„You are always a Doctor“ | Überarbeitete BÄK-Handreichung für die Social-Media-Präsenz von Ärzten
Die Bundesärztekammer hat eine aktualisierte Version ihrer ‚Handreichung – Ärztinnen und Ärzte in den sozialen Medien‘ veröffentlicht. Die letzte Version ist inzwischen mehr als fünf Jahre alt, wurde also zu einer Zeit zusammengetragen, als Facebook noch ‚der letzte Schrei‘ war. Inzwischen haben sich neue Plattformen etabliert und damit hat sich auch der Input und das Surfverhalten verändert. Die Arbeitshilfe umfasst 20 Seiten, lässt sich aber gut lesen und bietet anschauliche kurze Beispiele.
Insbesondere die implizite Pflicht der Ärzteschaft, die Patienten vor deren eigener Offenheit im Netz zu schützen und das kurze Kapitel zur Haftplicht stellen eine wichtige ergänzende Sensibilisierung für die ansonsten mit gesundem Menschenverstand gut händelbare Materie dar. Das Zitat: “You are always a doctor“ wurde von der BÄK aus einer ähnlichen Schrift für die australische Ärzteschaft entlehnt und beschreibt zutreffend, wie nötig ein Bewusstsein für die umfassende Verantwortung der Ärzte ist. Worauf das Papier an dieser Stelle nicht eingeht, ist die Frage, ob es sinnvoll oder notwendig ist, dass Ärzte sich in Social Media Plattformen engagieren. In dem Kontext lohnt gegebenenfalls ein Blick auf die AOK-Webseite, wo unter dem Titel: „Souverän mit sozialen Medien umgehen“ zwei Studien zu ‘Social Media und Depression’ handlich zusammengefasst werden (~ direkt zu).
So oder so: Als von der höchsten berufsrechtlichen Instanz, die Ärzte in Deutschland haben, herausgegebene Schrift, sollte jeder MVZ-Verantwortliche die aktualisierte BÄK-Broschüre kennen, bzw. zum Thema in den internen Teambesprechungen machen, da für viele Ärztinnen und Ärzte und nicht zuletzt für die Patienten die Nutzung sozialer Medien zum Alltag gehört. Eine Sensibilisierung für sich aus dem Arztsein ergebende besondere Pflichten kann da angesichts der vielen denkbaren negativen Konsequenzen nicht verkehrt sein.
Ärzteblatt v. 24.02.2023
Bundesärztekammer: Handreichung zum Umgang mit sozialen Medien aktualisiert (PDF | 2 Seiten)
Bundesärztekammer v. 08.02.2023
Pressemitteilung: Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit sozialen Medien sensibilisieren
Handreichung: Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien (PDF | 20 Seiten)
Zwangsumtausch der TI-Konnektoren | Stand der Dinge oder (zu) still ruht der See
Vielleicht erinnern Sie sich noch: Ab dem Spätsommer 2022 ging es bis tief in den Herbst hinein hoch her in der Frage, ob tatsächlich alle Konnektoren, die in den Praxen und MVZ angeschlossen sind, nach jeweils fünf Jahren Laufzeit komplett ausgetauscht werden müssen. Denn ein entsprechender Beschluss der gematik-Gesellschafter vom Februar 2022 war durch praktische Recherchen einiger Computer-Auskenner deutlich ins Wanken geraten. Und tatsächlich gibt es seit Dezember 2022 einen neuen Sachstand: Zum einen hat die gematik die Laufzeitverlängerung via Software-Update als obligates Element in die Konnektor-Spezifikation aufgenommen. Zum anderen hat der Gesetzgeber via Änderungsantrag im Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz (~ Kurzinfo zum KHPflEG) Vorschriften ins SGB V eingefügt, wonach durch Umstellung der Finanzierungsvorgaben auf Pauschalen bei allen Beteiligten Anreize zu aufwandsarmeren Lösungen als dem Hardwarekompletttausch gesetzt werden sollen. Diese Änderung der Finanzierungsgrundlage müssen KBV und Kassen bis Sommer 2023 neu verhandeln. Deshalb gilt der August 2023 als Wendepunkt.
Das ist die Theorie, nun zur Praxis:
Bei alle Konnektoren, die bis August 2018 an den Start gegangen sind – die also vor September 2023 die Zertifikatsgültigkeit verlieren – gelten der Austausch oder die Inanspruchnahme einer Konnektorfarm (auf eigene Kosten) weiterhin als einzige Option. Ab September soll es, insbesondere auch in der Refinanzierungsvereinbarung, die Möglichkeit zur softwarebasierten Zertifikationsverlängerung sowie als weitere finanzierte Alternative den Wechsel auf in Rechenzentren gebündelte Hochleistungskonnektoren (~ TI-as-a-Service) geben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass aktuell – also bis einschließlich August weiterhin ausschließlich KoCoBox-Nutzer betroffen sind, da Secunet und Rise als Anbieter erst im Spätherbst 2018 überhaupt an den Start gegangen sind, die Konnektoren also entsprechend später auslaufen. Viele (etwa 85 Tsd. Praxen) müssen über diese Fragen im Moment also nicht nachdenken, sondern hätten die Option, sich zurückzulehnen und die weitere Klärung der Sachlage über den Sommer abzuwarten. Sehr gut zusammengefasst hat all das tatsächlich bereits im November 2022 die KBV in ihrer Praxisinfo ‘Konnektorentausch – Was Praxen zum Ablauf Der Ti-Komponenten wissen sollten (PDF | 5 Seiten), die insofern als Entscheidungsgrundlage empfohlen werden kann.
Für betroffene CGM-Kunden, die also vor September 2018 an die TI angebunden wurden, besteht aktiver Handlungsbedarf. Denn ohne gültiges Zertifikat ist das Einlesen der eGK oder der Versand von KIM-Nachrichten inkl. eAUs, nicht möglich. Die CompuGroup hat hierzu Infos zusammengestellt (~ direkt zu), inkl. der Möglichkeit zum Check via Kundennummer, ob bzw. wann eine Praxis betroffen ist. Ein (auch für CGM-Kunden) informatives FAQ bietet Secunet (~ öffnen), während Rise als dritter Hersteller unverblümt darauf setzt, Umsteiger von CGM einzufangen und eigene Kunden zum vorzeitigen Austausch zu bewegen (~ direkt zu) – ähnlich auch Red.Medical, die Farmlösungen anbieten (~ direkt zu).
Im Übrigen bleibt es beim ‘Endziel’, ab 2025 den Zugang zur TI komplett von der Hardware abzulösen und rein über virtuelle Identitäten zu gestaltet. Das ergibt sich nicht nur aus der Digitalisierungsstrategie des BMG (~ siehe Reiter Nachrichten) und dem angestrebten Wechsel auf eIDs, sondern auch aus dem Umstand, dass sämtliche diskutierten Software-Verlängerungslösungen grundsätzlich nur bis Ende 2024 zulässig sind. In eindreiviertel Jahren kommt also so oder so ein weiterer Wendepunkt.
c’t – Magazin f. Computertechnik – Heft 2/2023
Konnektoren laufen länger (PDF)
gematik (Stand Jahreswechsel 2022/23)
Einordnung zum Konnektortausch und den Alternativen dazu
Golem.de (IT-News f. Profis) v. 11.12.2022
TI-Konnektoren bekommen offiziell Option auf Softwareupdate
Entbudgetierung: Fakten für Pädiater – Versprechungen für Hausärzte
Am Freitag, dem 31. März, wurde vom Bundesrat als Top 43 das ‘Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland – und zur Änderung weiterer Gesetze’ beraten und beschlossen (~ zur BR-Dokumentation). Diese zweite Schleife durch den Bundesrat war nötig, weil in dem Gesetz zur UPD-Reform, das der Bundestag bereits am 15. März verabschiedet hatte, am Ende so viele thematisch neue Änderungen untergebracht wurden, dass die frühere Zustimmung des Bundesrates als nicht mehr gültig angesehen wurde. Eine dieser kurzfristig ‘aufgepfropften’ Änderungen ist die Entbudgetierung der Kinder- und Jugendärzte. Damit kann diese – wie vom BMG angekündigt – tatsächlich direkt mit Beginn des zweiten Quartals, starten. Geändert wurde § 87a SGB V – im PDF des Gesetzes lässt sich ab Seite 5 unten der konkrete Wortlaut nachlesen. Positiv betroffen sind sowohl die allgemeinen also auch die fachärztlichen Pädiater, aber auch die Kinder- und Jugendpsychiater (~ wir berichteten die Details in KW11).
Praktisch geht es aber nur für die KJ-Psychiater um eine echte Entbudgetierung. Für die Pädiater wurde dagegen ein Verfahren beschlossen, gemäß dem die Kassen Nachzahlungen leisten müssen, wenn die MGV zur Honorierung aller erbrachten Leistungen nicht ausreicht. D.h. es gibt nach jedem Quartal eine Art Klärungsberechnung, ob und wie viel die Kassen nachlegen müssen. Als Basis muss der Bewertungsausschuss zunächst einmal berechnen, bzw. festlegen, welcher Anteil des MGV-Gesamtbudgets überhaupt auf die Kinderärzte entfällt. Klar ist also: Einfach wird das ganze Verfahren nicht. Der SpiFa etwa urteilte: “Die Systematik ist einfach Murks.“ (~ Quelle) Der sachsen-anhaltinische KV-Vorsitzende sagte dazu: “Das ist … eine extrem aufwändige extrabudgetäre Zahlung der Differenz. Die finanzielle Entlastung wird zur bürokratischen Belastung, mögliche Zahlungen erst spät die Praxen erreichen.“ (KVSA-Pro – Heft3/2023 – Seite 6). Dem einzelnen Kinderarzt kann das jedoch egal sein – für ihn gilt grundsätzlich Lauterbachs Ansage, dass seine Auszahlungsquote künftig bei 100 % liegen soll. Allerdings kann Berechnung und Auszahlung tatsächlich dauern. Diese werden daher – mindestens am Anfang – eher nicht direkt mit dem allgemeinen Honorarbescheid des MVZ zusammenfallen.
Die damit gemachte, pädiatriespezifische Ausnahme von den Budgetdeckeln weckt aber natürlich Begehrlichkeiten bei anderen Fachgruppen – bspw.: KV Thüringen fordert komplettes Aus der Budgetierung oder Bayerische Zahnärzte fordern Abschaffung der Budgetierung. Halbwegs realistisch ist dies jedoch lediglich für die Hausärzte. Denn just als wir am 15. März in der letzten PRAXIS.KOMPAKT-Ausgabe erklärt hatten, warum es hier wohl zu keiner Entbudgetierung kommen wird, obwohl dies gerade für die Allgemeinmedizin sogar im Koalitionsvertrag verankert ist, hat der Bundesgesundheitsminister unsere Erläuterungen konterkariert und am 16. März zur Hausarzt-Entbudgetierung erklärt: “Wir werden da Wort halten.“
Nun gut – mal abwarten. Denn viel mehr hat Karl Lauterbach zu dem Thema dann auch nicht gesagt: Kein Zeitfenster, keine Details. Der Hausärzteverband jedenfalls wünscht sich ein Verfahren, wie es die Kinderärzte ab 1. April nun bekommen: “In dieser Form benötigen wir die Entbudgetierung auch in der hausärztlichen Versorgung. Denn damit würden die Praxen grundsätzlich gestärkt, insbesondere würden aber Regionen profitieren, in denen die hausärztlichen Honorare besonders stark gekürzt werden, wie etwa in Berlin oder Hamburg.” (~ „Zügige Entbudgetierung“ – aber richtig!)
Ärzteblatt v. 20.03.2023
Hartmannbund warnt vor scheibchenweiser Entbudgetierung
ÄrzteZeitung v. 16.03.2023
Lauterbach sichert Hausärzten Abschaffung des Budgets zu
Ärzteblatt v. 17.03.2023
Entbudgetierung der Pädiatrie: Was das konkret bedeutet
3-Maßnahmenplan für mehr Transparenz zu MVZ veröffentlicht | Zahnärzte greifen BMVZ als Auftragnehmer der Investoren-Lobby an
Um der aktuellen politischen Debatte um MVZ eine bessere statistische und sachliche Grundlage zu geben, braucht es dringend mehr Transparenz. Mit diesem Gedanken hat der BMVZ-Vorstand einen 3-Maßnahmen-Plan erarbeitet und fachlich ausführlich unterlegt. Ansatzpunkt ist der Fakt, dass fast alle der im Kontext der MVZ-Debatte geforderten Daten bei den Zulassungsausschüssen der KVen regelhaft vorliegen; also für eine deutliche Verbesserung der Informationslage ‚lediglich‘ bundesweit zusammengeführt und aggregiert werden müssten. Diese Feststellung ist auch bereits vom Autorentrio um Prof. Ladurner getroffen worden, der 2020 im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums den Rechtsrahmen der MVZ untersucht hat (~ Faktenblatt des BMVZ: Transparenz & Datenanalysen im MVZ-Kontext – Warum ein Strukturregister dringend gebraucht wird | PDF – dort Seite 2).
Im Wesentlichen wird vorgeschlagen, dass der Gesetzgeber möglichst zeitnah ❶ das digitale Arztregister um ausführliche Strukturkriterien erweitert, so dass alle bereits jetzt schon vorliegenden strukturellen Zulassungsdaten auswertbar werden. Zu den verschachtelten, zulassungsrechtlich nicht erfassbaren Gesellschafterebenen der derzeit rund 50 aktiven PE-Akteure wird ❷ gefordert, bereits vorliegende Analysen, bzw. Recherchen stärker zu berücksichtigen, bzw. sie zu systematisieren (~ bspw. Arztpraxen & MVZ: Private-Equity-Gesellschaften forcieren Konzentrations-, Internationalisierungs- und Digitalisierungsprozesse | R. Bobsin v. April 2022 | PDF 11 Seiten). ❸ wird empfohlen, für Patienten die Verpflichtung, dass MVZ auch als solche gekennzeichnet werden müssen, als gleichförmige Basisinformation analog zu den entsprechenden Vorschriften für BAG einzuführen. Tatsächlich sehen die Vorschriften diese Kennzeichnung bisher nicht vor, und die engen Praxisschildvorschriften zwingen MVZ daher in eine rechtliche Grauzone. Konkret fordert der BMVZ also, unabhängig vom MVZ-Namen auf jedem Praxisschild die Beschriftung als M-V-Z, ergänzt um die Angabe der jeweiligen Rechtsform bspw. als MVZ GmbH, MVZ eG, MVZ gGmbH, MVZ GbR, MVZ AöR.
Über diese Initiative wurde inhaltlich teils ausführlich berichtet: ÄrzteZeitung | Tagesspiegel Background Gesundheit | änd. Noch mehr Aufmerksamkeit gab es allerdings, als die beiden obersten Zahnarzt-Institutionen KZBV und BZÄK einen Tag später eine Art Folge-Pressemitteilung veröffentlichten, mit der gezielt versucht wurde, die fachlich begründeten Vorschläge des BMVZ als reine Verschleierungstaktik zu diskreditieren. Dies verdeutlichte bereits die gewählte Überschrift: “Alibivorschläge der Investoren-Lobby dürfen die politische Debatte nicht weichspülen!” Dass die Vorschläge weder ein Alibi sind, noch der Verband im Auftrag von irgendjemandem handele, stellte der BMVZ unmittelbar klar oder – um den Tagesspiegel Background Gesundheit zu zitieren: “Die BMVZ-Geschäftsführerin Susanne Müller verwahrte sich gestern auf Anfrage dagegen, „als Investoren-Lobby betitelt zu werden“. Ihr Verband trete einzig und allein „gegen eine für die Gesellschaft teure und nicht nützliche Bürokratie ein“, erklärte sie. In weiteren Veröffentlichungen (bspw. via LinkedIN | Twitter) wurden KZBV und BZÄK vom BMVZ aufgefordert, zum sachlichen Dialog zurückzukehren, anstatt gröbste Nebelkerzen zu werfen.
Bundesverband MVZ v. 30.03.2023
Reaktionen auf die Transparenzinitiative des BMVZ lassen tief blicken
ZM Online v. 28.03.2023
KZBV und BZÄK zu Investoren in der Zahnmedizin:
„Alibi-Vorschläge der Lobby dürfen die politische Debatte nicht weichspülen!“
Bundesverband MVZ v. 27.03.2023
Drei Maßnahmen zu mehr Transparenz für MVZ | Eine Initiative des BMVZ e.V.
Die GMK im Wiederholungsmodus | Länderminister fordern strenge MVZ-Regulierung
Am 27. März haben die sechszehn Landesgesundheitsminister in einer Videoschalte u.a. beschlossen, dass ambulante Versorgungszentren im Kontext der Investorendebatte dringend stärker reguliert werden sollten. Die Presse hat breit berichtet – bspw. FAZ v. 27. März. Allerdings gab es einen ähnlichen Beschluss auch schon im Juni 2022 (~ Beleg: Zahnmedizinische Mitteilung) – und auch einen im November 2021 (~ Beleg: Ärzteblatt) – sowie einen im Oktober 2020 (~ Beleg ÄrzteZeitung). Und alles blieb ohne Konsequenz. Folglich drängt sich die Frage auf, was bei diesem Mal anders sein sollte?
Fakt ist, dass die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) das Thema ‘nicht-ärztliche MVZ-Träger’ durchgängig auf der Agenda hat(te), ohne damit bisher substantiell zum Bundesgesetzgeber durchgedrungen zu sein. Die lange geforderte Bund-Länder-AG zur MVZ-Regulierung kam nicht zu Stande, weil der Bund keine Notwendigkeit dazu sah (~ 14. Mai 2022: Regierung plant keine Arbeitsgruppe zu Investoren-MVZ). Was wiederum die Länder im Sommer veranlasste, eine reine Länder-AG zu initiieren. Diese hat seit November 2022 mehrfach getagt – federführend und treibend war hierbei, wie auch bei den vorherigen Initiativen, das Land Bayern. Ergebnis ist das jetzt vorgelegte Eckpunktepapier zu MVZ-Regulierung, das vor allem bereits bekannte sowie teils schon als nicht umsetzbar bewertete Regulierungsansätze neu aufwärmt. Zusätzlicher Druck soll dadurch erzeugt werden, dass beschlossen wurde, eine förmliche Gesetzgebungsinitiative des Bundesrates vorzubereiten. Damit wurde – surprise, surprise: Bayern bauftragt.
Was bedeutet das?
Der Bundesrat ist eine von nur drei Institutionen, die Gesetzgebungsinitiativen starten können. Dazu muss im Plenum des Bundesrates ein Einbringungsbeschluss mit absoluter Mehrheit der Länder gefasst werden (~ Stimmenverteilung im Bundesrat). Wenn Bayern also beauftragt ist, aus den aktuell vorgelegten Eckpunkten, zu denen bereits jetzt einige Länder Sondervoten und Enthaltungen zu Protokoll gegeben haben, einen Gesetzesentwurf zu kreieren, dann ist noch nicht gesagt, dass dieser den Bundesrat auch glatt passiert. Aber selbst wenn: Nächster Schritt wäre die Zuleitung an den eigentlichen Gesetzgeber, den Bundestag, der dann seinerseits beginnen wird, an den Formulierungen und Zielen zu schrauben. Die Länder können – so gesehen – nur die Behandlung mit dem Thema erzwingen, nicht aber direkt die Inhalte bestimmen.
Aber ohne Frage, der aktuelle GMK-Beschluss bedeutet ein weiteres Ansteigen des Drucks, der ohnehin auf dem Thema liegt. Es gab natürlich direkt auch Applaudierende: Internisten | Zahnärzte. Möglicherweise bewirkt die entstandene Gesamtsituation, dass die Bundesregierung sich ihrerseits mehr beeilt, einen eigenen Vorschlag vorzulegen. Bekanntermaßen ist Minister Lauterbach ja durchaus auf Länderseite, was die Haltung zu weiterer Beschränkung nicht-ärztlicher Träger betrifft (~ Das MVZ als Politikum | Ankündigung von K. Lauterbach v. 24.12.2022) – allerdings kann er als BMG allein, d.h. ohne Konsens in der Regierung, keinen Entwurf veröffentlichen. Und hierbei ist – vor dem Hintergrund aller weiteren Streitigkeiten der drei Koalitionsparteien – nicht ganz unrelevant, dass der Koalitionsvertrag kein Regulierungsprojekt zur Investoren-Thematik bei den MVZ vorsieht.
Daher gilt als vorläufiges Fazit: Die GMK hat einen weiteren Stein auf dem politischen Spielfeld gezielt bewegt, um Zugzwang zu erzeugen. Bleibt man in der Metapher des Spiels, könnte man aber dennoch konstatieren: Die Figuren befinden sich nach wie vor in der Phase der Spieleröffnung und strategischen Aufstellung. Aussagen über Dauer des ‘Spiels’ und darüber, ob am Ende jemand (z.B. Investoren als Träger) Matt gehen oder ein Remis stehen wird – lassen sich derzeit nach wie vor nicht valide ableiten. Insbesondere besteht kein Anlass anzunehmen, dass die Ländervorschläge eine 1 zu 1 Umsetzung erfahren. Wirklich lesen müssen die Eckpunkte daher nur die Akteure des gesundheitspolitischen Berlins. Für die Praktiker in den MVZ vor Ort entfaltet der aktuelle GMK-Beschluss keinerlei konkrete Relevanz.
Tagesspiegel Background Gesundheit v. 30.03.2023
Wie die Länder MVZ-Investoren bremsen wollen
Ärzteblatt v. 28.03.2023
Gesundheitsminister schnüren Forderungspaket an den Bund
Bayrisches Ministerium f. Gesundheit v. 27.03.2023
Holetschek: MVZ stärker regulieren – Bayern bereitet im Auftrag der Gesundheitsministerkonferenz Bundesratsinitiative vor
Digitalstrategie des BMG | Lauterbach strebt wesentliche konkrete Fortschritte bis 2025 an
Dieser Beitrag stammt bereits aus der Ausgabe der KW11.
Wegen fortgesetzer Relevanz veröffentlichen wir ihn als Teil dieser Ausgabe erneut.
Angekündigt eigentlich erst für April 2023 wurde vom Bundesgesundheitsministerium am 9. März vorfristig die Digitalisierungsstrategie für die nächsten Jahre vorgestellt. Basis war ein öffentlicher Beteiligungsprozess, der im Herbst 2022 gestartet worden war. Ergebnis ist eine 44-seitige Broschüre, die durchaus ambitioniert darstellt, was das BMG im Bereich digitalisierte Gesundheit und Pflege erreichen und umsetzen möchte. Kritiker, wie die KVen, monierten sofort, dass viele Fragen der konkreten Ausgestaltung der zahlreichen Digitalisierungsvorhaben offenbleiben (~ Lob und Kritik für Lauterbachs Digitalstrategie | Digitalisierungspläne des BMG: KV RLP sieht viele Fragen ungeklärt). Und tatsächlich handelt es sich um ein übergeordnetes Papier, das zunächst einmal eine allgemeine Vision entwickelt sowie ein Zielbild aufzeigt, wo die Reise überhaupt hingehen soll.
Klar wird dabei, dass Lauterbach plant, in den zentralen Punkten der patientenorientierten Anwendungen wie ePA, eRezept und Telemedizin noch in der laufenden Legislatur ‘zu Potte zu kommen’. Das erklärt die engen Fristsetzungen für eRezept (Januar 2024) und Patientenakte (Januar 2025). Gleichzeitig müssen alle, die genau dazu konkrete Antworten suchen, wie bekannte Umsetzungshürden angegangen werden sollen, auf die parallel angekündigten Gesetzesentwürfe warten. Die Rede ist von einem Digitalgesetz sowie einem Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Beide sollen zeitnah, “in den nächsten Wochen” vorgelegt werden. Eine defätistische Haltung könne man sich nicht leisten – “Wir machen große gute Gesetze” sagte Lauterbach bei der Vorstellung wörtlich (~ Quelle).
In der Berichterstattung wurde zu dem Papier bisher meist einengend über die ePA oder das eRezept berichtet. Tatsächlich wird aber wirklich eine umfassende Vision vorgestellt und jeweils kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen abgeleitet, bzw. angekündigt. Zum Beispiel soll kurzfristig die 30%-Grenze für Leistungen, die von Vertragsärzt:innen via Videosprechstunde erbracht werden, entfallen und mittelfristig vor allem auf dem Land Möglichkeiten zur ‘assistierten Telemedizinnutzung’ geschaffen werden, um gerade auch Patientengruppen, die nicht so technikaffin sind, den Zugang zu schwer erreichbaren Experten zu ermöglichen. Als ‘Assistenten’ werden Gesundheitskioske und Apotheken benannt. Auch soll das Innovationsfondskonstrukt verstetigt werden, um weiterhin kreative Lösungsansätze auf Nutzbarkeit für die Regelversorgung testen zu können. Ebenfalls kurzfristig wird zudem die Konzentration auf die Evolution der DMPs zu d(igitalisierten)DMPs fokussiert. Dabei geht es um digital unterstützte, integrierte Versorgungspfade. Die Wortwahl dDMP ist jedoch vermutlich etwas bürokratisch und unglücklich gewählt – der Autor von eHealth.com jedenfalls hat sofort eDMPs daraus gemacht. Inhaltlich sollen für diese modernisierten DMPs priorisiert MIOs – also Anwendungen mit unmittelbarem Patientennutzen wie Medikationsplan, Impfpass, etc. – entwickelt, bzw. weiterentwickelt werden. Begleitend sollen mittelfristig sämtliche Leistungserbringer zur Anbindung an die TI verpflichtet werden.
Allen, die für ihr Unternehmen strategische Entscheidungen mit Blick auf die Digitalisierung treffen müssen, sei die Lektüre der Original-BMG-Veröffentlichung empfohlen. Sieht man über das übliche und wohl notwendige Politik-Blabla hinweg, bekommt man schnell und konkret einen Überblick, welche Handlungsfelder sich das BMG vorgenommen hat und, wo mit Auswirkungen auf den eigenen Bereich gerechnet werden muss. Die bisherige Berichterstattung, die auch Grundlage für die Kurzdarstellung ist, die Sie gerade lesen, wird der Komplexität und Vielschichtigkeit der vorgestellten Pläne – jedenfalls bis dato – nicht gerecht. Erwähnenswerte Ausnahme ist die Darstellung im gedruckten Ärzteblatt v. 17. März (~ PDF öffnen).
eHealth.com v. 15.03.2023
Habemus E-Health-Strategie
FAZ v. 09.03.2023 / Vollveröffentlichung durch das BMG
Lauterbach im Interview mit der FAZ:
“Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern wichtiger Bestandteil moderner Medizin”
BMG zur Digitalisierungsstrategie v. 09.03.2023
allgemeine Informationen | Pressemitteilung | Gemeinsam digital – Download als PDF (Broschüre – 44 Seiten)
MFA-Mangel | Quereinsteiger am Praxistresen: Potential oder Risiko?
Der Fachkräftemangel ist überall spürbar und Praxen konkurrieren bereits jetzt um gute und engagierte Mitarbeitende. Diese entscheiden im Endeffekt mit ihren Füßen, was laut Zi-MVZ Panel in 2021 zu einer vergleichsweise hohen Fluktuation bei den MFA führte, die zudem für nicht wenige MVZ eine Negativbilanz ausweist, sprich es gehen dort mehr MFA, als neu hinzukommen (~ Berichtsband zum Zi-MVZ-Panel 2020 | im PDF Seite 21f). Natürlich hat diese Frage aber eine starke Stadt-Land-Komponente – dennoch gab mit 75 % die große Mehrheit der MVZ an, Nachbesetzungsprobleme beim nicht-ärztlichen Personal zu haben. Umso mehr ist die Frage relevant, wie zum Beispiel Berufsumsteiger in die Arztpraxis sinnvoll integriert werden können.
Die Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe (~ mehr zum vmf als Gewerkschaft) hat gerade dazu allerdings kürzlich Zweifel angemeldet. Mit Blick auf die Tätigkeiten, die eine, nicht durch eine MFA-Ausbildung qualifizierte Kraft leisten könne, gab sie zu bedenken, dass sowohl am Tresen als auch „am Telefon sehr häufig eine Triage erfolgt, also Patienten gezielt nach ihren Beschwerden gefragt werden, um die Termine nach Bedarf zu vergeben.“ Als typische Fehlerquelle sieht sie auch das Ausstellen von Wiederholungsrezepten, das oft vom Tresenpersonal gesteuert wird. Im Weiteren verweist sie auf Probleme bei der gerechten Entlohnung, da „die Einstiegsgehälter der MFA … nur knapp über 2200 Euro und damit nur wenig über dem gesetzlichen Mindestlohn [liegen].“ Dies dürfte Quereinsteigern aus anderen Berufen oft nicht reichen – da selbst Lebensmitteldiscounter ihre Verkäufer:innen besser bezahlen. Anderseits kommt für Praxen, die an den MFA-Tarif gebunden sind, für nicht gesondert fortgebildete Einsteiger eben nur die Einstufung in die Tätigkeitsgruppe 1 in Frage. Schlussfolgernd fordert die vmf-Präsidentin König die Arztverbände auf, die Nachqualifikation stärker in den Fokus zu nehmen.
Zu der vom vmf geforderten Nachqualifikation gibt es einige Pilotprojekte, wie „Quereinsteiger*innen in Arztpraxen“ in Regensburg, in dem Praxis-Grundlagen vermittelt werden, aber bisher keine bundesweiten Strategien. Summa summarum deutet sich hier von Seiten der Interessenvertretung der MFA eine Bestrebung an, deren Tragweite momentan nicht absehbar ist, die aber durchaus Konsequenzen auf die Personalgewinnungsstrategien haben könnte, wenn beispielsweise eine zeitlich befristete Nachqualifikation irgendwann verpflichtend werden würde.
Exkurs Tarifvertrag MFA:
Der MFA-Tarif ist ein ‘Angebot’, dem sich Arztpraxen freiwillig unterwerfen können, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen. 2021 zahlten 31 Prozent der Praxen übertariflich, 53 Prozent waren freiwillig an den Tarif angelehnt (~ Quelle: Personalsituation in Praxen der vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Versorgung | Zi Paper, v.03.08.2021 – PDF | 62 Seiten). Die Bindung erfolgt mit der Mitgliedschaft bei der ‚AAA-Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten‘ (~ mehr zur AAA) oder über eine Selbstverpflichtung im Arbeitsvertrag. Grundsätzlich gibt es in der ambulanten Versorgung jedoch keine Tarifbindung – gleichzeitig gibt es bei großen MVZ-Trägern auch Haustarifverträge. Grundkenntnisse über den MFA-Manteltarifvertrag sollte aber jede/r MVZ-Verantwortliche dennoch haben – und wenn es nur darum geht, sich gegenüber den Mitbewerbern abzugrenzen. Eine übersichtliche Einführung inklusive Abruf der Verträge bietet der Virchow Bund (~ direkt zu).
Ärztenachrichtendienst v. 06.03.2023
Quereinsteiger in Arztpraxen: Eine umstrittene, aber häufig einzige Lösung
Praktisch Arzt v. 04.01.2023
Umfrage: Auch in MVZ wird der Fachkräftemangel zunehmend spürbar
Wenig Neues bei der Klinikstrukturreform | Zwischen Dauerdebatte & Pausenknopf
Die Krankenhausstrukturreform ist in aller Munde und Teil der Mainstream-Nachrichten. Das hat Einfluss auf die Art der Debattenführung. Stellvertretend sei hier das Hamburger Abendblatt zitiert, das den lauten Widerstand aus den Ländern in einem Satz zusammengefasst hat: „Wer als Politiker auch nur mit dem Gedanken spielt, eine Klinik für verzichtbar zu erklären, riskiert seine Glaubwürdigkeit, seine Legitimität im Amt – und die Wiederwahl.“ (~ Quelle) Damit erinnert die momentane Debatte wie ein Déjà-vu an die Situation von vor vier Jahren, als die Geschäftsführerin des BMVZ genau diese Reaktion der Landespolitiker auf die damalige Veröffentlichung der Bertelsmannstudie zu Klinikschließungen mit den Worten kommentierte: „Die Reflexe funktionieren“ (~ Kurzkommentar v. 26.07.2019 öffnen).
Anlass für die aktuellen Reflexe ist unter anderem die vom BMG vorgeschlagene Unterteilung der Kliniken in drei Kategorien und die damit verbundene Finanzierungsschlechterstellung von Kliniken mit niedriger Einstufung. Insbesondere auf kommunaler Ebene beschwören Politiker daher Szenarien mit zahlreichen Krankenhausschließungen. Zu diesen Kategorisierungplänen berichteten wir gesondert auf der BMVZ-Homepage (~ Krankenhausreform à la Lauterbach: Betrachtung aus der MVZ-Perspektive). Dieses Vorhaben geht nach Meinung der Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein deutlich zu weit – es wird ein Verstoß gegen Länderkompetenzen beklagt (~ BR v. 12.03.2023). Der Bundesgesundheitsminister hatte jedoch ausdrücklich erklärt, er sehe die Reformvorschläge als eben dies: als Vorschläge. Weshalb die Reaktion, eine Verfassungsbeschwerde anzudrohen, wohl auch vor allem als (partei-)politisches Säbelrasseln der drei Länder gedeutet werden muss. Was auch insgesamt für sämtliche derzeitigen Aussagen, Meinungen und Kampfankündigungen zum Themenkomplex Krankenhausreform gilt. Alle Akteure bringen sich in Stellung – leider zumeist im Sinne einer Verhinderungs- statt Gestaltungsallianz.
Für den praktischen Arbeitsalltag derjenigen, die vor Ort in Klinik und MVZ konkret Versorgung organisieren, sind all diese Geplänkel jedoch irrelevant. Ursprünglich sollten bis zum Sommer 2023 die vom BMG vorgelegten Reform-Empfehlungen in sechs Arbeitsrunden mit den Ländern überhaupt erst zu Eckpunkten weiterentwickelt werden. Aufgrund der unkooperativen Haltung der Länder hat das BMG jedoch am 23. März vorfristig angekündigt, einen neuen Reformvorschlag bis Ende April 2023 zu erarbeiten (Pressemitteilung: Krankenhausreform: Bund legt neuen Vorschlag bis Ende April vor). Damit haben die Länder aus ihrer Sicht einen Etappensieg erreicht – denkbar wäre allerdings auch, dass es dem BMG im Moment vor allem darum geht, die aufgeregte Debatte durch die Zwangspause etwas zu beruhigen.
GKV Spitzenverband, Stand 22.03.2023
Krankenkassenverbände unterstützen die Pläne der Bundesregierung
Ärztenachrichtendienst v. 22.03.2023
„Keine Zeit mehr für Ping-Pong zwischen Bund und Ländern“
Was sich ab dem 1. bzw. 8. April ändert: Corona-Regel-Check für den Praxisalltag
Dieser Beitrag stammt bereits aus der Ausgabe der KW11.
Wegen fortgesetzer Relevanz veröffentlichen wir ihn als Teil dieser Ausgabe erneut.
Zu Ostern laufen die verbliebenden Corona-Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) aus. Grund genug zu eruieren, welche Einschränkungen, aber auch welche – teils vermeintlichen – Vorteile damit wegfallen. Betroffen sind verschiedene organisatorische Aspekte des Praxisalltags, bzw. der konkreten ärztlichen Behandlungs- bzw. Verschreibungsoptionen. Nachfolgend eine kurze (nicht-vollständige) Übersicht zu fünf relevanten Bereichen:
Corona-Sonderregeln, die enden: Krankenhäuser dürfen ab 8. April im Rahmen des Entlassmanagements wieder nur Medikamente für 7 Tage mitgeben. Die bisherige Verlängerung auf den Bedarf für bis zu 14 Tage entfällt. Dasselbe gilt für die Verordnung von Hilfs- und Heilmitteln oder Soziotherapie und SAPV durch Klinikärzte. | Für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen U6 bis U9 gilt nur noch bis zum 31. März, dass die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten ausgesetzt werden dürfen. Alle verschobenen Früherkennungsuntersuchungen müssen bis zum 30. Juni 2023 nachgeholt werden. | Ab dem 8. April dürfen BtM-Rezepte nicht mehr – wie jetzt noch ausnahmsweise – außerhalb von Vertretungsfällen übertragen und von anderen Ärzten verwendet werden.
Maskenpflicht: Zum Stichtag 7. April entfällt die Maskenpflicht für die Besucher von Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen generell. Dies ist eine Bundesregelung; die Aufhebung gilt daher unmittelbar auch für alle Länder. Wir hatten bereits mehrmals auf das Hausrecht hingewiesen (zuletzt in der ~ Ausgabe der KW 7). Es ist allerdings nach aktuellem Stand nicht eindeutig, ob sich eine Maskenpflicht für Patienten auch nach dem 7. April über das Hausrecht begründen ließe. Zum 1. März hatte die Bundesregierung den Wegfall der Maskenpflicht für Praxispersonal zum Anlass genommen Folgendes klarzustellen: „Das Hausrecht der betroffenen medizinischen und pflegerischen Einrichtungen bleibt von dem Beschluss der Bundesregierung unberührt. Die Einrichtungen können nach den Begebenheiten vor Ort entscheiden, welche Schutzmaßnahmen insbesondere für die vulnerablen Gruppen notwendig sind.“ (~ Quelle) Ob Ostern ein ähnlicher Passus für die Rechtssicherheit veröffentlicht wird, oder die angeführte gar als universelle Stellungnahme zu verstehen ist, wird sich zeigen.
Arbeitsrecht: Für Personalverantwortliche ist zu beachten, dass die Coronabedingte Kinderkrankengeld-Regelung am 7. April ausläuft. Sprich, der Anspruch auf Kinderkrankengeld auch dann, wenn ein gesundes Kind aus pandemiebedingten Gründen zu Hause betreut werden muss, fällt ersatzlos weg. Allerdings gilt – wie bereits im Oktober 2022 beschlossen – die Erweiterung der Kinderkrankentage (30 statt 10) fort. Wörtlich heißt es beim BMG, dass: „gesetzlich krankenversicherte Eltern im Jahr … 2023 je gesetzlich krankenversichertem Kind für 30 Arbeitstage (Alleinerziehende für 60 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beantragen“ können. Dies gilt für das gesamte Jahr, wird aber 2024 nicht fortgeführt. (~ TK: Anspruch 2023: Erweitertes Kinderkrankengeld wird verlängert | IKK Ckassic: Kinderkrankengeld: Erweiterter Anspruch auch 2023 gültig).
Medikamente: In den vergangenen Tagen hatte es von Seiten der Apotheken einen massiven Appell an die Regierung gegeben, die Abgabe- & Austauscherleichterung für Medikamente weiterlaufen zu lassen (~ Ab 8. April ist Schluss – Abgabeerleichterungen: Wirklich keine Verlängerung möglich?) Ursprünglich zur Kontaktminimierung eingeführt, können Apotheken bisher mit dem aut-simile-Austausch von der ärztlichen Verordnung abweichen, wenn ein bestimmtes Mittel nicht vorrätig sein sollte. Dieses Vorgehen wollten die Apotheken, mit Berufung auf die Medikamentenknappheit beibehalten. Der Apell fand nun kurzfristig Gehör, weshalb die Regelung mit dem UPD-Gesetz bis zum 31. Juli 2023 verlängert wird (~ Apotheke Adhoc v. 14.03.2023: Ampel verlängert Abgaberegeln) Die KBV reagierte mit gehobenem Zeigefinger und mahnte vor einem erhöhten Risiko für Patienten (~ KBV: Ausnahme muss Ausnahme bleiben ).
Telefon-AU: Die Corona-Erleichterung, wonach Patienten mit Atemwegserkrankungen nach rein telefonischer Anamnese krankgeschrieben werden können, läuft bereits zum 31. März aus. Rufe, vor allem der Hausärzte, nach einer Übernahme in die Regelversorgung blieben ungehört. Normsetzer ist hier der G-BA. Jedoch wurde jetzt mit Veröffentlichung der angepassten AU-Richtlinie die Möglichkeit einer telefonischen AU ab dem 1. April in besonderen Sonderfällen geschaffen (~ Volltext der Änderung). Konkret gilt diese Option für Arbeitnehmer, welche von Amts wegen die Pflicht haben oder für die eine Empfehlung zur „öffentlich-rechtlichen Absonderung“ besteht. D.h. es handelt sich bei dieser Neuregelung um eine dauerhafte Überführung des Pandemie-Notfalles in ‘Normalzeiten’. Damit sollen Personen unterstützt werden, die bei einer Absonderung nicht ihre Wohnung verlassen dürfen und deren Arztpraxis keine Hausbesuche und keine Videosprechstunde anbietet. Vom Arztverbandswesen wurde hierzu die Kritik geäußert, dass Zeitpunkt der Erkrankung inkl. Notwendigkeit der AU-Ausstellung und behördliche Anordnung einer Absonderungspflicht meist auseinanderfallen – dass mithin die neuen Sonderregelung real nur wenig praxistauglich sei.
Hausarzt.Digital v. 15.03.2023
Absonderung wegen Covid? AU auch telefonisch weiter möglich
Apotheke Adhoc v. 15.03.2023
Verlängerung für Abgabeerleichterungen: Austauschregeln: Ausschuss gibt grünes Licht
Bundesministerium f. Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Fragen und Antworten zu Kinderkrankentagen und zum Kinderkrankengeld