Arztsuche der KV | Bundesweites Portal der KBV in direkter Nutzung der KVen – Kennen Sie Ihren Eintrag?
“Seit Mitte Juli 2023 verfügt der Internetauftritt der KVB über eine neue Technik und ein neues Design.” (~ Quelle) – die KV Bayerns hat also ihrem Internetauftritt eine umfassende Frischkur gegönnt. Bedeutsam ist das hier deshalb, weil die Homepage seitdem nicht mehr über eine regionale Arztsuche verfügt. Das neue, bundesweit aufgestellte Ersatzmodell, macht es u.E. notwendig, dass sich Verantwortliche im MVZ systematisch und dauerhaft um eine Überprüfung der jeweils zu ihren Ärzt:innen eingetragenen Daten kümmern. Denn die KV verweist direkt auf die Arztsuche der KBV, die unter der Webseite zur Kampagne 116117 aufrufbar ist (~ direkt zu). Ähnlich verfahren im Übrigen auch bereits die KVen Berlin und R-Pfalz seit einiger Zeit, die allerdings die KBV-Engine in ihre eigene Webseite eingebettet haben – weshalb der Übergang zur bundesweiten Arztsuche hier kaum einem auffällt.
Und das ist auch die eigentliche Info: Die KBV publiziert seit Längerem eine eigene Arzt- & Psychotherapeutensuche, die sich zwar letztlich aus den Daten der 17 regionalen Arztverzeichnisse speist, aber in der Suchmaske sowie bei der Datenausgabe einen völlig anderen Schwerpunkt legt, als viele der regionalen Arztregister. Durch diese bundesweite Arztsuche erfährt das Angebot der regionalen KVen eine ganz neue Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Die Empfehlung lautet hier an alle Ärzte und MVZ-Verantwortlichen unbedingt die eigenen Einträge zu prüfen. Das gilt für alle Regionen, da auch KVen mit paralleler regionaler Arztsuche auf der 116117 erscheinen.
So stehen etwa Angaben zur Barrierefreiheit und zur Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren im Fokus – insbesondere aber werden auch je Arzt/Ärztin ganz konkret und tageweise Sprechstunden angegeben. Eine (sehr) kurze Stichprobe ergab, dass sich hier durchaus Widersprüche zu den Angaben auf den praxisindividuellen Webseiten finden lassen. Da die KBV-Suchmaschine (noch) streng auf den Einzelarzt fokussiert ist, fehlen entsprechend Angaben zur Praxisstruktur oder Träger, wie sie in den regionalen KV-Suchen gang und gäbe sind. Der Patient kann also nicht erkennen, ob Ärzte, die unter derselben Adresse gelistet sind, strukturell zusammengehören oder nicht. Allerdings hört man, dass eine Überarbeitung, die die Praxisstruktur mit einbezieht, in Arbeit sein soll.
Es soll an dieser Stelle nicht darum gehen, das neue Tool zu bewerten – das im Übrigen mit einer sehr guten funktionierenden Kartenanwendung und Standortsuche verknüpft ist. Vielmehr möchten wir Sie und Ihre Ärzt:innen darauf hinweisen, dass es existiert und wahrscheinlich zunehmend genutzt werden wird, während die Arztsuche auf den KV-Seiten für gewöhnlich nur von wenige Patient:innen gefunden wird. Außerdem wird die Datenmatrix und Such-Engine auch auf die offizielle BMG-Seite gesund.bund.de gespiegelt und dort – bei selbem Inhalt und Fokus – in leicht anderer Darstellung ebenfalls ausgegeben. MVZ und Praxisinhaber sollten die Einträge und ihre Richtigkeit in der bundesweiten KBV/BMG-Arztsuche auf jeden Fall im Blick haben.
Änderungen und Fehlerhinweise sind an die lokalen Registerbehörden zu melden, denn die KBV verfügt hier nicht über eigene Daten, sondern speist diese aus den KV-Regionen ein. Nach Auskunft der KBV gibt es etwa im Fall der KV Bayerns, der Anlass für diesen Bericht war, einen täglichen Datenabgleich, bei anderen KVen geschieht der Abgleich in deutlich größeren Abständen.
KBV für Patienten | 116117.de
Arzt- und Psychotherapeutensuche (bundesweit)
Medical Tribune v. 21.06.2023
Patientenberatung: Erfolglose Arztsuche ist ein brandheißes Thema
Orthinform v. 29.07.2021
Patientenumfrage: Darauf achten die Deutschen bei der Arztsuche
Abwarten ist keine Option | Erinnerung an Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Ein aktuelles, wenn auch noch nicht rechtskräftiges, Urteil des Landesarbeitsgerichtes München hat noch einmal bestätigt, dass sich Arbeitgeber nicht auf einer vermeintlichen Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung ‚ausruhen‘ können. Hintergrund ist das aktuelle Gesetzgebungsverfahren des Arbeitszeitgesetzes, das momentan erst in einer Referentenfassung (ArbZG-E) vorliegt, und zu dem momentan die Stellungnahmen laufen. Wir hatten in unserer Ausgabe der KW25 ~ Gesetzgebung zur elektronischen Arbeitszeiterfassung | Pflicht zur analogen Erfassung gilt weiterhin ab sofort schon im Titel ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Arbeitszeiterfassung bereits seit 2022 gilt. Das Landesarbeitsgericht hat diese Rechtsauffassung als gültig bekräftigt und stellt zudem klar, dass Unternehmen nur mit Einbindung des Betriebsrates über das ‚Wie‘ entscheiden könnten, während das ‚Ob‘ und ‚ab Wann‘ – wie gesagt – nicht zur Debatte stünden.
Für all jene, die bereits eine Zeiterfassung haben, seien in Ergänzung zum Thema noch einmal kurz die Aufbewahrungspflichten der Arbeitszeiterfassung ausgeführt: Auch nach heutigem Rechtsstand sind die Arbeitszeiterfassungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren (~ §16 ArbZG). CAVE! Im §16 ArbZG ist zwar nur von der Erfassung von Mehrarbeit die Rede, die oben genannte Rechtsauffassung bezieht sich aber auf ein rechtskräftiges Urteil des Bundesarbeitsgerichtes. Das BAG hat den Paragrafen somit teilweise ‚überschrieben‘, weshalb das neue ArbZG-E überhaupt existiert. Die Zweijahresfrist zur Aufbewahrung ist auch im neuen ArbZG-E unverändert vorgesehen. Allerdings weisen Rechtsforen darauf hin, dass es sich um eine Mindestfrist handelt und dass es erwägenswert ist, die Frist betriebsintern auf vier Jahre auszudehnen. Damit inkludiert das Unternehmen die dreijährige Verjährungsfrist auf Rechtsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, sowie die ‚theoretische‘ Vierjahresfrist zur Betriebsprüfung nach ‚§ 28p SGB IV Prüfung bei den Arbeitgebern‘.
Wer auch nach dem neuen ArbZG-E nicht (< 10 Mitarbeiter) oder erst versetzt (> 50, bzw. 250 Mitarbeiter) zur elektronischen Erfassung gezwungen sein wird, der sei an dieser Stelle daran erinnert, dass es sich bei den Arbeitszeitnachweisen um sensible Daten handelt, die entsprechend gelagert und entsorgt werden müssen. Ein Bedrucken der Rückseite von Papiertabellen wäre zwar umweltbewusst, aber nicht DSGVO-konform.
Apotheke Adhoc v. 01.08.2023
Arbeitszeiterfassung: Arbeitgebende dürfen nicht allein entscheiden
haufe.de v. 20.04.2023
Die Pläne des BMAS zur Arbeitszeiterfassung
„von Beruf wichtig.de“ | Hippe Initiative zur Gewinnung von MFA-Azubis
Personalmangel wird in Praxis und MVZ mit Sicherheit ein Dauerbrenner bleiben. Das eigene Unternehmen dafür auch auf die Generation Z einzustellen, ist zudem kein Wochenprojekt und bedarf vieler Stellschrauben. In der vergangenen Ausgabe hatten wir, im Zusammenhang mit der Sonderauswertung des Zi-MVZ-Panels, auf die Wahrnehmung der MFA-Ausbildung verwiesen (PRAXIS.KOMPAKT KW 29). Daneben gilt: Obwohl der Lehrberuf der MFA sich weiter großer Beliebtheit erfreut, ist die Anzahl der Azubis keineswegs ausreichend, um den Bedarf zu decken. Die KBV hat auf das Nachwuchsproblem, in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer, reagiert und die Webseite „von Beruf Wichtig.de“ ins Leben gerufen. Im modernen ‚Schick‘ sollen hier Interessierte gelockt werden.
Die Webseite bietet, im Lesestil von Social-Media, kurze Einblicke in die Ausbildung und den Beruf, samt eines ‚Eignungstestes‘. Für den Praxisalltag mag es unter Umständen relevant sein, interessierte Jugendliche auf die Webseite zu verweisen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ohne Zweifel ist es jedoch relevant, dass die Ausbildungsverantwortlichen einmal selbst über die Webseite surfen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie der Beruf dort dargestellt wird und welche Erwartungen dadurch vielleicht geweckt werden. Die Webseite beinhaltet auch einen Bereich, der die Ausbildungsbetriebe selbst adressiert (~ direkt zu). Als Ergänzungslektüre empfiehlt sich die Darstellung des Virchow Bundes (~ direkt zu), in welcher weiterführend auch aktuelle Musterausbildungsverträge verlinkt sind.
Neben der übergreifenden Initiative „von Beruf wichtig.de“ gibt es teilweise auch nennenswerte KV-spezifische Maßnahmen, die Azubis und Ausbilder unterstützen können. So stellt die KV Berlin einen beachtenswerten Comic zur mündlichen Abschluss-Prüfung zur Verfügung (~ als PDF öffnen). Solch spielerische Maßnahmen mögen tatsächlich dem ein oder anderen gegen die Prüfungsangst helfen, oder gar gegen einen Ausbildungsabbruch wirken.
KBV-Mitteilung v. 05.07.2023
„Von Beruf wichtig“: Influencer werben für Ausbildung als MFA
Bundesärztekammer (Abruf: 01.08.2023)
Beruf MFA mit einem Link zu den Ausbildungsplatzbörsen
Verband medizinischer Fachberufe (Abruf: 01.08.2023)
Ausbildung zur MFA
Rechtsprechung | Ist die Vertretung angestellter Ärzte nach deren Ausscheiden genehmigungs- oder nur anzeigepflichtig?
Alle vertragsärztlich Tätigen oder im MVZ entsprechend Verantwortlichen kennen die Grundregel für Vertretungen: Danach gibt es kurze Vertretungen (max. 1 Woche), die zu dokumentieren sind, mittlere Vertretung (mehr als eine Woche bis 3 Monate) die der KV aktiv anzuzeigen sind (+ dokumentiert werden müssen) sowie lange Vertretungen (mehr als drei Monate), die man sich genehmigen lassen (+ dokumentieren) muss. Dass dabei die Begründungen, wann überhaupt eine Vertretung stattfinden darf, stark beschränkt sind, gehört ebenso zum Grundwissen. Strittig war in einem aktuellen Verfahren aber nun die Frage, ob im Sonderfall der bis zu 6 Monaten Dauer zulässigen nachgelagerten Vertretungen von angestellten Ärzten, die also ihre Tätigkeit nicht länger ausüben, eine Genehmigungspflicht besteht. Spoiler: Das SG Marburg entschied im März 2023, dass Nein.
Der Fall, vereinfacht dargestellt: Ein hessisches MVZ wollte – nachdem ein Arzt gekündigt hatte – die Zeit von sechs Wochen bis zur nächsten Zulassungsausschusssitzung damit überbrücken, dass die Stelle durch genau den Arzt vertreten wird, für den dann in der ZA-Sitzung auch die Anstellungsgenehmigung beantragt werden sollte. Die KV versagte diese Genehmigung – und zwar deshalb, weil es in diesem besonderen Fall um den Bereich Psychotherapie und um besondere genehmigungspflichtige Leistungen ging, für die wiederum besondere Vertretungsregeln gelten. Der folgende Rechtsstreit war entsprechend inhaltlich zweiteilig: 1) Musste die KV die Vertretung nach § 32 b Absatz 6 ZV-Ärzte überhaupt genehmigen? – 2) Durfte der Vertreter in dieser Funktion auch genehmigungspflichtige Leistungen erbringen, bzw. durfte die KV diese Genehmigung versagen? Dieser zweite Teil des Rechtsstreites ging für das MVZ negativ aus, d. h. das SG Marburg befand, dass der Vertreter lediglich genehmigungsfreie Leistungen hätte erbringen dürfen.
Viel spannender und für alle Fächer relevanter ist daher Fragenkomplex 1:
Musste die sogenannte Vakanzvertretung überhaupt der KV zur Genehmigung vorgelegt werden – oder andersherum: War das Versagen der vom MVZ beantragten Genehmigung rechtens? Das SG Marburg entschied in diesem Punkt nach den Buchstaben des Gesetzes, respektive der ZV-Ärzte. Danach besteht “eine Genehmigungspflicht nach § 32 Abs. 2 …. nicht, da § 32b Absatz 6 Satz 1 Ärzte-ZV ausdrücklich nicht auf Absatz 2 der Vorschrift verweist.” Da also der Absatz, der die Vertretung nach Ausscheiden eines angestellten Arztes regelt, nicht Bezug auf die Klausel der Vertragsärzte nimmt, wonach “für die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten […] die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich” ist, besteht auch keine Genehmigungspflicht. Vakanzvertretungen, auch über den Zeitraum über drei Monate hinaus, wären demnach lediglich anzeigepflichtig. Den Volltext der Entscheidung können Sie hier abrufen: 15.03.2023 – Az. S 17 KA 130/22
Relevanz der Entscheidung: Seitens des SG Marburg ist schon der ein oder andere allgemein relevante Beschluss zu MVZ gefasst worden. Nichtsdestotrotz stehen über ihm noch die Instanzen des Landessozialgerichtes Darmstadt sowie des Bundessozialgerichtes. D.h. wir haben es hier möglicherweise nicht mit einer rechtskräftigen Entscheidung zu tun. Andererseits beleuchtet das Sozialgericht klar einen Umstand, der dem Wortlaut der Zulassungsverordnung nach eigentlich unstrittig ist – wie das Gericht auch sauber herausarbeitet. Nur wissen wir, dass KV-regional dieser Punkt teils anders gehandhabt wird. Insofern kann es gut sein, dass diese SG-Entscheidung die ein oder andere KV zum Umdenken bringt und damit das Vertretungsverfahren bei Anstellungsende etwas einfacher wird.
Ein Gegenbeispiel ist die KV BaWü, wo auch bisher schon klar lediglich die Anzeige solcher Vertretungen gefordert wird: “Auch im Falle einer Kündigung oder Freistellung oder im Falle des Todes des angestellten Arztes darf für einen Zeitraum von sechs Monaten ein Vertreter (§32b Abs. 6 Ärzte-ZV) bestellt werden. (…) Eine entsprechende Anzeige ist in diesem Fall über das Online-Meldeformular einzureichen.” (~ FAQ Vertreter der KV BAWü). Sehr übersichtlich zusammengefasst hat das die KV auch in einer ‘Vertreter-Matrix‘ – die diesen Aspekt, nun vom SG Marburg juristisch beleuchtet, ebenfalls für ihren Bereich als Fakt präsentiert.
ÄrzteZeitung v. 05.07.2023
Vertretung angestellter Psychotherapeuten nicht genehmigungspflichtig
Newsletter KMH Medizinrecht v. 30.06.2023
Vertretungen: Anzeige- oder genehmigungspflichtig?
Beck Aktuell v. 06.06.2023
Vakanzvertretungen bei psychologischen Psychotherapeuten – Anzeige- oder Genehmigungspflicht
Datenschutz | Videoüberwachung in der Praxis – Datenschutzbehörde definiert Grenzen
Die ÄrzteZeitung hat kürzlich einen Fall aus Thüringen aufgegriffen, bei dem der Datenschutzbeauftragte eine Praxis abmahnte, die Videoüberwachung des Wartebereiches einzustellen (~ Link zum Artikel). Im Zusammenhang mit unserem Artikel „Krawall am Praxistresen“ (~ PRAXIS.KOMPAKT KW 19), indem wir Berichte bezüglich der zunehmende Aggressivität in den Praxen zusammengetragen hatten, scheint diese Reaktion auf eine Videoüberwachungsmaßnahme relevant. Allerdings ist der Fall selbst etwas anders gelagert. Die Begründung der Praxis, den Wartebereich zu überwachen, war, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Patienten erkennen zu wollen. Außerdem, während der Nacht, als Einbruchsprävention. Tagsüber wurden die Aufnahmen nicht gespeichert, nachts für wenige Stunden. Soweit zur Ausgangslage (~ mehr Details im Thüringer Landesdatenschutzbericht | im PDF Seiten 109ff).
Gegen die nächtliche Überwachung hatte der Datenschutzbeauftragte nichts einzuwenden, sehr wohl aber gegen den Einsatz der Videokamera tagsüber. Die Begründung fährt hier mehrgleisig: Die Maßnahme sei nicht geeignet, den Gesundheitszustand zu überwachen und abgesehen davon, sei dies ein „erheblicher Eingriff in die Interessen der Patienten“ und stelle einen „erheblichen Überwachungsdruck“ dar. Wie bei vielen Datenschutzfragen, handelt es sich auch hier um eine Abwägung der Interessen. Spannend werden zukünftig Entscheidungen, bei denen die Videoüberwachung durch die Praxen vermehrt mit der Sicherheit der Angestellten begründet werden. Sollte diese sich weiter verschlechtern, bleibt abzuwarten, wo die jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten die Prioritäten setzen. Fakt ist: In der eigenen Betriebsstätte eine Kamera anzubringen, sollte wohlüberlegt sein. Nachfolgend haben wir exemplarisch eine Datenschutzkanzlei verlinkt, welche die Materie aufgearbeitet hat: Videoüberwachung in Arztpraxen und Datenschutz.
Thüringer Allgemeine v. 27.07.2023
Videokamera im Warteraum: Thüringen erließ 55 Bußgeldbescheide wegen Datenschutz
Ärzteblatt v. Dez. 2020
Videoüberwachung: Zulässigkeit in der Arztpraxis
zm online v. Aug. 2019
Keine Videoüberwachung im Empfangsbereich erlaubt!
Steuerrecht: Gericht bestätigt Ansetzbarkeit kalkulatorischer Gewinne in praxiseigenen Zahnarztlaboren
Die Zurechnung von kalkulatorischen Gewinnen in praxiseigenen Zahnarztlaboren ist bereits Normalität. Insofern ist die nachfolgende Meldung auch nur für jene Zahnarztpraxen, die ein solch prothetisches Labor betreiben, interessant, da sie sich nun – höchstrichterlich entschieden – in Sicherheit wiegen können. Durch die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes werden, nach Interpretation der Fachzeitschrift zm, die „Inhaber und Inhaberinnen eines zahnärztlichen Praxislabors per höchster Instanz in ihrer Tätigkeit“ bekräftigt (~ zum Artikel). Konkret hatte der BGH einen Revisionsantrag der Wettbewerbszentrale zurückgewiesen und damit ein Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt bestätigt. Die Wettbewerbszentrale hatte Bedenken angemeldet, wohl auch in Hinblick auf die zahntechnischen Einrichtungen. Das Nachrichtenportal ZWP online fasste das Frankfurter Urteil wie folgt zusammen: „Der Wortlaut der Regelung des Paragrafen 9 Absatz 1 GOZ („angemessene Kosten“) lässt es zu, einen maßvollen, den betriebswirtschaftlichen Maßstäben entsprechenden, kalkulatorischen Gewinnanteil des praxiseigenen Labors zu berücksichtigen.“ (~ zum Artikel) Erwartungsgemäß begrüßt die BZÄK das Urteil und sieht die Vorteile der prothetischen Versorgung aus einer Hand vor allem in ländlichen Raum. Unterm Strich gibt es somit eine Bestätigung für den Status quo.
Landeszahnärztekammer BaWü v. 19.07.2023
BGH bestätigt Zulässigkeit eines kalkulatorischen Gewinnanteils
PA – Privatliquidation Aktuell v. 15.06.2021
Eigenlabor: Wann ist der kalkulatorische Gewinnanteil angemessen?
Onlineterminbuchung | Doctolib und die Verantwortungsfrage
Die französische Firma Doctolib als bekanntes Terminbuchungsportal steht in vielerlei Hinsicht symbolträchtig für eine Branche, die einen zunehmenden Einfluss auf die medizinische Versorgung bekommt. Aus diesem Grund scheint es von Zeit zu Zeit angebracht, die Entwicklungen rund um Doctolib zu beleuchten. Zum Julibeginn wurde berichtet, dass das Unternehmen ein sogenanntes C5-Zertifikat des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz BSI, erhalten hat. Wer meint sich zu erinnern, dass Doctolib mit der BSI-Zertifizierung schon vorher warb, liegt nicht ganz falsch. Nur handelte es sich dabei um eine Bescheinigung der „British Standards Institution“.
Nach Protest hatte Doctolib hier zu Beginn des Jahres Klarheit geschaffen. Das jetzige C5-Testat des deutschen und für hiesige Praxen relevanten BSI basiert auf dem C5-Kriterienkatalog, der die Sicherheitsstandards von cloudbasierten Anwendungen bescheinigt. Das klingt erst einmal nach Langerweile. Allerdings berichtete nun selbst die Tagesschau am 11. Juli über eine wahrnehmbare Zunahme an Cyberangriffen auf Krankenhäuser und Praxen (~ zum Artikel). Die C5 Zertifizierung gilt allgemein für SaaS-Anbieter (Software as a Service) und soll vor allem gegen solcherlei Attacken absichern.
Warum das ganze relevant für den Praxisalltag ist, fasste der änd in einem Artikel vom März dieses Jahres, in einem lakonischen Satz zusammen: „Tenor: Am Ende des Tages ist eh der Arzt in der Praxis für alles verantwortlich.“ (~ zum Artikel) Das sei im übertragenen Sinne die Antwort des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten auf eine Anfrage des änd gewesen. Zurzeit laufen in Berlin nämlich mehrere Verfahren gegen Doctolib. Allerdings ist bis dato noch nicht vollends geklärt, wo sich denn konkret der Gerichtsstand des Unternehmens befindet, was relevant für die Durchsetzbarkeit deutscher Standards ist. Das Fachjournal zm online zitiert einen Gutachter, der die Verantwortung klar bei der deutschen Unternehmenstochter Doctolib GmbH sieht. Eine finale Entscheidung wurde wohl bis dato nicht getroffen. (~zm | Heft 7/2023 v. 01.04.2023) Bei den Verfahren geht es vorwiegend um unbeantwortete Löschungsgesuche und unerwünschte Werbung von und bei Nutzern. Unschöne Nebenerscheinungen, die nicht zuletzt das Arzt-Patienten-Verhältnis beeinträchtigen können, wenn MVZ und Praxen solche Apps nutzen und Patienten darauf verweisen.
Trotz alledem sind Anbieter wie Docotlib nicht wegzudenken. Datenschutzbedenken und unbestreitbarer Nutzen stehen hier in einem ambivalenten Verhältnis, das sicher auch weiter für Zündstoff sorgen wird. Ob eine Förderung von Praxen, welche entsprechende private Anbieter nutzen, wie im Januar von der FDP vorgeschlagen, tatsächlich Einzug in ein Gesetz hält, bleibt auch weiter offen (~ apotheke adhoc v. 24.01.2023). Somit ist es auch für die MVZ eine freie Entscheidung auf einem offenen Markt, wie und mit welchen Anbietern ein moderner und sicherer Patientenservice gestaltet wird. Hilfreich kann bei der Auswahlentscheidung die BMVZ-Arbeitshilfe ‘Praxisfragen beim Betrieb von Online-Terminkalendern’ sein: Onlineterminkalender unter Beobachtung (Stand: Juni 2022).
ÄrzteZeitung v. 04.07.2023
Neues Zertifikat für Clouddienste im Gesundheitswesen vergeben
ÄrzteZeitung v. 03.07.2023
Gesundheit in der Cloud ist jetzt erlaubt
Apotheke Adhoc v. 07.02.2023
Telemedizin: Drittanbieter schöpfen Daten ab
Rechtsprechung zu ärztlichen Aufklärungsgesprächen | Urteile über Bedenkzeiträume und Wortwahl
Das Thema Haftbarkeit in der Patientenkommunikation ist stets sensibel und wird nicht selten vor Gerichten nach den Umständen ausgelegt. Wer damit in seinem Fachgebiet im Speziellen mit Einverständniserklärungen in Berührung kommt, den sollte die folgende Ausführung interessieren: In einem Urteil vom Dezember 2022 (BGH VI ZR 375/21) war der Verhandlungsgegenstand die Zeit, die zwischen der Aufklärung und der Einwilligung des Patienten vergehen muss. Im zweiten Urteil ging es um die Wortwahl in einem Aufklärungsbogen (Az. VI ZR 342/21). Sofern das eigene MVZ operativ tätig ist, lohnt sich in Folge dieser beiden BGH-Entscheidungen ein kontrollierender Blick auf die eigenen Aufklärungsroutinen.
Zeit zwischen Aufklärung & OP:
Ausgangspunkt im ersten Fall war das OLG Bremen, das einem Patienten Recht gab, der beanstandet hatte, zwischen dem Aufklärungsgespräch und der Unterschrift hätte es keine Bedenkzeit gegeben. Das OLG Bremen hatte hier das Erscheinen des Patienten einige Tage später zum OP-Termin nicht als konkludente Einwilligung anerkannt. Dem widersprach der BGH und wertete die Duldung der Operationsvorbereitung als Einverständnis. Für den Praxisalltag ist daraus folgender Schluss zu ziehen: Wann und (selbstredend) ob der Patient einwilligt, liegt bei ihm. Bittet sich der Patient Bedenkzeit aus, ist diese einzuräumen. Willigt er umgehend ein, so ist dies anzuerkennen, wenn der aufklärende Arzt den Eindruck hat, der Patient wäre zur Einwilligung in der Lage. Die weiteren Ausführungen des BGH dazu sind auch für Nichtjuristen gut zu verstehen (~ Volltext der BGH-Entscheidung).
Wortwahl bei der Risikoaufklärung:
Im zweiten Fall ging es darum, dass nach Auffassung der Klägerin die Operationsrisiken im Aufklärungsbogen verharmlosend dargestellt worden wären. So waren die Passagen „schwere und dauerhafte Ausfälle“ im Aufklärungsbogen nicht unterstrichen und als „selten“ bezeichnet worden. In diesem speziellen Fall lag die Wahrscheinlichkeit der schweren und moderaten Komplikation aber bei über 50 Prozent. Das BGH sah die Wortwahl in dem Bogen als unzutreffend an und gab der Patienten recht. Als Quintessenz für den Praxisalltag folgt daraus, dass Ärzte nicht nur ihre eigenen Formulierungen sorgfältig wählen, sondern auch die Formulierung im Aufklärungsbogen patientenindividuell ausführen müssen.
Im Fachjournal Monitor der Ecclesia Versicherungsgruppe wird darauf verwiesen, dass Ärzte „für eine von dem Formular hervorgerufenen Fehlvorstellung [haften] sofern sie […] diese falsche Annahme nicht aufklären.“ In einem unten verlinkten Mitteilungsblatt der Ärztekammer Sachsen Anhalt werden ab Seite 41 die Fälle noch einmal beispielhaft beleuchtet und darauf verwiesen, warum der Satz: „Ich bin ausreichend informiert worden, habe alles verstanden und ich hatte genügend Bedenkzeit“ im Aufklärungsbogen problematisch sein könnte. Als Leseempfehlung möchten wir ergänzend auf einen kürzlich im Ärzteblatt erschienenen Text zur ärztlichen Kommunikation von Risiken und Wahrscheinlichkeiten gegenüber Patienten verweisen: Patientenaufklärung: Wie Risiken besser kommuniziert werden können.
Ärztekammer Sachsen-Anhalt (Patientenaufklärung, S.41ff.)
Ärzteblatt Sachsen-Anhalt, Heft 3/23 (PDF)
Arzt und Wirtschaft v. 05.06.2023
So verwenden Sie Vordrucke zur Patientenaufklärung rechtssicher
BDO Legal (RA) v. 22.11.2022
Aktuelles: BGH: Trügerische Sicherheit durch Aufklärungsbögen
Das MVZ als Politikum | Die Debatte als Thema der Publikumsmedien
Auf Bundesebene ist derzeit politische Sommerpause – uneingeschränkt spürt man das auch bei der MVZ-Thematik. Nachdem es im Frühjahr 2023 wirklich viele Wortmeldungen und Veröffentlichungen gegeben hat, war die nach langem Vorlauf am 16. Juni erfolgte Verabschiedung der Bundesratsentschließung zu MVZ (~ mehr Infos) der vorläufig letzte Akt offizieller Akteure. Aus Sicht der betroffenen MVZ ist die nun eingetretene Ruhe natürlich genauso wenig hilfreich, wie die aufgeregte Debatte zuvor. Denn die Ankündigung einer restriktiven Gesetzgebung bleibt weiter aktiv im Raum. Nur dass sich die Debatte in die Publikumsmedien verlagert – hier als Gegensatz zu gesundheitspolitischen Fachmedien gemeint. Sie erreicht dort die allgemeine Öffentlichkeit bei gleichzeitig noch weiterem Substanzverlust, was die Inhalte betrifft.
Im einem Feature des Deutschlandfunks erklärte Karl Lauterbach Ende Juni wörtlich auf die Frage, warum er bei den MVZ regulieren wolle: “Zum einen ist es dann oft so, dass es zu einer Rosinenpickerei der Patienten kommt. Das heißt, die Zentren konzentrieren sich auf besonders lukrative Patienten … Zum Zweiten: Es wird dann oft eine Medizin gemacht, die Gewinne abwerfen muss. Das heißt, es wird relativ billig praktiziert und diese billige Art zu praktizieren, die geht halt nur, wenn ich also die Patienten vorselektiere oder bestimmte Formen der Behandlung in den Vordergrund stelle, die gewinnträchtig sind, da sind die investorenetriebenen MVZ ein Problem.” (~ Quelle | Minute 11) Sein baden-württembergischer Amtskollege Manne Lucha sekundiert in einem anderen Radiobeitrag – ebenfalls ohne Ansatz von Differenzierung: “Von Investoren betriebene MVZ dienen vorrangig den Interessen der jeweiligen Kapitalanleger. Hier gibt es Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge und natürlich spielen diese Interessen auch auf die Versorgungsebene, das heißt, Finanzinvestoren nehmen Einfluss auf Versorgung und das ist ein großes Risiko auch für die Integrität und Qualität von medizinischen Einrichtungen.” (~ Quelle | Minute 22)
Es sind genau diese beständigen Wiederholungen allgemeiner Behauptungen, gemischt mit gefährlichen Halbwissen – auch und gerade in den Publikumsmedien – die mittlerweile relativ durchschlagend dafür sorgen, dass die MVZ-Debatte in und von der Mitte der Bevölkerung geführt wird. In der Folge gewinnen bloße Schlagworte und Überschriften in dem Maße an Durchschlagskraft, wie die differenzierte Betrachtung von Fakten noch weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Oder, wie es ein Journalist mal pointiert ausgedrückt hat: ‘Permanenz x Redundanz = Scheinevidenz‘.
Im Ergebnis werden singuläre Ereignisse rund um MVZ, bzw. den Betrieb einzelner MVZ betreffend, von den Nachrichtenredaktionen zwanghaft in den Kontext der ‘Investorenproblematik’ gestellt. Beispielhaft zeigt dies etwa ein PlusMinus-Bericht vom 31. Mai, in dem die bloße Größe eines vertragsärztlichen(!) MVZ-Verbundes dazu ausreicht, diesen in die Investorenecke zu stellen (~ zur ARD Mediathek). Oder der Bericht in der Thüringer Allgemeinen, der mindestens in seiner Überschrift den planmäßigen Ausstieg des ärztlichen Gründers der Erfurter Kielstein-MVZ ein Jahr nach dem Einstieg einer Investorengruppe unmittelbar mit staatanwaltlichen Ermittlungen in Bezug setzt: Arzt und Unternehmer verlässt Kielstein-Geschäftsführung – Ermittlungen laufen. Als Gegenmodell wird dagegen – wie hier durch die hessische Lokalpresse – unkritisch das Modell des kommunalen MVZ dargestellt: Mehr Ärzte braucht das Land: Staatsminister besuchte MVZ in Schwarzenborn.
Diese Art der Berichterstattung hat Einfluss auf die Debatte und trägt sukzessive dazu bei, die Stimmung in Gesellschaft und Lokalpolitik zu verändern. D.h. sie ist relevant, wenn im Winter die MVZ-Debatte auf der politischen Ebene in eine neue Runde gehen wird. Diesbezüglich sagte Lauterbach im Übrigen im Deutschlandfunk: “Wir werden da etwas aushandeln, aber das Gesetz wird schnell kommen, wird gut kommen. Bund und Länder ziehen hier am gleichen Strang.” (Minute 28) – während der SWR2-Beitrag mit dem dazu etwas widersprüchlichen Fazit schließt: “Die Bundesländer haben in einer Bundesratssitzung am 16. Juni den Entschließungsantrag für ein MVZ-Regulierungsgesetz gebilligt. Ein klarer Auftrag an den Bundesgesundheitsminister, ein Gesetz zu erarbeiten, das die Investoren stärker kontrolliert. Doch bis es kommt, werden Jahre vergehen.” (Minute 27). Die Wahrheit wird mit einiger Wahrscheinlichkeit in der zeitlichen Mitte dieser beiden Prognosen liegen – siehe auch die BMVZ-Analyse: Das MVZ als Politikum v. Juni 2023.
SWR2 Wissen v. 28.06.2023 (Radiofeature 28 Minuten)
Geschäftsmodell Arztpraxis – Investoren im Gesundheitsmarkt
Deutschlandfunk v. 26.06.2023 (Radiofeature 32 Minuten)
Investoren kaufen Arztpraxen: Gesundheit als lukratives Geschäft