Das ePA-Projekt | Aktueller Stand, Aussichten
und Handlungsempfehlungen für Praxis + MVZ
Vor gut sechs Wochen hat das BMG mit einer ‚noch 100 Tage-Aktion‘ (~ BMG-Pressemitteilung v. 30.09.2024) die ‚heiße‘ Phase seiner Kommunikationsoffensive zum ePA-Start eingeläutet. Die Folge: Das Gefühl eines medialen Dauerfeuers rund um die neue Verpflichtung, die offiziell Mitte Januar an den Start gehen soll. Wobei nicht nur gematik (~ Use Cases in Arztpraxen) und BMG (~ ePA-Vorteile) Informationskampagnen fahren, sondern insbesondere auch K(B)V und viele Arztverbände mit eigenen Aktivitäten Unterstützung leisten. Parallell erhalten die GKV-Patienten bereits flächendeckend Post von ihrer Krankenkasse – hier geht es vor allem um die Information über das individuelle Widerspruchsrecht. Das, so die Berichte der Kassen einhellig, bisher nur von sehr wenigen Patienten ausgeübt wird.
Über diese ganzen Aktivitäten lässt sich beinah vergessen, dass der für 15. Januar angekündigte Start definitiv nur für die zwei offiziellen Testregionen gilt – und zusätzlich seit Kurzem auch für ein (noch aufzubauendes) Freiwilligennetzwerk aus NRW (~„ePA-Modellregion NRW“ – Teilnehmende Praxen gesucht). Für alle anderen Praxen und MVZ wird allgemein der 15. Februar als Startdatum angegeben, wenngleich auf der Hand liegen dürfte, dass dieses Datum bei einem Projekt dieses Umfangs kaum haltbar ist. Jedenfalls soweit die Reibungslosigkeit des Echt-Tests in den vier Wochen zuvor zur Bedingung gemacht wird. Die gematik schreibt hierzu in ihrem Faktencheck: „Wenn bei der intensiven Testphase Probleme auftauchen sollten, wird eine Verlängerung der Testphase geprüft. Das BMG wird anhand der Rahmenbedingungen entscheiden, wann eine flächendeckende Nutzung eintritt. [Erst] Ab dann greift auch die bundesweite Verpflichtung zur Befüllung und Nutzung.“ (~ Quelle | zum Faktencheck allgemein)
Der Zeitplan kann damit, anders als zumeist kommuniziert, als relativ offen gelten. Noch ist völlig unklar, wie ausgereift das Frontend der ePA im Januar daherkommen wird. Den PVS-Anbietern fehlen hier teils bis heute wichtige Voraussetzungen, bzw. Spezifikationen, um die nötige Programmierarbeit anzugehen. Als Alternativszenario wäre ein bundesweiter Start zum Sommer 2025 denkbar, zumal wesentliche Funktionen wie der eMedikationsprozess und das Einstellen von diagnostischen Bilddateien von vornherein erst zum 1. Juli 2025 geplant sind. Letzteres übrigens unfreiwillig, da ein vom Fraunhofer Institut vor Kurzem vorgenommener Sicherheitscheck ergeben hat, dass die Funktionalität, Bilddateien hochzuladen, bisher nicht ‚bestmöglich umgesetzt‘ sei, weswegen kurzerhand Dateiformate wie png oder jpeg aus der Liste erlaubter Formate gestrichen wurde. (~ ePA: Bilddaten monatelang nur über Umweg möglich)
Was ist vor diesem Hintergrund Praxisverantwortlichen zu raten, die sich und ihr Team effizient vorbereiten wollen? Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass die ePA für alle tatsächlich in 2025 kommt – der Februar allerdings wird gemeinhin als ‚sportlich‘ angesehen (~ bspw. durch die KV Niedersachsen). Gleichzeitig deutet die im Vergleich zu eAU und eRezept-Einführung völlig veränderte Informationspolitik – die eher einem Informations-Tsunami gleicht – auf Lerneffekte hin, sowie auf die tatsächliche Absicht, die Leistungserbringer diesmal proaktiv mitzunehmen.
Diesen ‚Tsunami‘ zu sortieren, ist wiederum inzwischen ein eigenständiges, auch zeitaufwändiges Projekt geworden, weswegen wir am Ende des Beitrags gezielt auf vier Informationsangebote hinweisen, die im Sinne von Informationseffizienz und Praxisorientierung etwas herausstechen. Im Übrigen sollte auch nicht vergessen werden, dass es einen etwa gleichgroßen ‚Tsunami‘ auch seitens prinzipieller Gegner des ePA-Projektes gibt. Ärzte und Praxismitarbeiter stehen damit doppelt vor der Herausforderung, die für sich relevanten Informationen aus diesem Überangebot herauszufiltern (~ ePA noch nicht marktreif – Verbände warnen).
Für den Moment sollte das u.E. daher auch die wesentliche Aufgabe von Praxisinhaber:innen und MVZ-Verwaltung sein: Sich selbst einen aktuellen Überblick über die Rahmenbedingungen und inhaltlichen Anforderungen rund um die ePA-Verpflichtung zu verschaffen, und gezielt zu überlegen, wie, wann, mit welcher Zielstellung und in welchem Rahmen das nötige Wissen praxisintern an Ärzte und MFA-Team weitergegeben werden kann. Dazu sollte unbedingt auch der Kontakt zum eigenen PVS-Hersteller gesucht und erfragt werden, wann hier mit Schulungsmaterial zu rechnen ist. Denn klar ist – unabhängig von den gemeinsamen Funktionsanforderungen – nicht nur jede Krankenkasse hat für ihre Patienten ein eigenes Frontend, nein, das gilt auch auf PVS-Seite. Die gematik hat angekündigt, jeweils PVS-bezogene Anleitungen und Videomaterial zur Verfügung zu stellen, außerdem sind spezifischen Schulungen für besondere Anforderungen vorgesehen. Etwa für Psychologen (besonders sensible Daten) oder für Kinderärzte (minderjährige GKV-Versicherte). Der Zeitpunkt für entsprechende Veröffentlichungen ist allerdings unklar.
D.h. im Grunde kann keine Praxis derzeit wirklich konkret in die Vorbereitung für die ePA 3.0. gehen. Selbst in den Testregionen, die also ziemlich sicher bereits in rund 10 Wochen an den Start gehen, fehlt es hierzu an wesentlichen Basisinformationen zum genauen Wie. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, das ganze Thema gedanklich komplett zu verschieben, scheint allerdings kein guter Rat. Zu groß sind die prozessualen Veränderungen, die mit der ePA-Einführung für das Sprechstundengeschehen einhergehen. MVZ und Praxen als Arbeitgeber angestellter Ärzte kommt dabei eine stark koordinierende Aufgabe zu, die durch eine frühzeitige Vorbereitung seitens der Praxisleitung ohne Frage erleichtert wird.
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