Energiekostenzuschläge für Praxen und MVZ mit Strahlentherapie, Radiologie oder Dialyse
+++ CAVE! Update! Frist für Stromkostenzuschuss bereits am 30. April +++
Die KVen Niedersachsen und Hessen weisen beide auf ihren Webseiten darauf hin, dass die Frist für den Antrag bezüglich des 1. Quartals 2023 bereits am 30. April ist. Wer sich also für einen Antrag entschieden hat, müsste zeitnah und gegebenenfalls KV-individuell aktiv werden. Nachdem die KVen sich mit dem Beschluss des gemeinsamen Bewertungsausschusses zur Energiekostenunterstützung ausgebeten hatten, keine ‚voreiligen‘ Anträge zu stellen, muss es nun also ganz schnell gehen. Eine Anpassung der Anträge zugunsten fachübergreifender MVZ konnten wir bis dato nicht entdecken, weshalb unsere Einschätzung aus dem Artikel vorerst bestehen bleibt.
Artikel Stand 12. April: Am 29. März hat sich der Bewertungsausschuss auf eine Energiekostenunterstützung für bestimmte Praxen geeinigt. Damit hängt die Einigung zwar knapp einen Monat hinter dem ursprünglichen Zeitplan – die Regelung gilt allerdings rückwirkend zum 1. Januar 2023. Gemäß des veröffentlichten Beschlusses sind Praxen und MVZ anspruchsberechtigt, die GOP aus mindestens einem der folgenden Bereiche abzurechnen: Hochvolttherapie ab 1 MeV, CT- & MRT-Leistungen, Dialyse. Dies entspricht auch den Forderungen, vor allem die energieintensiven Fachrichtungen zu entlasten. Konkret heißt es weiter in den Anspruchsvoraussetzungen, dass die Hilfe nur greift, sofern die Strommehrkosten 500 Euro überschreiten. Wie die Stromkosten berechnet werden, ist der Formel unter Abschnitt 3 des Beschlusses (Seite 2 im PDF) zu entnehmen, wo auch die Variablen erörtert werden (~ Beschluss als PDF öffnen). Als Referenzwert hat sich der Bewertungsausschuss auf 29 Cent je Kilowattstunde geeinigt, ferner ist eine Verrechnung anderer Entlastungsbeiträge vorgesehen, sprich aus der Strompreisbremse. Da die Gelder aus dem GKV-Topf kommen, muss zudem der Anteil der Nicht-GKV Leistungen entsprechend herausgerechnet und in einer praxisindividuellen Selbsterklärung bezogen auf das Jahr 2021 deklariert werden.
Das klingt bürokratisch … und ist es wahrscheinlich auch: Die Seiten 4 – 9 des BA-Beschlusses enthalten entsprechend auch bereits Muster für die Antragsunterlagen und abzugebenden Erkärungen. Betroffene Praxen sollten hier also schon mal reingucken, um abschätzen zu können, ob Aufwand und Nutzen in einem für sie günstigen Verhältnis stehen. Die Berechnung und Erstattung soll im Übrigen BSNR-bezogen erfolgen. D.h. als Praxis im Rahmen dieser neuen EBM-Anlage ist jeweils die Betriebsstätte definiert. Allerdings gibt es nirgendwo auf den neun Seiten einen Hinweis zu Ausnahmen oder Besonderheiten für fachübergreifende MVZ und BAG, wo also z.B. Chirurg und Radiologie kombiniert sind. Unklar ist, ob hier etwa die Stromanteile für den nicht anspruchsberechtigten Fachbereich gesondert ‘rausgerechnet’ werden sollen oder wie das Verfahren für komplexe MVZ-Strukturen überhaupt vonstatten gehen soll. Das dürften folglich auch die KVen erst beim Tun peu à peu entscheiden. Es macht schlichtweg den Eindruck, als hätte bei den Verhandlungen zu diesen Zuschlägen – (mal wieder) – niemand an die Existenz fachübergreifender Kooperationen gedacht – bloße Praxisgemeinschaften finden dagegen Extra-Erwähnung. Es wäre zu entscheiden, was Schlimmer ist: Dass die MVZ möglicherweise absichtlich ‘vergessen’ wurden oder dass einfach keiner am Verhandlungstisch MVZ-spezifisch mitgedacht hat …?
Grundsätzlich ist die Regel befristet. Bis zum 31. Dezember 2023 soll dann geprüft werden, ob eine Verlängerung der Maßnahme notwendig ist. Eine Ausweitung auf andere Fachrichtungen ist allerdings nicht zu erwarten. Die KBV zitiert ihren Vorstandsvorsitzenden mit: „Das sei … nicht verhandelbar gewesen.“ (~ Quelle) Die Kostenerstattung ist zum Recherchestand vom 12. April allerdings noch in keiner KV beantragbar. Berlin schreibt etwa, dass momentan entsprechende Verfahren initialisiert werden und bis zur Information über den ‚Starttermin‘ von Anträgen abzusehen sei (~ zur KV Berlin | Stand 12.04.22). Hier wäre also individuell auf die Nachrichten der eigenen KV zu achten. Erwähnenswert ist auch, dass im Falle der Eigenrecherche der Beschluss, der als Anlage 7 des EBM geführt wird, aufgrund der Befristung nicht im EBM – weder digital noch im Print – abgebildet wird. Der Zugang erfolgt demnach direkt über den obigen Link zum Beschluss und für ergänzende Informationen über die Ausführung der Entscheidungserheblichen Gründe.
KV Nordrhein v. 05.04.2023
BA beschließt Finanzhilfen für Praxen mit sehr hohem Energieverbrauch
KBV-Pressemeldung v. 30.03.2023
Unterstützung für Praxen mit besonders hohem Energieverbrauch
Handreichung für die Patientenberatung und zu den ärztlichen Pflichten beim Ehegattenvertretungsrecht
Es ist ruhig geworden um das neue Notvertretungsrecht. Die zum 1. Januar angepassten Regelungen ermöglichen Ehegatten, untereinander auch medizinische Entscheidungen zu treffen. Über die Einschränkungen und vermutlichen Konsequenzen berichteten wir in dem Artikel „Notvertretungsrecht: Ärzte zwischen Beraterfunktion und Miss Marple“ in der PRAXIS:KOMPAKT-Ausgabe der KW 5. Ob die Abstinenz von Meldungen zum Thema damit zusammenhängt, dass alles reibungslos läuft, oder, ob Patienten den Service einfach nur wenig in Anspruch nehmen, oder aber die Stolpersteine schlichtweg noch nicht zu Stürzen geführt haben, lässt sich nicht beurteilen.
Aber Wissen ist in jedem Fall besser, als Nicht-Wissen, und informierte Patienten sind die beste Entlastung für den Arzt. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden zunächst auf hilfreiche Materialen verwiesen werden, die die MVZ-Leitung ihren Ärzten an die Hand geben kann, damit diese dann ihrerseits die Patient:innen auf geeignete und hilfreiche Literatur aufmerksam machen können. Denn Vorsorgevollmacht und Vertretungsrecht sind für viele Patienten mit Sorgen und Unsicherheit verbunden – Fragen landen dann oft beim Hausarzt. Das Internet bietet zwar viele Informationsmöglichkeiten, die aber durchaus Potenzial haben, eher zu verwirren als aufzuklären. Für den Fall der Patientenberatung im Praxisalltag bietet das Bundesministerium für Justiz (BMJ) seit Januar mehrere Handreichungen zum neuen Betreuungsrecht an, die dort auch in ‚einfacher Sprache‘ vorgehalten werden. Die Links haben wir unten beigefügt. Deutlich kompakter und daher besser für das Patientengespräch geeignet ist u.E. jedoch eine Broschüre der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNO), die auf viel weniger Papier ebenso ausreichende Detailinformationen und nützliche Vordrucke liefert (~ Leitfaden für die persönliche Vorsorge (PDF | 24 Seiten)).
Zum Zweiten möchten wir noch einmal ein Schlaglicht auf die Öffnung des Vorsorgeregisters für die Einsicht durch Ärzte und auf die Frage, inwiefern hieraus sogar eine Pflicht des (ambulanten) Arztes entsteht, in das Vorsorgeregister zu schauen, werfen. Dabei geht es um Situationen, wo ein Partner nicht mehr selbst in medizinische Behandlungen oder Maßnahmen einwilligen kann und dies sein/e Gatt:in für ihn/sie tut. Muss der Arzt prüfen, ob der/die Partner:in dies im konkreten Fall auch wirklich darf oder ob nicht ein Vertretungswiderspruch registriert ist?
Im Februar 2023 hatte das Journal PVS Aktuell dazu einen Fachartikel veröffentlicht (~ Volltext öffnen). Demnach lässt sich die Pflicht der Ärzte wie folgt beschreiben: Das Notvertretungsrecht durch den Ehepartner ist ausgeschlossen, wenn Ehepaare „getrennt leben“ (~ Definition dazu unter §1567 BGB), ein bestellter Betreuer eingesetzt ist sowie eine Frist von einem halben Jahr nach Feststellungsdatum vergangen ist. Im Detail sind diese Ausnahmen unter §1358 Absatz 3 BGB ausgeführt. Besonders relevant für die beschriebene Fragestellung, ist – nach dem PVS Artikel – Absatz 3 Nr.2 des § 1358 BGB. Danach disqualifiziert sich der Ehegatte für die Vertretung, wenn: 1) der zu Vertretene die Vertretung durch den Partner ablehnt, 2) eine andere Person mit der Vertretung bevollmächtigt wurde. Im Grunde unterschreibt der Arzt, diese Kriterien geprüft zu haben, weshalb dem Ganzen durchaus ein investigativer Charakter anhängt.
Bleibt es nun also für den Arzt ein Recht, die etwaigen Punkte im Vorsorgeregister abzuklären, oder entsteht daraus eine Pflicht? Die Redaktion von PVS Einblick sieht hier keine Pflicht und verweist auf die Tatsache, dass „der Gesetzgeber dies nach unserem Dafürhalten explizit als Pflicht hätte normieren müssen.“ Weiter heißt es: „Der Arzt müsste auf die Angaben der Patienten vertrauen dürfen, auch wenn darin eine Missbrauchsgefahr durch den Ehepartner liegen kann.“ Allerdings schließt der Artikel mit der klaren Empfehlung, sich mit einem Blick in das Vorsorgeregister abzusichern. Denn am Ende steht ein großes Fragezeichen, wie die Gerichte den Sachverhalt einmal bewerten werden, oder ob der Gesetzgeber gar – und dann vielleicht vom Arzt unbemerkt – nachreguliert.
Bundesministerium für Justiz (Stand 11.04.2023)
Neues Betreuungsrecht 2023
Bundesärztekammer (Stand 11.04.2023)
Informationen + Musterformulare zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Arbeitsrecht | Verwirrung zum Urlaubsverfall vorbeugen
Angesichts eines Berichtes im ARD-Format ‘Brisant’ (~ Quelle), in dem es unter anderem heißt: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können demzufolge ihren Urlaub während ihres kompletten Berufslebens nehmen,“ scheint es sinnvoll, Fehlannahmen – die sich bei dem einen oder anderen Arbeitnehmer festsetzen könnten – vorzubeugen und das BAG Urteil zum Verfall des Urlaubsanspruches praxisorientiert zusammenzufassen. Vorweg: Unter bestimmten Umständen ist der automatische Verfall des Resturlaubes tatsächlich passé. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich am 31. Januar seine Entscheidung zur Verjährung des Jahresurlaubes für den Sonderfall ‘nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses’ noch einmal konkretisiert. Vorangegangen war ein Urteil vom 20. Dezember 2022, welches wiederum auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 22.09.2022 beruht.
Konkret ist damit die aktuelle Rechtslage wie folgt:
Arbeitgebern wurde eine Mitverantwortung übertragen, was bedeutet, dass sie die Arbeitnehmer in einer angemessenen Frist vor Jahreswechsel über die verbleibenden Urlaubsansprüche informieren müssen. Angemessen bedeutet hier, dass dem Arbeitnehmer genügend Zeit eingeräumt wird, seine Urlaubswünsche zu äußern. Optimalerweise geschieht dieser Hinweis schriftlich und individuell. Versäumen Arbeitgeber diesen Hinweis, so gilt nach der aktuellen Rechtsprechung, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht verfällt. Er kann sich somit auch über die Folgeperioden aufsummieren. „Immerhin zeigt das BAG auf, dass der Arbeitgeber seine Obliegenheiten nachholen kann. Tut er dies, unterliegen die kumulierten Urlaubsansprüche (allerdings erst) ausgehend vom Urlaubsjahr, in dem die Unterrichtung erfolgt, der Verjährung.“, analysiert die Kanzlei Wolters & Kunert (~ zum Kommentar).
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses greift allerdings die Verjährung nach drei Jahren, die mit dem Ende des Jahres der Auflösung des Arbeitsverhältnisses beginnen. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist. Zu dieser Einschätzung kommt die Kanzlei von Hensche, bezüglich des letzten Urteils des BAG aus 2023 (~ zum Kommentar). Zusätzlich wird hier darauf hingewiesen, dass für Alt-Fälle eine gesonderte Übergangsregelung gilt. Für Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, gilt – nach dem Dafürhalten des Juristen Kuhlmann, der in der f&w schreibt – weiterhin eine freie Regelung der Arbeits- und Tarifparteien.
f&w – Heft 4|2023 (im Heft Seite 359)
Neue Urteile zu Urlaubsansprüchen
Haufe.de v. 21.12.2022
Urlaubsansprüche dürfen nicht einfach so verjähren
Bundesarbeitsgericht v. 20.12.2022 bzw. 31.01.2023
48/22 – Verjährung von Urlaubsansprüchen
5/23 – Urlaubsabgeltung – Verjährung
Selbstverwaltung | Verhandlungen über Finanzierung der Konnektoren sowie die über sektorengleiche Vergütung von OPs gescheitert
Das deutsche Gesundheitswesen wird in vielen Details von der Selbstverwaltung gesteuert und mit Leben gefüllt. Der Gesetzgeber gibt insoweit oft ‘nur’ Rahmenbedingungen und Fristen vor. Genauso ist es umfänglich geschehen im Dezember 2022 mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (~ mehr zu | Enge Fristen für Selbstverwaltung bei Hybrid-DRG und Tagespauschalen geplant). Darin enthalten sind u.a. Vorschriften, dass die Partner der Selbstverwaltung sich zu den neuen TI-Pauschalen einigen sollen (~ KW13 – ‘Austausch der TI-Konnektoren: (zu) still ruht der See’), dass die Honorare für die im Zuge der Lauterbach’schen Klinik-Revolution geplanten Tagesbehandlungen im Krankenhaus (~ siehe ‘Ein Elevator-Pitch zur Krankenhausreform’ | Reiter Was sonst noch relevant ist) festzulegen sind und, dass als Form von Hybrid-DRGs sektorgleiche Vergütungspauschalen für bestimmte OP-Leistungen, die sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden können, konkretisiert werden sollen (~ mehr Informationen).
In zwei der drei Themenfeldern haben die beteiligten Partner aktuell das Scheitern der Verhandlungen erklärt. Erfolgreich scheint einzig das zwischen Krankenhausgesellschaft und Kassen gemeinsame Projekt zu verlaufen, sich auf die Honorarsätze und Bedingungen für die neuen Tagesbehandlungen zu einigen. Die ÄrzteZeitung schreibt hierzu am 5. April (~ Quelle): “Die Anforderungen an die Dokumentation wurden schon fristgemäß Ende Januar vereinbart … Bis Ende Juni sollen Krankenhausgesellschaft und GKV-SV außerdem Näheres zur Berechnung der Entgelte und zur Prüfung der Übernachtungsnotwendigkeit regeln. Doch diese Frist war selbst den beiden Parteien zu lang. Sie haben deshalb schon eifrig verhandelt und stehen „kurz vor dem Abschluss“, wie die DKG auf Anfrage sagte.”
Bei beiden anderen Projekte ist die KBV beteiligt, da auch der ambulante Sektor berührt ist. Diese fühlt sich von den Kassen nahezu erdrückt. KBV-Vorstand Gassen erklärte bezüglich der OP-Pauschalen, dass “DKG und der GKV-Spitzenverband kein ernsthaftes Interesse gezeigt [hätten], hier zügig voranzukommen.” Und: „Bei einem Vorhaben wie diesem, den stationären und ambulanten Bereich über ein neues einheitliches Vergütungssystem zu verbinden und so Anreize für eine stärkere Ambulantisierung zu schaffen, hätten wir erwartet, dass zumindest der GKV-Spitzenverband nicht einseitig die Interessen der Krankenhäuser im Blick hat“ (~ Quelle). Bei den TI-Konnektoren, wo K(Z)BV und GKV-Spitzenverband nur zweiseitig verhandeln, wurde dagegen kritisiert, dass die Vorgaben des BMG im SGB V das Scheitern der Verhandlungen von vornherein getriggert hätten. Denn “mit dem erklärten Ziel, die Kosten zu senken und der Option, die Vereinbarung im nun eingetretenen Fall selbst vorzugeben, habe das BMG von vornherein kaum Platz für Verhandlungen gelassen.” Die Verhandlungen seien nur ein politisches Feigenblatt gewesen, kritisierte in dem Fall der KZBV-Vorsitzende Pochhammer.
Er verweist damit auf den bedeutsamen Umstand, dass bei beiden gescheiterten Verhandlungsprojekten, die Entscheidungsgewalt nun auf das BMG übergeht – dies hatte sich selbiges in das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz gleich mit reinschreiben lassen. D.h. Gesundheitsminister Lauterbach könnte nun ‘durchregieren’ – ob er es auch tut, bzw. gegen den Willen der Selbstverwaltungspartner tun wird, ist eine ganz andere Frage. Natürlich geht es bei all dem um das (fehlende) Geld. Allerdings sollten die unterschwelligen Machtfragen, um die es im Spannungsverhältnis der Leistungserbringer und der Kassen als Leistungszahler immer auch geht, nicht unterschätzt werden. Ausgang derzeit offen.
ZM-Online v. 06.04.2023
KBV und KZBV zur Finanzierung der TI-Infrastruktur: „Verhandlungen mit Krankenkassen sind gescheitert“
Ärzteblatt v. 04.04.2023
Hybrid-DRG offiziell gescheitert, DKG gegen sofortige Einführung
MVZ als Politikum I | Presseberichterstattung in Folge der MVZ-Eckpunkte der GMK
Von der Gesundheitsministerkonferenz Ende März ist in nicht wenigen Köpfen hängengeblieben: ‘Aah, jetzt ist er also da, der Gesetzentwurf zur MVZ-Regulierung… oder zumindest umfängliche inhaltliche Eckpunkte.’ Warum dieser Eindruck völlig falsch ist, haben wir in der letzten Ausgabe schon erläutert (und auch entsprechend über unsere Social Media-Kanäle verbreitet ~ Post aufrufen). Dennoch ist aus analytischer Sicht die Frage, was es bedeuten würde, wenn die vorgelegten Länder-Eckpunkte tatsächlich umgesetzt würden, relevant. Hierzu hat die ÄrzteZeitung mit dem Medizinrechtler Johannes Kalläne ein gut halbstündiges, sehr hörenswertes Interview geführt, das sich als Podcast aufrufen lässt. Grundtenor des Gespräches ist der Verdacht des Juristen, dass “manche dieser Überlegungen nicht bis zu Ende durchdacht worden sind.” Thematisiert wird zudem klar, dass Profiteure einer wie auch immer gearteten Regionalisierung der Trägereigenschaft vor allem überregionale Klinikkonzerne wären, denen es an lokalen Zugangsmöglichkeiten zum MVZ-Markt nicht mangelt. So, dass folglich sogar von einer gewissen Konzentrationswirkung einer solchen Regelung auf einige wenige der nicht-ärztlichen Player ausgegangen werden kann – obwohl doch gerade Monopole und Oligopole verhindert werden sollten!?
Insgesamt fällt bei der Beobachtung der aktuellen Presselandschaft auf, dass die Berichterstattung etwas diverser geworden ist. Soll heißen, dass O-Töne, Erfahrungen und Beiträge, die für einen differenzierteren Umgang mit dem Thema ‘Investoren in der ambulanten Versorgung’ stehen, spürbar mehr Raum bekommen. Gutes Beispiel ist der Bildartikel vom 31. März, der unter der fehlerhaften Überschrift, die Lauterbach für die GMK-Eckpunkte in Haftung nimmt, immerhin ausführlich auch einen ‘Gesundheitsweisen’ zu Wort kommen lässt, der zum einen erklärt, dass K(Z)Ven durchaus auch aus Eigennutz gegen MVZ ankämpfen und zum anderen klarstellt „Kein Mediziner versteht sich als Wohlfahrtsunternehmen. Ärzte müssen jeden Cent zum Beispiel für neue, teurere Röntgengeräte schnellstens reinholen. Aber: Bei Spezialkliniken oder -versorgungszentren verteilt sich dieser Druck auf mehr Praxen und Ärzte. Das wirkt eher kostensenkend als preistreibend.“ Diese Darstellung ist bemerkenswert, wenn man die bisherige, oft einseitige Boulevard-Berichterstattung zur MVZ-Thematik betrachtet.
Der BMVZ versucht hier weiterhin und fortwährend, eine sachorientierte Stimme zu sein, und immer wieder die Debatte ‘mit Fakten zu belasten’. Dazu gehört die Feststellung, dass der Versorgungsanteil der MVZ im Zahnbereich mit knapp 6 % (Ende 2021) weniger als halb so hoch liegt wie die MVZ-Relevanz in allen anderen humanmedizinischen Fächern (13 % Ende 2021). Gut: Der Anteil von sogenannten Investoren-MVZ ist bei den Zahnärzten mit 27 % aller MVZ deutlich höher als bei den Arztkollegen aller anderen Fachgebiete (Ø < 10 %). Im Endergebnis steht aber ein etwa gleich hoher Anteil der Sitze in MVZ mit Investorenbezug zwischen 1 und 2 Prozent. Allerdings ist bei dieser Angabe die teils erhebliche regionale Streubreite zu beachten. So hat Bayern offensichtlich mit Abstand die meisten MVZ-Standorte mit Investorenbezug, die gesamten neuen Länder hinken, was das betrifft, dagegen deutlich hinterher. [/su_expand]
Bibliomed.Manager v. 11.04.2023
Interview m. der BMVZ-GF: Wie Lauterbach die schrille Debatte um MVZ befeuert
ÄrzteZeitung | ÄrzteTag-Podcast v. 06.04.2023
Wer wären die Profiteure einer zusätzlichen MVZ-Regulierung, Herr Kalläne?
BILD-Zeitung v. 31.03.2023
Minister Lauterbach kämpft gegen „Gier-Medizin“: Wird mein Arzt jetzt zur Heuschrecke?
GOÄ-Reform | Neue Versuche, Bewegung in der Dauerbaustelle zu erzwingen
Am 30. März hat die Bundesärztekammer ein 5-Punkte-Papier veröffentlicht, in dem sie eine Umsetzung des von ihr Ende Januar 2023 an das Bundesgesundheitsministerium übergebenen GOÄ-Vorschlages fordert. Wir berichteten zuletzt in der Ausgabe der PRAXIS.KOMPAKT der 9. KW. Seitdem ist – je nach Betrachtungswinkel – viel oder auch wenig passiert. Metaphorisch lässt sich seit geraumer Zeit ein Ringkampf zwischen der BÄK und dem Verband der Privaten Krankenversicherungen, samt der Vertretungen der Beihilfe beobachten, die inzwischen drei Dekaden alte Gebührenordnung zu überholen. Noch Anfang März hatte der PKV-Verband zu den Verhandlungen Stellung bezogen und beschrieben, dass die Testphase mit 1.500 GOÄ-Rechnungen nach der ‚arzteigenen GOÄ‘ zwar abgeschlossen sei, die Auswertung darüber aber noch ausstehe. Die Zusammenarbeit habe aber auch die Divergenz der unterschiedlichen Positionen zwischen Ärzten und Versicherern verdeutlicht, insbesondere, was die Einschätzung der Auswirkungen angeht. Ergänzend hieß es in der Stellungnahme: „Wir werden nur einen Anknüpfungspunkt für die Politik haben, wenn wir uns einig sind“ (~ Quelle). Zur Auswertung der Testphase gab es bis dato im Übrigen noch keine öffentlich präsenten Stellungnahmen.
Im Ringen hat die Bundesärztekammer jetzt einen strategischen Ausfallschritt zurück gemacht und den Ringrichter mit in den Kampf einbezogen, denn ihr aktueller Punkteplan wendet sich an die Politik und wirft in der Überschrift dem BMG „Arbeitsverweigerung“ vor (~ zur Veröffentlichung der BÄK). Hauptargument der Adressatenwahl ist, dass es sich bei der GOÄ um eine staatliche Verordnung handle, die nur der Gesundheitsminister umsetzen könnte. Noch vergangenes Jahr hatte sich ‚Ringrichter‘ Lauterbach bemüht – wohl mindestens bis zum Ende der Legislaturperiode – außen vor zu bleiben und seine Nichteinmischung damit begründet, dass er nichts unternehmen werde, „was das Verhältnis von PKV zur Gesetzlichen Krankenversicherung, also zur GKV, verschiebt. So haben wir es im Koalitionsvertrag beschlossen. Daran halte ich mich.“ ( ~ Quelle)
Vermutlich wird der Gesundheitsminister auch momentan nicht von diesem Standpunkt abweichen, weshalb die BÄK in ihrer Positionsschrift ihre Mitglieder auffordert, den Patienten gegenüber die Verantwortung der Politik „klarzustellen“. Zudem schließt sich die BÄK nun den Fachärzteverbänden an, die schon vorab eine rechtskonforme Ausnutzung der GOÄ Steigerungsfaktoren auf 3,5 empfohlen hatten. Dies wird mit dem notwendigen Kostenausgleich begründet, jedoch ist es selbstredend auch ein ausladender Hebelgriff, um politischen Druck aufzubauen. Die MediGruppe hatte wenige Tage vorher ebenfalls für ein „Maximalhonorar“ plädiert (~ ÄrzteZeitung v. 27.03.2023). Die Wirkung des Hebelgriffes führt also breitflächig über die Selbstzahler zu den Versicherern, der Beihilfe und letzten Endes zur Politik. Ein Kommentar in der ÄrzteZeitung vom 12. April befand jedoch, dass diese neue Eskalationsstufe durchaus auch nach hinten losgehen könne. Wohl auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen riet der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung: „Der Deutsche Ärztetag in Essen wird gut beraten sein, dieses Thema mit Umsicht zu behandeln.“ (~ Quelle).
Ärzteblatt v. 30.03.2023
Bundesärztekammer erhöht bei der GOÄ den Druck auf die Politik
ÄrzteZeitung v. 08.03.2023
PKV-Direktor Reuther: „Wir können der arzteigenen GOÄ nicht zustimmen!“
Ärzteblatt v. 20.01.2023
Neue GOÄ mit kalkulierten Preisen an Lauterbach übergeben
Krankenhausreform | Ein Elevator-Pitch zur Kommission und den diskutierten Vorschlägen
Um die fortwährende Debatte um die Krankenhausreform innerhalb einer Fahrstuhlfahrt (Elevator) zu erörtern, bräuchte es wahrscheinlich ein Steckenbleiben desselbigen. Dennoch wollen wir aufgrund der Vielzahl an durcheinanderlaufenden Informationen, eine kurze Erörterung zur besseren Einordnung der aktuellen Reformdebatten geben. Von einer inhaltlichen Bewertung haben wir an dieser Stelle abgesehen, aber um es vorweg zu nehmen: Ja, die Krankenhausreform, also das Gesamtkonstrukt der vom Minister versprochenen ‚Revolution‘ des stationären Sektors, wird auch MVZ, und nicht nur solche am Krankenhaus, berühren. Diesbezüglich verweisen wir auf unsere nach wie vor gültige Einschätzung vom 30.12.2022: Krankenhausreform à la Lauterbach: Betrachtung aus der MVZ-Perspektive.
Kurzer Rückblick: Die Regierungskommission Krankenhaus wurde im Mai 2022 mit dem Ziel eingerichtet, Handlungsempfehlungen für eine „Leistungsgruppen und auf Versorgungsstufen basierende Krankenhausplanung [zu] formulieren“. Sie besteht aus 17 Expertinnen und Experten und setzt sich aus Medizinern, (Gesundheits-)Ökonomen und Juristen zusammen. Bis auf drei Mitglieder haben alle eine Berufung zum Professor, worauf wahrscheinlich der Vorwurf gründet, die Kommission sei zu akademisiert (~ MDR v. 04.05.2022). Allerdings beschreibt das Gesundheitsministerium selbst, dass maßgebliche Kriterien bei den Reformvorschlägen „Erreichbarkeit“ und der „demographische Wandel“ seien, also zunächst abstrahierte, unpolitische Zielvorgaben.
Mit der fortwährenden Beteuerung des Gesundheitsministers, dass es sich bei den Kommissionsentwürfen „um Vorschläge“ handelt, ergibt sich ein schlüssiges Bild bezüglich des Prozesses, von theoretischer Abwägungen (Schritt 1) über die praktische Debatte (Schritt 2), hin zum Gesetzgebungsverfahren (Schritt 3) zu kommen. Wörtlich zitierte der änd den Gesundheitsminister, der zum Auftakt des DRG Forums am 30. März Schritt 2 einleitete: „Wir werden den Prozess jetzt gemeinsam und als Praktiker starten. Es handelt sich dabei um ein lernendes System, das nachjustiert werden kann und muss.“ (~ Quelle)
Bis dato wurden von der Kommission vier Stellungnahmen veröffentlicht (Schritt 1), die in der Presse gelegentlich auch als Vorschläge oder Eckpunkte deklariert werden. Um Fehldeutungen vorzubeugen, sei erwähnt, dass es sich dabei in jedem Papier um unterschiedliche Schwerpunkte handelt, die zwar inhaltlich weitgehend zusammenhängen, jedoch keineswegs eine Fortführung ein und derselben Schrift, bzw. Thematik sind. Die erste ‚Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung‘ erschien am 1. Juli 2022 und befasste sich mit einer „Empfehlungen der AG Pädiatrie und Geburtshilfe für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe.“ Die zweite folgte am 27. September mit dem Schwerpunkt auf „Tagesbehandlung im Krankenhaus zur kurzfristigen Entlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens.“ Die dritte Empfehlung hatte zwar den knappen Titel „Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung,“ sorgte jedoch für die längste und lauteste Debatte. Der vierte und vorerst letzte Vorschlag „Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen“ erschien am 13. Februar 2023.
Aus all diesen Empfehlungen soll die Bund-Länder Arbeitsgruppe Krankenhaus bis Sommer 2023 konkrete Maßnahmen ableiten, die in einem Eckpunktepapier zusammengefasst werden, das wiederum Grundlage eines künftigen Gesetzentwurfes werden soll. Hier schließt unser Beitrag aus der vergangenen Ausgabe an (~ PRAXIS.KOMPAKT KW 13): Denn ob sich dieser Zeitplan aufgrund des lautstarken Widerstandes der Länder so einhalten lässt, ist eher fraglich.
BibliomedManager v. 11.04.2023
Es passt noch nicht im Gesundheitsversorgungs-Puzzle
Ärzteblatt v. 30.03.2023
Krankenhausreform: Lauterbach verspricht Ländern Planungshoheit
Saarländische Krankenhausgesellschaft, über KU Gesundheit, v. 06.04.2022
Offener Brief zur Krankenhausreform
MVZ als Politikum II | Krankenkassen und ihre Sicht auf die MVZ-Debatte
Wenn im Beitrag ‘MVZ als Politikum I’ (~ Reiter Nachrichten) die Rede davon ist, dass die Berichterstattung zur politisch aufgeladenen MVZ-Debatte differenzierter wird, ist damit auch gemeint, dass sich in ungewöhnlicher Klarheit neuerdings auch die Krankenkassen einbringen. Dies unterscheidet die gegenwärtige Debatte tatsächlich von allen früheren – denn die Kassen waren dazu bisher immer auffallend stumm. Nun dagegen hört man wie ein relativ gleichförmiges Echo aus mehreren Quellen, das ‘per se Investoren ja kein Problem seien, denn das Engagement von Kapitalgebern könne versorgungsverbessernde Strukturveränderungen unterstützen.’ Wesentlich seien vielmehr flankierende rechtliche Maßnahmen des MVZ-Betriebs, die störende Aspekte wie die befürchtete Leistungpickerei oder die Behinderung der freien Arztwahl durch Trägermonopole konkret verhindern, ohne aber die MVZ-Landschaft mit dem regulatorischen Rasenmäher zu überziehen.
Nach dem AOK Bundesverband, der sich unter der Bedingung begleitender Maßnahmen bereits 2020 für den “barrierefreien, geregelten Marktzutritt für Investoren” ausgesprochen hatte (~ in Kurzform hier: Auf Shoppingtour im Gesundheitswesen; dort Infokasten: ‘Nachbesserungen empfohlen’), hatte sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) im Sommer 2022 eindeutig positioniert und “klar für eine Träger:innen-Vielfalt aus[gesprochen]” – eine Veröffentlichung in der Hauspostille erfolgte im Oktober (~ Klarere Regeln für MVZ-Ketten). Darin heißt es u.a.: “Die bisherige Vorgabe, die die Gründereigenschaft auf vertragsärztliche Leistungserbringer:innen und Krankenhäuser beschränkt, hat sich als unwirksam erwiesen. (…) Wenn mit geeigneten regulatorischen Maßnahmen möglichen Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden kann, sollten Kapitalgesellschaften mit steuerlichem Sitz in der EU auch direkt ein MVZ aufbauen oder sich an ihm beteiligen können.” Auch hier ist der Tenor also, MVZ sollen mit konkreten, zusätzlichen Maßnahmen reguliert, nicht aber einzelne Akteursgruppen ausgeschlossen werden. Im Gegenteil.
Und nun hat sich der GKV-Spitzenverband geäußert und ein eigenes 8-seitiges Positionspapier herausgegeben (~ zur Pressemeldung | Papier als PDf öffnen). Und wie in den vorbeschriebenen Veröffentlichungen geht es hauptsächlich darum, dass GKV-Kassen im Gegensatz zu Gesundheitsminister Lauterbach den Einstieg von Finanzinvestoren in Arztpraxen nicht verbieten wollen, aber nach strengeren Regeln rufen, bzw. selbige vorschlagen. Die IKK Classic fordert parallel “eine Versachlichung der oft emotional geführten Debatte um MVZ und deren Träger.” Denn „wichtig sind uns Trägervielfalt und gleiche Chancen für alle Anbieter im Wettbewerb.“ Alles in allem sind sich also alle GKV-Kassen weitgehend einig, das Schwarze-Peter-Spiel um nicht-ärztliche MVZ-Träger, wie es der bayrische Gesundheitsminister und seine GMK-Kollegen betreiben, so nicht mitspielen zu wollen. Das kann in der zu erwartenden parlamentarischen Debatte durchaus einen relevanten Unterschied machen.
Natürlich enthalten alle Kassenpapiere immer auch eine Reihe ‘unentspannter’ Gedanken, die einem Praxistauglichkeitstest unserer Meinung nach nicht standhalten. So fordert beispielsweise der GKV-Spitzenverband die Prüfung der Gründungsvoraussetzungen eines MVZ alle fünf Jahre sowie – mit derselben Zeitspanne – die regelmäßige Prüfung aller erworbenen Sitze, daraufhin, ob eine Versorgungsnotwendigkeit weiterhin bestünde. Als Ziel wird angeben, nicht länger benötigte Zulassungen – wie bei Vertragsärzten – auch bei MVZ abbauen zu können. „Für die Prüfung ist ein Mindestzeitraum von fünf Jahren vorzusehen, der Planungssicherheit erlaubt und folglich nicht bei jeder personellen Änderung eine vollständige Überprüfung erforderlich macht.“
Es bleibt aber das Fazit, dass die ‘Kassen-Papiere’ der MVZ-Debatte eine deutlich sachlichere Note geben, als es derzeit viele Beiträge aus den Ärzteverbänden tun. Und es lohnt für alle, die sich strategisch-analytisch mit der MVZ-Diskussion befassen (müssen), einen Blick jeweils in die Originalunterlagen zu werfen. Denn möglicherweise nehmen einige der Kassenvorschläge alternative Lösungen vorweg, die vom Gesetzgeber später im Jahr ergriffen werden. Dies scheint auf jeden Fall wahrscheinlicher, als eine Eins-zu-eins-Umsetzung der GMK-Eckpunkte von Ende März.
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) v. 11.04.2023
Positionspapier des Verbandes: Krankenkassen wollen Finanzinvestoren im Gesundheitswesen an die Leine nehmen
Pressemeldung ikk classic v. 24.03.2023
Trägervielfalt bei hoher Transparenz sichern
Ärzteblatt v. 22.03.2023
Mehr Transparenz, mehr Kontrolle: GKV-Verwaltungsrat für Handlungsrahmen bei MVZ
Gesetzgebung | Regressschutz für Praxen bei Arzneimittellieferengpässen
Am 5. April hat das Bundeskabinett, also die rot-grün-gelbe Koalitionsregierung, das ALBVVG beschlossen. Dahinter verbirgt sich nicht etwa das Ergebnis eines zu Boden gefallenen Scrabble-Spiels, sondern das ‚Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz‘. In erster Linie betrifft das Gesetz die Apothekenlandschaft und Pharmaindustrie. Für Detailinformationen bietet die AOK eine gute Übersicht (~ direkt zu). Relevant für den MVZ Praxisalltag ist die damit einhergehende mögliche Austauschbarkeit von Arzneimitteln, nach Artikel 1 Nr. 1 des Gesetzesentwurfs. Zudem besteht auch weiterhin das Risiko von Mangel, weshalb Ärzte andere, höherpreisige Präparate verordnen müssen. Dies kann zu Mehrausgaben führen, die wiederum in potentiellen Regressansprüchen gegenüber den Praxen resultieren. Darum hatten die KVen eine Berücksichtigung von Lieferengpässen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung gefordert. Nach einer Meldung des änd vom 8. April haben sich der GKV Spitzenverband und die KBV auf eine Sonderregelung geeinigt (~ zum Artikel).
Zusammengefasst lässt sich die Einigung wie folgt darstellen: Für alle Präparate die auf der Liefer-Engpassliste des ‚Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte‘ zu finden sind, gilt eine ‚Berücksichtigung‘. Das BfArM hat auf ihrer Webseite zu den ‚Lieferengpässen für Humanarzneimittel‘ auf die Liefer-Engpassliste verlinkt. | Kurzer Exkurs: In dem FAQ wird betont, dass Lieferengpass und Versorgungsengpass nicht zu verwechseln sein. Ersterer bezieht sich auf eine erhöhte Nachfrage und bietet eine Möglichkeit zur Substitution. Der Versorgungsengpass gehe darüber hinaus und rechtfertige weitere Maßnahmen, so dürfe „eine Landesbehörde im Falle des festgestellten Versorgungsmangels Chargen von Arzneimitteln freigeben, auch wenn diesen nicht die letztgenehmigte Version der Packungsbeilage beiliegt.“ Die FAQ befinden sich auf der oben verlinkten BfArM Webseite ganz unten.
Bezüglich des Scrabble Unfalls ‚ALBVVG‘ folgt nach dem Kabinettsbeschluss nun der herkömmliche Weg der Gesetzgebung über Bundesrat und Bundestag. Momentan scheint es nicht, als würden sich dabei noch MVZ relevante Neuigkeiten ergeben. Andererseits tendiert der Gesetzgeber in der Gesundheitspolitik in dieser Legislatur zu Omnibusgesetzen, wie zuletzt bei der Entbudgetierung der Pädiater im UPD-Reformgesetz. Es bleibt demnach spannend, ob zur bisherigen Gesetzesabkürzung demnächst noch einige Buchstaben dazukommen …
KBV-Mitteilung v. 06.04.2023
KBV und GKV: Lieferengpässe von Arzneimitteln bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen gesondert berücksichtigen
Ärztenachrichtendienst v. 22.03.2023
KVBB zu Arzneimitteltausch: „Regressrisiko darf nicht steigen“