Update HaFa-Vermittlungsfälle | Auswirkung auf die Honorarumsätze des I. Quartals weiter unklar
Die Informationslage bleibt weiter schlecht bis widersprüchlich – zumindest gibt es bis heute keine KV-übergreifende Auswertung der Honorarentwicklung im ersten Quartal 2023, nachdem zuvor unter großem Protest der Ärzteschaft die TSVG-Neupatientenregelung ausgelaufen war. Natürlich verquicken sich hierbei diverse Honorareffekte und sicher ist es nicht ganz leicht, den alten Neupatientenbonus und die Honorarwirkungen der neuen HaFa-Vermittlung singulär zu betrachten. Aber umso interessanter ist es, dass die KV Niedersachsen jüngst vermeldete, dass der Wegfall der Neupatientenförderung im ersten Quartal kompensiert werden konnte. Bei den Fachärzten sei der Gesamtumsatz je Arzt um 2 – 3 % ggü. dem Vorjahresquartal gestiegen, bei den Hausärzten immerhin auch um 1 – 2 Prozent.
Ganz anders präsentiert sich das für die Fachgruppe der HNO-Ärzte deren Verbandspräsident, der Praxisaufgaben prophezeit. Er bezieht sich dabei auf Daten der Großstadt-KVen Hamburg und Berlin, nach denen der Praxisumsatz fallzahlbereinigt im Vergleich zum Vorjahr um rund 11 % (Berlin), bzw. 24 % (Hamburg) zurückgegangen sei. Tatsächlich dürften HNO-Praxen wie z.B. auch Internisten, die häufig auf Überweisung Untersuchungsleistungen erbringen und dabei die betreffenden Patienten typischerweise nur einmalig oder in großen Zeitabständen sehen, vergleichsweise stark von der Umstellung der Boni betroffen sein. Dieses Ergebnis passt zu den ersten Annahmen zur Wirkung der neuen Regelung, die wir bereits im November 2022 veröffentlicht hatten. (~ Vorläufige Konsequenzanalyse zur Neuregelung der TSVG-Fälle ab 1.1.2023)
Allerdings berichtet der NDR auch insgesamt für die Hamburger Vertragsärzteschaft von einem Einbruch der Umsätze: “Am größten ist das Minus bei den Hamburger Hausärzten: Im ersten Quartal dieses Jahres bekamen die gut 1.000 Praxen acht Millionen Euro weniger Honorar … ausgezahlt. Ein großes Minus machen auch die Internisten und Orthopäden. Insgesamt waren es laut KV über 40 Millionen Euro, die im ersten Quartal bei den Hamburger Kassenärzten eingespart wurden.”
Vor diesem schwer zu deutenden Hintergrund möchten wir im Sinne eines Praxistipps noch einmal eine Passage aus der PRAXIS.KOMPAKT-Ausgabe der KW29 (~ Archiv öffnen) unverändert wiederholen:
Dagegen verweist die KV Nordrhein in ihrem Rundschreiben vom 19. Juni vor allem darauf, dass sie nach Prüfung “aller bisherigen Abrechnungen” festgestellt habe, “dass in einer Vielzahl von Vermittlungsfällen die zugehörigen Zuschläge nicht … oder falsch abgerechnet worden sind.” (~ Schreiben öffnen | im PDF Seite 2) – auch ein plausibler Grund, weshalb diese Abrechnungsoption bisher unter ihren Möglichkeiten zu bleiben scheint. Es folgt von der KVNO eine nochmalige Erläuterung, dass “bei der Abrechnung der Terminvermittlung durch den Hausarzt oder die Kinder- und Jugendärztin an die fachärztliche Kollegin … die GOP 03008/04008 (Zuschlag auf die Versichertenpauschale für die Terminvermittlung) anzugeben [ist]. Notwendige Kennzeichnungen sind die BSNR der vermittelten Fachärztin (Feldkennung 5003) und ab dem 24. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit auch die medizinische Begründung (Feldkennung 5009).” Den unserer Meinung nach umfassendsten Überblick dazu gibt allerdings mit vielen Bildchen und druckbaren Einzeldarstellung die KV Bayerns: Konstellationen des TSVG seit 2023.
Der Schleswig-Holsteiner KV-Vorstand hat in dem Zuge angekündigt, noch einmal für die breite Nutzung und Akzeptanz der HAFA-Fälle in der Ärzteschaft zu werben. Denn, “anders als im Fall der Neupatienten sei für die extrabudgetäre Vergütung der HAFA-Fälle keine Bereinigung vorgesehen. Es sei daher im Facharztbereich möglich, durch HAFA-Fälle Verluste, die durch die Abschaffung der Neupatientenregelung entstanden seien, zu kompensieren. Dafür reiche, in Abhängigkeit von der Fachgruppe, vielfach eine Größenordnung von etwa 20 Prozent der bisherigen Neupatientenfälle.”
Gesagt, getan: Ende Juni wurde ein von vielen Facharztverbänden unterzeichneter Aufruf von der KVSH als PDF veröffentlicht, wonach, HAFA-Fälle … eine sinnvolle medizinische Option der Patientensteuerung seien, und betont wird, “dass die Honorare eine zusätzliche Vergütung – für Managementleistungen der Praxen – darstellen und nicht zulasten der Budgets gehen.” In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift ‘Nordlicht’ klingt der Appell dann noch einmal dringlicher: “Mit der Umsetzung der HAFA-Regelung bietet sich eine große Chance, die medizinisch wirklich wichtigen Fälle sicher, schnell und effizient zu behandeln. Bitte nutzen Sie diese Gelegenheit!” (~ Heft 7/2023 | im PDF Seite 17)
ÄrzteZeitung v. 22.08.2023
„Entnervte Praxisteams“ | Neupatientenregelung: HNO-Verbandspräsident Jan Löhler erwartet Praxisaufgaben
Niedersächsisches Ärzteblatt Heft 7/2023 (im PDF ab Seite 37)
Wegfall der Neupatientenförderung vorerst weitestgehend kompensiert
NDR Radio v. 04.08.2023
Hamburg: Kassenärzte verzeichnen weniger Honorar als im Vorjahr
Rote Karte für die Gesundheitspolitik | Teilnahmeaufruf an Protestaktion des MFA-Verbandes am 8. September
Es ist eine neue Qualität der aktuellen Honorardebatte, dass die Probleme rund um die (zu wenigen + oft zu schlecht bezahlten) MFA in den ambulanten Praxen eine vergleichsweise große Aufmerksamkeit erhalten. Hauptanteil daran hat der vmf (~ mehr über), der sich als Gewerkschaft der medizinischen Fachangestellten versteht. Für Freitag, den 8. September (12 – 15 Uhr) hat dieser nun erneut zu einer konzertierten Protestaktion aufgerufen und lädt möglichst viele Praxisteams, aber auch Patient:innen ein, sich dieser vor Ort – in Berlin, direkt vor dem Brandenburger Tor – anzuschließen (~ mehr Infos | Um Anmeldung wird wg. der Abstimmung mit der Polizei gebeten).
Auffällig ist dabei der Schulterschluss mit der Ärzteschaft – eine gegenseitige Unterstützungsleistung, die über die bisher üblichen Sonntagsreden durchaus hinausgeht. So hat die Bundesärztekammer ihre Unterstützung erklärt, ebenso wie zahlreiche ärztliche Fachverbände und die KBV (~ KBV-Mitteilung v. 31. August). Denn klar ist natürlich, beide Berufsgruppen können nicht ohne einander, obgleich sich die Forderungen der Ärzte, wie am 18. August öffentlich erhoben (~ PRAXIS.KOMPAKT KW 33) auf eine vergleichsweise elitäre Weise von denen des vmf unterscheiden. Es bleibt halt ein Unterschied – auch für die öffentliche Debatte – ob die Ärzteschaft höhere Honorare verlangt, oder ob mit den medizinischen Fachangestellten eine niedrig dotierte Berufsgruppe überhaupt um Respekt und zum Leben ausreichende Gehälter kämpft. Insofern ist es rückblickend natürlich bezeichnend, dass bei den Honorarforderungen in den vielen Reden der Ärztefunktionäre vom 18. August kaum ein verbindlicher Zusammenhang hergestellt wurde, dass dann auch den MFA angemessenere Gehälter gezahlt werden könnten (~ KBV-Forderungskatalog: Ärzteschaft fühlt sich von Politik allein gelassen).
Hier zeigt sich die Ambivalenz des vmf als Gewerkschaft, deren Arbeitgeber-Gegenpol ja eigentlich die Praxisinhaber:innen und MVZ-Träger sind, die sich aber eben systembedingt nicht wirklich gegen diese stellen kann. In der Folge fordert der vmf, ganz im Sinne der Ärzteschaft, dass “die verhandelten Tariferhöhungen vollumfänglich staatlich gegenfinanziert werden.”
Unabhängig von der Motivationsgrundlage: um den Druck auf BMG und Kassen zu erhöhen, mehr Geldmittel in den ambulanten Sektor zu bringen, ist es wichtig, dass am Protesttag möglichst viele Ärzte, MFA und Patienten vor Ort sind. Die Hauptforderungen nach ‘sicheren Honoraren für die von den Praxisteams erbrachten Leistungen’ und nach einer ‘Fachkräftestrategie, die MFA und ZFA stärkt und ihnen berufliche Perspektiven bietet’ – kann sicher jeder unterschreiben.
Verband der Medizinische Fachberufe (VMF) | Aktionstag am 08.09.2023
Forderungspapier des vmf – Rote Karte für die Gesundheitspolitik
Ärzteblatt v. 30.08.2023.
Bundesärztekammer unterstützt Protest des Praxispersonals
Hausarzt.digital v. 29.08.2023
“Ohne MFA sind Arztpraxen nicht funktionsfähig”
Der 17. Dezember naht | Nicht wenige MVZ-Träger trifft Verpflichtung zur Einrichtung von Hinweisgeberschutzportalen
Die Grundinformation hat vermutlich die meisten bereits erreicht: MVZ-Träger mit 50 und mehr Mitarbeitern müssen ab Dezember ein sogenanntes ‘Hinweisgeberschutzsystem’ einrichten. Dabei handelt es sich um sichere, ggf. anonyme Meldestrukturen, welche die Arbeitnehmer nutzen können und nutzen sollen, um bei ihrer beruflichen Tätigkeit erkannte Gefährdungen oder Schädigungen des öffentlichen Interesses zu melden. Aufgrund der ausdrücklichen Vorschrift, die seit 2. Juli 2023 in Kraft ist, liegt die Etablierung von Whistleblowing-Konzepten nicht länger im Ermessen der Geschäftsleitung.
Also nicht mehr zum Ob, sondern nur noch zum Wie besteht in Firmen ab 50 Mitarbeitern Spielraum. Maßgeblich für die Frage, welche MVZ betroffen sind, ist das gesellschaftsrechtliche Konstrukt, nicht die vertragsarztrechtliche Betriebsstätte. Betrachtet wird bei der Mitarbeiterzählung also die MVZ-Gesellschaft, für Konzerne gibt es die Möglichkeit, zentrale Meldestrukturen aufzulegen. Was das alles konkret im Kontext kleiner und mittlerer MVZ-Unternehmen bedeutet, und warum die konsequente Förderung interner Hinweisgebersysteme aus Trägersicht in vielerlei Hinsicht nutzbringend sein kann, beleuchten wir am Nachmittag des 22. September beim BMVZ PRAKTIKERKONGRESS (~ Kongressflyer als PDF | www.bmvz-kongress.de) in den zwei Vortragsparts des Block V.
Im Markt gibt es inzwischen eine ganze Reihe Anbieter, die sich als gesetzeskonforme externe Struktur andienen. Hier ist es ähnlich wie bei der Verpflichtung, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, eine Entscheidung, die jedes Haus für sich treffen muss, welches Vorgehen am besten passt. Nachfolgend haben wir auf Basis einer einfachen Google-Suche mit den Schlagworten ‘MVZ & Whistleblow*’ einige öffentlich zugängliche Meldeportale von MVZ-Betreibern als ‘Anschauungsmaterial’ verlinkt.
Praxisbeispiele | Wie es andere MVZ machen (Die Auswahl erfolgte willkürlich.)
Beispiel 1 | Beispiel 2 | Beispiel 3 | Beispiel 4 | Beispiel 5 |
Haufe.de v. 30.06.2023
Das gibt das Hinweisgeberschutzgesetz für Arbeitgeber vor
BMVZ-Orientierungshilfe v. 15.02.2023
Hinweisgeberschutzgesetz: Aktuelle Managementaufgabe auch für MVZ
Digitalgesetz an Bundestag übergeben | Starttermin und Sanktionen für die Pflichtanwendung eRezept unverändert
Das Lauterbach’sche Digitalgesetz hat eine neue Hürde genommen. Am Mittwoch, den 30. August wurde es vom Kabinett verabschiedet und damit das parlamentarische Verfahren eingeleitet (~ Volltextfassung vom 30. August). Zeitgleich zum Kabinettsbeschluss erklärte die gematik, dass ab sofort das eRezept auch flächendeckend in deutschen Apotheken per eGK einlösbar sei ~ Pressemitteilung v. 31.08.2023. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete das Ganze als Auftakt einer Aufholjagd auf dem Feld der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Aus Sicht der Praxen und MVZ fühlt sich dies naturgemäß anders an – die schleswig-holsteinische KV-Vorsitzende sprach kürzlich von einer “digitalen Vergewaltigung.” (vgl. auch Umfrage: Ärzte fühlen sich mit Digitalisierung allein gelassen). Neben den praktischen Problemen, dass die Technik zu lange braucht und/oder nicht zuverlässig funktioniert, geht es bei der aktuellen Debatte primär um die vom Gesetzgeber vorgesehenen Fristen und um die – bei Nicht-Einhaltung – geplanten Sanktionen. In diesen beiden Punkten hat die Beratungsphase zwischen Referentenentwurf und Kabinettsfassung keinerlei Änderung erbracht – sprich die Einwürfe der Ärzteverbände wurden vom BMG komplett ignoriert. (~ Stellungnahmen vdek | KBV |bvitg | BZÄK+KZBV | AOK-BV).
Im Entwurf weiterhin enthalten ist somit die Einführung des eRezeptes als Pflichtanwendung zum 1. Januar 2024 und für ein Jahr später die Implementierung der Opt-Out-ePA für alle Patient:innen. Im Gesetzesentwurf heißt es bezüglich des eRezeptes, dass die Leistungserbringer gegenüber der KV nachzuweisen haben, dass sie in der Lage sind, Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln elektronisch auszustellen und zu übermitteln. Andernfalls sollen die vertragsärztlichen Honorare pauschal um ein Prozent gekürzt werden. Ausnahmen soll es aber für diejenigen Praxen/Fachrichtungen geben, die erklären können, dass im Rahmen der Tätigkeit keine Rezeptverordnungen ausgestellt werden. Mit Blick auf die Patientenperspektive schreibt das BMG in dem unten verlinkten FAQ, zur Frage, ob es ein Opt-Out beim eRezept gäbe: “Nein. Für das E-Rezept gibt es kein Opt-out, da es das bisherige Papierrezept perspektivisch vollständig ersetzen wird. Patientinnen und Patienten, die zur Einlösung keine App nutzen wollen, können ihre eGK zur Einlösung nutzen oder die Zugangsdaten zu ihrem E-Rezept auch als Papierausdruck erhalten.”
Noch ist das Digital-Gesetz in der aktuellen Form nicht in Stein gemeißelt. Abzuwarten bleibt, ob und welche Änderungen der Entwurf im Bundestag erfährt. Praxen sollten sich jedoch tendenziell darauf einstellen, dass das Startdatum Januar 2024 bleibt und daher das bereits laufende Rollout-Verfahren nutzen, um Erfahrungen mit den neuen Prozessen zu sammeln. Die KV Bremen sieht das ähnlich und hat am 30. August eine kurze Einstiegshilfe veröffentlicht: eRezept: So können sich Praxen vorbereiten.
ÄrzteZeitung v. 31.08.2023
Digital-Gesetz: KBV-Vorständin Steiner wettert gegen Sanktionen und unrealistische Vorgaben
Apotheke Adhoc v. 30.08.2023
E-Rezept und ePA: Kabinett beschließt Digitalgesetze
Ärzteblatt v. 29.08.2023
Sanktionen beim elektronischen Rezept sollen ab 2024 greifen
FAQ des BMG zum Digitalgesetz
Fragen & Antworten zum eRezept, zur ePA und zur Telemedizin
Benchmarkdaten zur Kostenstruktur von Arzt- & Zahnarztpraxen | Neue Erhebungsrunde mit Auskunftspflicht | Vergleichsdaten für 2021 veröffentlicht
Regelmäßig werden vom Statistischen Bundesamt im Auftrag des Bundes u.a. ausführliche Daten zur Kostenstruktur von Arztpraxen erfasst und veröffentlicht. Es handelt sich dabei – ähnlich wie bei der wahrscheinlich bekannteren Haushaltsbefragung (Mikrozensus) – um eine von Staats wegen organisierte Erhebung, für die eine Auskunftspflicht besteht und deren Ergebnisse dafür aber umfänglich öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Aktuell werden alle Berufsverbände informiert, dass ab Oktober die neue Erhebungsrunde beginnt. Die Stichproben liegt bei 7% aller MVZ und Praxen und wird “auf Basis einer rotierenden …Stichprobenziehung” konkretisiert. Soll heißen, es werden andere 7 % angeschrieben als im letzten Jahr.
Bitte informieren Sie gegebenenfalls Ihre Standorte, dass die Schreiben der Statistik-Behörde ernst zu nehmen sind (~ § 5 Absatz 1 KoStrukStatG). Gegebenenfalls wird mit einem Zwangsgeld nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen nachgeholfen. D.h. für MVZ mit überörtlichen Verantwortlichkeiten gilt s sicherzustellen, dass die Post auch die richtige Stelle erreicht – denn angeschrieben werden natürlich die einzelnen Praxisstandorte. Ob Sie das betrifft? – Setzt man die Größe der Zufallsstichprobe in Bezug zu allen MVZ-Standorten, werden pi mal Daumen auch 300 MVZ Empfänger solcher Briefe sein.
Am 31. August wurden die Zahlen für das Jahr 2021 öffentlich gemacht. Dieser Bericht ist zwar weniger umfänglich als der alle vier Jahre erscheinende Vollbericht, der im Dezember 2021 mit dem Bezugsjahr 2019 erschienen ist (~ PDF | Fachserie 2 Reihe 1.6.1 – Berichtsjahr 2019). Allerdings sind sowohl der aktuelle Excel-Bericht als auch der über 500-Seiten starke Ergebnisband für 2019 eine wertvolle Fundgrube für Controller oder Geschäftsführer, die fachrichtungsbezogen Wirtschaftsbenchmarks suchen, auch wenn MVZ als Struktur darin keine gesonderte Berücksichtigung finden.
Destatis | Genesis-Online v. 31.08.2023
Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich 2021 (Cave! Der Bericht öffnet als komplexe Excel-Tabelle.)
Homepage von destatis, bzw. der Statistischen Ländesämter
Informationen & Musterfragebogen zur Erhebung
FAQ zur Kostenstrukturanalyse im Medizinischen Bereich
Politik & Praxisfragen kompakt zusammengefasst | Ganztags-Fortbildung für Verantwortliche aus MVZ, Arztnetzen und BAG
Der BMVZ PRAKTIKERKONGRESS bietet am Freitag, den 22. September, live und in Präsenz ein komprimiertes Wissens-Update zu Organisationsfragen der ambulant-kooperativen Versorgung – wie Sie es auch von unseren PRAXIS.KOMPAKT-Texten gewohnt sind. Es geht – um einige Aspekte herauszugreifen – um (fortgeschrittene) Lesekompetenz zum Honorarbescheid (~ Programmdetail) ebenso wie um die teils fragwürdige Spruchpraxis der KV bei Zweigstellengenehmigungen (~ Programmdetail) oder um Auswirkungen von Cyberkriminalität auf Arztpraxen (~ Programmdetail). Wir werfen auch einen Blick auf die Privatabrechnung im MVZ und die Frage, welche Optimierungsansätze und Analysen die MVZ-Leitung im GOÄ-Kontext im Blick haben sollte (~ Programmdetail).
Dabei geht es jeweils um die Perspektiven kooperativer Versorger als Arbeitgeber und betriebsverantwortliche Stellen. Im Fokus stehen zudem strategische Aspekte und die Konsequenzabschätzungen – im Positiven wie im Negativen – was von den Reformprojekten des BMG aus Perspekive der ambulanten Versorger zu erwarten ist. Zielgruppe sind daher alle interessierten (Zahn-)Ärzte, Psychologen und Praxismitarbeiter sowie gleichermaßen Dienstleister aus der komplementären Gesundheitswirtschaft.
- Sie brauchen ein effizientes Update zu relevanten Fragen des Praxisalltags und zur Führung einer Praxis mit angestellten Ärzt:innen?
- Sie suchen strategisches Wissen rund um den Betrieb von MVZ und zu dem, was in der Gesundheitspolitik derzeit vor sich geht?
- Sie würden sich gern mit anderen MVZ-Aktiven vernetzen und finden den Austausch mit Partnern der komplementären Gesundheitswirtschaft sinnvoll?
Nutzen Sie den 17. BMVZ PRAKTIKERKONGRESS für Ihren persönlichen Wissens- & Erfahrungstransfer!
Material des BMVZ | 22. September 2023
Programm- & Informationsflyer zum 17. BMVZ Praktikerkongress (PDF)
Kongresshomepage | direkt zu den Teilnahmebedingungen | Hotel & Übernachtung
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Zwischenbericht zur BSG-Entscheidung bzgl. der Unvereinbarkeit von Anstellung & Gesellschafterstatus | Schwere Hypothek für ärztliche MVZ-Gründer und-Betreiber
Im Januar 2022 hat das Bundessozialgericht eine Entscheidung gefällt, die seitdem das Leben ärztlicher MVZ-Gründer und ‑Inhaber deutlich verkompliziert. Bei ersteren, weil die Gründung als Alleingesellschafter oder als MVZ mit zwei gleichberechtigten Gesellschafterärzten als nicht mehr vereinbar mit der Selbstanstellung im eigenen MVZ gilt. Bei zweiterer Gruppe, weil solche heute nicht mehr gründungszulässigen Konstellationen zu Hauf existieren und die Gefahr droht, dass die Zulassungsausschüsse bei anstehenden gesellschaftsrechtlichen Veränderungen den Bestandsschutz der früher genehmigten Konstellation in Frage stellen. Dahinter verbirgt sich zudem ein relevantes, weil potentiell teures steuerrechtliches Problem. Für die Medizinrechtler und gleichermaßen die MVZ-erprobten Steuerberater sind damit verbundene Gestaltungsfragen seit anderthalb Jahren leidiger Alltag. Denn eine gute Lösung gibt es bis heute nicht. In gemeinsamer Zielstellung streben BMVZ und KBV daher in dieser Frage nach einer gesetzlichen Klarstellung (~ KBV tritt für Gesetzesanpassung nach Unvereinbarkeitsbeschluss des BSG ein).
Vor diesem Hintergrund ist der ausführliche und fachkundige Zwischenstand, den die ÄrzteZeitung in Ihrer Titelstory vom Ende Juli gegeben hat, ausgesprochen wichtig und wird hier in Teilen in etwas längeren Passagen wiedergegeben, da der Volltext nur Abonnenten zugänglich ist:
“Die sogenannte „Ein-Mann-GmbH“, eine der ärztlicherseits „relevantesten Konstellationen“ im MVZ-Geschäft, sei nach dem BSG-Urteil für diese Praxisform nun aber „so gut wie gestorben“. Ärztliche MVZ-Gründungen ließen deshalb erkennbar nach. Auch bei den Zulassungsausschüssen herrsche Verunsicherung; dort sei „die Zurückhaltung generell groß“, überhaupt noch „Anstellungen bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung in einer MVZ-GmbH zu genehmigen,“ wird ein Jurist zitiert. “Im Zweifel würden entsprechende Anträge auch mit Hinweis auf die „unklare Rechtslage“ zurückgewiesen.” Die absehbare Folge: Praxisinhaber verkaufen lieber gleich an eine Klinik oder einen Investor, „als die Handlungsoptionen nach dem BSG-Urteil auszuloten, da eine gerichtliche Klärung mehrere Jahre dauern kann.“
Die ÄrzteZeitung führt weiter aus:
Auf Nachfrage …. erklärte ein Sprecher, das Bundesgesundheitsministerium werde „im Anschluss an das Versorgungsgesetz I einen Entwurf zur Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für MVZ erarbeiten und sich in diesem Zusammenhang auch zu der Entscheidung (des BSG, Anm. d. Red.) positionieren.“ Wie diese Positionierung aussehen könnte, wird offengelassen. „Einen näheren Zeitplan“, wann sie erfolgen soll, könne man ebenfalls noch nicht mitteilen.” Im Anschluss wird der BMVZ zitiert. Auch wir sehen eine sozialrechtliche Nachjustierung als unbedingt notwendig, aber auch als unausweichlich an, denn: „Wenn es den Vertragsärzten als Trägergruppe zusätzlich schwergemacht wird, Medizinische Versorgungszentren zu gründen und zu betreiben, bleiben ja nur die nicht-ärztlichen Träger übrig. Das heißt, eine Nichtregulierung würde den erklärten Regierungszielen zuwiderlaufen.“
LinkedIn-Post des BMVZ v. 14.08.2023
“Während allenthalben hitzig gestritten wird, wie sich nicht-ärztliche MVZ-Betreiber beschränken lassen, vergisst die Politik augenscheinlich die ärztlichen Träger.”
ÄrzteZeitung v. 24.07.2023
So graben die Folgen eines BSG-Urteils vertragsärztlichen MVZ das Wasser ab
Orientierungshilfe des BMVZ v. 08.02.2022
Unvereinbarkeit von Anstellung und Gesellschafterstatus? Aktuelle BSG-Rechtsprechung
#Praxenkollaps | Bericht zur Krisensitzung von KBV und KVen v. 18. August
“Wir sind hier heute nicht, um zu jammern. Wer das behauptet, hat den Ernst der Lage nicht verstanden.”
Drohender Kollaps oder Jammern auf hohem Niveau? – fragte am 18. August die ARD in einem Bericht auf tagesschau.de und fasst damit die Wahrnehmungsambivalenz der jüngst in Berlin einberufenen Ärzteprotesttagung treffend zusammen. An dem Freitag hatten KVen und KBV zu einer so betitelten Krisensitzung eingeladen, zwischen 700 und 800 Ärzt:innen und vor allem Arztfunktionäre waren diesem Aufruf gefolgt. Und, obwohl es zumindest initial keinen Zusammenhang gibt, bilden der in einem eigenen Artikel dieser PRAXIS.KOMPAKT-Ausgabe behandelte Faktencheck des BMG zu Ausgewählten Daten & Fakten der ambulanten ärztlichen Versorgung und diese Protesttagung des KV-Systems eine inhaltliche Einheit. Beide Aktionen stehen augenfällig für das Verlassen der eigentlich üblichen und auf Ausgleich und Diplomatie bedachten Kommunikationsebene und zünden in Zeiten klammer Kassen neue Eskalationsstufen im Streit um Geld und Respekt.
Konkreter Anlass der ‚Krisensitzung‘, für die seit Anfang Juli eingeladen worden war, ist das Beginnen der jährlichen Honorarverhandlungen am 9. August und die berechtigte Sorge, dass die Vertragsärzte – wie im vergangenen Jahr – trotz Kostensteigerungen in zweistelliger Prozenthöhe wieder nur mit einem Honoraralibi abgespeist würden. Vielfach wurden daher im August Berichte wie dieser in der Frankfurter Allgemeine lanciert: Hausärzte: Wie die Praxiskosten explodiert sind. Als Aufreger hinzu kam allerdings besagter ‚BMG-Faktencheck‘ – mit dem Lauterbach letztlich der Ärzteschaft nicht nur sehr populistisch vorwirft, sich zu Unrecht als unterfinanziert darzustellen, sondern recht unverblümt auch erklärt, dass bei der Digitalisierung der ärztlichen Versorgung eigentlich alles top organisiert sei und, dass die Ärzte sich einfach mal nicht so anstellen sollten. Zu dieser reizorientierten Kommunikationsstrategie gehörte auch der Auftritt des Ministers am 9. August, bei dem vor laufender Kamera ein Arzt, ein Rentner und ein Apotheker demonstrierten, wie gut das eRezept praktisch funktionieren würde (~ E-Rezept & Co: Lauterbach will “Aufholjagd” | ZDF v. 9. August).
So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass die zweieinhalbstündige Ärztesitzung, mehrere Hauptüberschriften hatte: 1) die Forderung nach Honorarsteigerungen, die nicht nur die Inflation tatsächlich ausgleicht, sondern auch ein echtes Honorarplus erzeugt – 2) die Entlastung der Ärzteschaft durch Entbürokratisierung – 3) das Beklagen unausgereifter und teils als sinnlos empfundener digitaler Anwendungen. Diese Themen wurden ziemlich abwechslungsreich, und teils sehr persönlich mit kurzen Redeparts von jedem der 17 regionalen KV-Vorstände vorgetragen – was im Übrigen als Nebeneffekt einen interessanten Blick auf das doch sehr unterschiedlich verteilte Bühnentalent der KV-Funktionäre bot. Insgesamt wurde am Ende ein Forderungskatalog verabschiedet (~ als PDF öffnen), der in sieben Punkten zudem auch Themen wie die Ausbildungsproblematik, den Personalmangel und die Ambulantisierung umfasst, und der von einem 9-seitigen Lösungspapier begleitet wird (~ als PDF öffnen).
Hiervon wird sich vermutlich keiner der Beteiligten eine unmittelbare Wirkung versprechen und so stellt sich die Frage, welches Signal die Veranstaltung eigentlich senden sollte (und gesendet hat)?
Dazu ist festzuhalten, dass der Livestream, den man online nach wie vor abrufen kann (~ öffnen), allenfalls eine vage Ahnung von der Stimmung vor Ort vermittelt, da offensichtlich aus akustischen Gründen die Tonspur der Publikumsreaktionen runterreguliert wurde. Was so nicht vermittelt wird, ist die Wut und Frustration der angereisten Ärzt:innen, die sich – je nach Anlass – in heftigem Buhen oder Applaus ausdrückte und im Saal physisch stark spürbar war. Ohne Zweifel herrschte eine vor allem gegen Karl Lauterbach gerichtete Grundaggression, die durch die Reden der 17+1 K(B)V-Vorsitzenden teils gekonnt angeheizt wurde. Es scheint daher legitim, die ‚Krisensitzung‘ vor allem auch als Solidaritätssymbol der Ärzteschaft nach innen zu verstehen – als Zeichen der Funktionärsebene, dass die Sorgen des ‚kleinen Arztes‘ von den KVen als Interessenvertretung gesehen und verstanden werden.
Gleichzeitig verbirgt sich in dem Auftritt natürlich auch eine unverhohlene Drohung an den Minister und die Krankenkassen, dass die zaghaften Protestaktionen in 2022 und im ersten Halbjahr 2023 im Herbst/Winter jederzeit zu einem echten Ausnahmezustand gesteigert werden könnten. Denn tatsächlich ist für viele eigentlich duldsame Ärzt:innen durch die Kombination aus Kostensteigerungen, Zeitdruck und Digitalisierungszwang bei gleichzeitig fehlender Anerkennung ihrer Arbeit ein Punkt erreicht, der zu massiven und an die allgemeine Öffentlichkeit gerichtete Protestaktionen führen könnten – mit Lauterbach als symbolträchtige Personifizierung allen Übels. Eine solche breite Anti-Stimmung gab es zuletzt 2005/06 mit der damaligen Gesundheitsministerin Schmidt als Hassfigur: Ärztestreik “Ulla ist herzlos” (Stern v. 13.01.2006). Allerdings, und auch das ist aktuell zu konstatieren, interessieren sich die Patienten, bzw. die Publikumsmedien derzeit noch recht wenig für die Konflikte zwischen BMG und Vertragsärzten, wie ein kurzer Blick in die Medienreaktion auf die Krisensitzung zeigt: Deutschlandfunk | Zeit Online | Stern | ARD Tagesschau (ab Minute 6:30). Die Berichte bleiben tendenziell an der Oberfläche und reduzieren die Problematik auf die Forderung nach mehr Honorar.
Es wird daher die relevante Frage für den Herbst sein, ob es in dieser Causa der Ärzteschaft gelingt, Patienten und öffentliche Meinung auf ihre Seite zu ziehen, oder ob Minister Lauterbach, die Deutungshoheit, die er mit seinem ‚Faktencheck‘ im Moment durchaus erfolgreich beansprucht hat, behalten kann. Anders ausgedrückt: Tatsächlich geht es für die Öffentlichkeit genau um die im BMG-Faktencheck eingangs aufgeworfenen Fragen: „Wird die ambulante ärztliche Versorgung „kaputtgespart“? Wie hat sich das Einkommen der Praxen wirklich entwickelt? Sind die Praxen „unterfinanziert“? Wieviel verdienen Praxisinhaber im Durchschnitt?“ Maßgeblich wird hier also sein, ob es der KV-Welt gelingt, glaubwürdige Antworten zu liefern, die eben nicht als Jammern von Spitzenverdienern verstanden werden. Im Handelsblatt (~ Beitrag v. 15. August) wird zu diesem Befund passend der Ansatz diskutiert, dass „die Frage sei, ob das Gehalt für Ärzte ‚überhaupt noch der zentrale Kompensationsmechanismus sein kann.‘ Vielmehr sollte darüber nachgedacht werden, wie man die Arbeitsbelastung von Ärzten im Allgemeinen verbessern könne. Hier bräuchte es grundlegend neue Ansätze, wie die Arbeit von Ärzten organisiert werden [könne].“
Ärzteblatt v. 21.08.2023
Befürchteter Praxenkollaps: Der Protest geht weiter
Wirtschaftswoche v. 18.08.2023
„Praxen vor dem Kollaps“: Warum die Ärzte gegen Lauterbach rebellieren
KBV | #Praxenkollaps
Krisensitzung der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft – Praxen vor dem Kollaps