anlass für diesen Bericht war, einen täglichen Datenabgleich, bei anderen KVen geschieht der Abgleich in deutlich größeren Abständen.
KBV für Patienten | 116117.de
Arzt- und Psychotherapeutensuche (bundesweit)
Medical Tribune v. 21.06.2023
Patientenberatung: Erfolglose Arztsuche ist ein brandheißes Thema
Orthinform v. 29.07.2021
Patientenumfrage: Darauf achten die Deutschen bei der Arztsuche