NACHRICHTEN
Über das GVSG und seine Inhalte wird (viel) geredet.
Aber wird es auch beschlossen?
Am 19. und 20. September gab es in Berlin gleich drei Ereignisse, bei denen öffentlichkeitswirksam die Frage erörtert wurde, wann denn nun mit dem GVSG zu rechnen sei und welche Inhalte dies beträfe: (1) den Hausärztetag, (2) den BMVZ PRAKTIKERKONGRESS und (3) die Herbsttagung der ArGe Medizinrecht. Pointiert lassen sich die Ergebnisse in etwa bereits aus den unten verlinkten Überschriften ablesen. Obwohl die konkretesten Angaben wohl auf der Juristentagung gemacht wurden, über die es wiederum keine Presseberichte gibt. Dort hat u.a. Katja Kohfeld, die Leiterin der Unterabteilung 22 des BMG über den Stand der aktuellen Gesetzgebungsaktivitäten und über das GVSG referiert. Eine ihrer Aussagen war, so ist zu hören, dass ein zweites Versorgungstärkungsgesetz, das ja lange angekündigt wurde, tatsächlich nicht mehr kommen werde, dass aber geplant sei, weiterführende MVZ-Regelungen in den bestehenden GVSG-Entwurf noch einzuarbeiten. Allerdings seien diesbezügliche Inhalte in der Regierung nach wie vor nicht konsentiert.
Durchdenkt man diese Worte genau, wird klar, dass sich qualitativ dahinter nichts anderes verbirgt, als die vergleichbaren bisherigen Ansagen aus dem BMG: Der Wille zur Begrenzung der MVZ-Trägerschaft ist im BMG vorhanden, konkret ausgearbeitete Vorschläge auch, aber ob sich dafür koalitionsintern eine Mehrheit finden lässt, ist offensichtlich weiter offen. Und das zum jetzigen, doch recht fortgeschrittenen Stand des Gesetzgebungsprozesses. Insofern passt dazu die im Rahmen des BMVZ PRAKTIKERKONGRESS getätigte Aussage der BMVZ-Geschäftsführerin Müller, dass sich zwar derzeit nicht seriös vorhersagen lasse, dass es keine MVZ-Regulierung geben wird, aber die Wahrscheinlichkeit für eine solche sei weiter gesunken. Konkreter kann man leider in diesen besonderen Zeiten zu dieser besonderen Frage nicht werden.
Zumal die als nächster Schritt notwendige Fachanhörung des Gesundheitsausschusses im Bundestag für das GVSG auf ein noch unbestimmtes Datum nicht vor Mitte Oktober verschoben wurde – nachdem es lange geheißen hatte, dass sie am 26. September stattfinden solle. Terminiert ist von den laufenden Gesetzgebungsverfahren jedoch allein die Anhörung zur Krankenhausreform – auf den 25. September | ~ mehr Infos. Lauterbach selbst nimmt die beständige Kritik an ihm und seine folgenlosen Ankündigungen offenbar mit Galgenhumor. Bei seiner Eingangsrede zum Hausärztetag sagte er am 19. September: „Auf meine Gesetze wird wenigstens gewartet“, sie seien offenbar eine „Verheißung.“ (~ Quelle)
Dabei ging es im Kern bei dieser Rede vor der versammelten Hausärzteschaft natürlich vor allem um die hausärztliche Honorarreform und Entbudgetierung, die ja zwei der weniger umstrittenen Teile des GVSG sind. Obwohl einerseits die hausärztlich tätigen Diabetologen mit großer Sorge auf diese Pläne schauen, da sie als atypische Versorger – völlig zu Recht – befürchten, bei einer Reform, die reinweg auf klassische Hausarztpraxen ausgerichtet ist, honorartechnisch unter die Räder zu kommen (~ Diabetologen mahnen Nachbesserungen bei Reformplänen an). Andererseits hat der Bundesrechnungshof gerade erst Anfang September noch einmal seine vehemente Kritik an sämtlichen Entbudgetierungsplänen und generell an der Höhe der extrabudgetären Honorarzahlungen erneuert. In einer Pressemeldung vom 3. September fordern die Haushaltsprüfer daher: „Mehr Ausgabenkontrolle für ambulante ärztliche Versorgung,“ und führen aus, dass Karl Lauterbach zwar eine Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen ins Spiel gebracht habe, dass aber „der Bundesrechnungshof daran [zweifelt], dass damit insgesamt die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung von Versicherten maßgeblich verbessert wird.“ Diese These wird u.a. mit Zahlenwerk zur fehlenden wirtschaftlichen Effizienz der TSVG-Boni, die ja bis 2023 auch mit Entbudgetierungen einhergingen, belegt. Die unmittelbar erfolgte Gegenrede des ‘Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung’ (Zi) lässt sich hier nachlesen: Kritik des Bundesrechnungshofs an Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen trifft auf Unverständnis
Zusammengefasst bleibt somit eigentlich für alle Inhalte, die bereits im GVSG-Entwurf enthalten sind, oder von denen diskutiert wird, dass sie neu oder wieder hineingenommen werden sollen, fortgesetzt nur die Erkenntnis: Nichts Genaues weiß man nicht. Und das wird wahrscheinlich auch die nächsten vier bis sechs Wochen noch so bleiben.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der PRAXIS.KOMPAKT-Ausgabe der KW 38/2024.