Praxistipp zur Schulattest-Schwemme: Verantwortung liegt bei Schulen und Kitas
Im Dezember 2022 hatte die KV Rheinland-Pfalz darauf hingewiesen, dass es in den Praxen und MVZ zu einer auffallenden Zunahme bei der Ausstellung von Attesten für Kita-Kinder und Schüler gekommen sei. Dabei wurde unmissverständlich klargestellt, dass solche Atteste keine Kassenleistung sind und dass die Forderung der Schulen nach Attestierung die Ärzte unbotmäßig belasten würde (~ KVRP v. 19.12.2022). Der örtliche Hausärzteverband hatte ergänzend im Januar die Landesbehörden eingeschaltet, denn: „Wie Sie alle wissen, werden unsere Infekt Sprechstunden teilweise von mäßig kranken Schulkindern bevölkert, nur weil die Schulen ein Attest fordern oder teilweise auch, weil die Eltern dies in vorauseilendem Gehorsam für sicherer halten.„
Die Antwort des Bildungsministerium wurde mit dem März-Rundschreiben des Hausärzteverbandes als Volltext veröffentlicht (~ Rundschreiben öffnen, im PDF Seiten 2 & 4f). Darin bestätigt die Behörde vollumfänglich die Auffassung von KV und Hausarztverband, wonach Schulen überhaupt nur in Ausnahmefällen ein Attest einfordern dürften. Gleiches gilt für Kitas. Als ein solcher Ausnahmefall wird vom Ministerium angeführt, „wenn bei den Schulen der begründete Verdacht besteht, dass die für Fehlzeiten vorgetragenen krankheitsbedingten Gründe als Entschuldigung vorgeschoben sind. Das kann z. B. der Fall sein, wenn [Kinder] wiederholt an Wochenrandtagen … fehlen, oder wenn es sich um Unterrichtstage handelt, an denen … zuvor Beurlaubungsanträge abgelehnt [wurden].“ Da das Schulrecht bekanntermaßen Ländersache ist, weichen die konkreten Definitionen eventuell voneinander ab, was „besondere Fälle“ bedeuten. Für Rheinland-Pfalz betrifft dies nach der Einschätzung einer auf Schulrecht spezialisierten Anwaltskanzlei „analog der Handhabung in anderen Bundesländern vor allem … längere Erkrankungen (meist über 10 Tage) oder häufige Kurzerkrankungen …“ (~ Quelle).
Grundsätzlich und überregional liegt aber die Pflicht zur Übernahme der Kosten für die Ausstellung von Schul- & Kita-Attesten bei den Eltern. Die Attestausstellung kann und sollte also als Privatleistung in Rechnung gestellt werden. Die Rechtsberatung des Virchowbundes weist konkret darauf hin: „Die Muster-Berufsordnung schreibt vor, dass Ärzte nur gegenüber Verwandten, Kollegen, deren Verwandten und mittellosen Personen das Honorar ganz oder teilweise erlassen dürfen. Wenn Sie kostenfreie Atteste gewähren, verstoßen Sie außerdem gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.“ (~ Quelle) Für die Abrechnung ist regelhaft Nummer 70 der GOÄ anzusetzen, entweder zum einfachen oder 2,3-fachen Satz (2,33 € oder 5,36 €). Ob jetzt auch dieser Posten von der unlängst, seitens der Ärztekammer geforderten Abrechnung zum Maximalwert betroffen ist (~ vgl. Bericht in der Ausgabe der KW15), bleibt wohl letztendlich eine individuelle Entscheidung. Allerdings wäre dann auch eine zusätzliche Begründung des erhöhten Aufwandes nötig.
Sollte sich im Herbst erneut ein Ansturm auf die Praxen, mit dem Anliegen eines Attestes bei marginalen Symptomen, andeuten, ist es angesichts der obigen Ausführungen grundsätzlich aber auch denkbar, MFA und Ärzte zu briefen, die jungen Patienten an die Schule zurückzuverweisen und eine schriftliche Erfordernisbestätigung zu verlangen. Die Medical Tribune nennt diese Taktik sinnigerweise eine „bürokratische Gegenoffensive.“ Der Hausärzteverband R-Pfalz hat dafür in oben verlinktem Rundschreiben auf Seite 7 des PDFs einen Mustervordruck zur Verfügung gestellt. Bei dem ganzen Hin und Her macht dann aus Schüler- & Elternsicht ein mögliches ‚Krankfeiern‘ auch keinen Spaß mehr, was vielleicht einen zusätzlichen Nutzen bringen mag …
Medical Tribune v. 23.03.2023
Schulatteste: Wie Hausärzt:innen der inflationären Nachfrage begegnen
Praxishilfen des Virchowbund
Atteste ausstellen: Anspruch, Abrechnung, Verweigerung
GOÄ Nr. 70 und GOÄ 75 abrechnen: Befundbericht, AU-Bescheinigung
Unklarheit bei Corona-Impfhonoraren, dafür Ablauf der Abrechnungsfrist für Testmaterialien
Während im Falle der Corona-Impfungen noch vieles offen ist – siehe Bericht im Anschluss – ist darauf hinzuweisen, dass in Hinblick auf die Abrechnung der Leistungen und Sachkosten für die Corona-Tests die Fristen allmählich auslaufen. Letzter möglicher Zeitpunkt für die Abrechnung der zwischen Dezember 2022 und Februar 2023 erbrachten Bürgertests sowie der Testungen von Mitarbeitern ist der 31. Mai 2023. Zudem gilt, dass seit 1. März Tests auf Covid-19-Infektionen nur noch dann nach dem EBM abgerechnet werden können, sofern die versicherten Patienten Symptome aufweisen. Eine detaillierte Auflistung der weggefallenen Leistungen und der Änderungen bietet die KBV (~ Link zum KBV Artikel | Testung auf SARS-CoV-2).
Davon unabhängig trat am 8. April 2023 die „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung und auf Präexpositionsprophylaxe gegen COVID-19“ in Kraft (~ Volltext öffnen). Damit ist die Covid-19-Schutzimpfung in die Regelversorgung übergegangen. Allerdings wirft diese Änderung bis heute vielerorts mehr Fragen auf, als dass sie Klarheit schafft. Zum einen wurde zwar die tägliche Meldepflicht der Praxen über die durchgeführten Impfungen abgeschafft, andererseits soll „die COVID-19-Impfsurveillance im bisherigen Umfang fortgeführt [werden].“ Die KBV bewertet den verbleibenden bürokratischen Aufwand daher als weiter sehr hoch – das Impf-DokuPortal wird entsprechend angepasst. Bis die neuen Meldevorgaben durch die KBV, beziehungsweise die einzelnen KVen, bekanntgegeben werden, sollen „Praxen das Portal weiterhin in der bisherigen Version“ arbeiten (~ KBV-Nachrichten v. 6. April).
Ferner konnten bis dato nicht in allen KV Gebieten Einigungen mit den Kassen über die Vergütung getroffen werden. Denn nun gilt: “ Details zu den COVID-Schutzimpfungen, unter anderem die Vergütung, legen die [KVen] gemeinsam mit den gesetzlichen Krankenkassen in den regionalen Impfvereinbarungen fest.“ Dafür nötige Einigungen zur Vergütung gab es – schreibt ZEIT Online am 23. April – bisher in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, der Region Westfalen-Lippe und im Saarland. Die KV Berlin erklärte dagegen, dass eine Einigung bisher nicht zustande gekommen sei, weil die Kassen nicht bereit seien, den Mehraufwand, der durch die Covid-19 Impfung entstünde, mit einzuberechnen (~ KV Berlin). Nach und nach kommt es jedoch auch in den weiteren Ländern zu Einigungen, so wie jüngst Nordrhein (~ Tweet der KV v. 27. April), wo die Covid-19 Impfung künftig mit 15 Euro vergütet wird, und gleichzeitig eine Erhöhung für die Grippeschutzimpfung von 8 auf 10 € vereinbart wurde.
Ist im jeweiligen KV Gebiet bisher keine Einigung erzielt worden, „stellen Ärztinnen und Ärzte ihren Patienten eine Privatrechnung über die Impfleistung aus,“ schreibt die KBV (~ zur Übersicht der KBV), die die Patienten dann bei ihrer Kasse zur Erstattung einreichen sollen. Allerdings schreibt die KV Nordrhein auf ihrer Webseite in fetten Lettern: „Eine Privatabrechnung der Impfung ist ausgeschlossen. Bei GKV-Patienten wird die Änderung des Kostenträgers durch die KV automatisiert vorgenommen.“ Bei diesen Widersprüchen und Komplikationen ist es wahrscheinlich von Vorteil, dass derzeit die Nachfrage nach Covid-19-Impfungen ohnehin höchst marginal sein dürfte. Auch weil die aktualisierte Impfempfehlung eine Impfung lediglich noch für Risikogruppen vorsieht (~ RKI v. 25.04.2023 | Aufnahme der COVID-19-Impfung in die allgemeinen STIKO-Impfempfehlungen 2023).
Zeit Online v. 23.04.2023
Corona-Impfungen gibt es noch nicht überall direkt auf Kassenkosten
KBV-Praxisinfo v. 06.04.2023
Corona: Was sich ab 8. April in der Versorgung ändert
KV Bremen v. 01.03.2023
Vergütung für präventive Coronatests und Genesenenzertifikate entfällt ab 1. März
Jobticket und Inflationsausgleichsprämie | Mitarbeiterfreundliche Lohngestaltung
In der momentanen Situation aus Inflation, öffentlichkeitswirksamen Tarifverhandlungen und dem grundsätzlichen Fachkräftemangel rückt das Thema der Mitarbeiterbindung noch stärker in den Fokus. Es käme – gelinde ausgedrückt – unerwartet, wenn dem ambulanten Sektor plötzlich Steigerungen der Vergütung im zweistelligen Prozentbereich zugestanden würden, die eine Lohnerhöhung – wie in anderen Branchen kürzlich geschehen – erlauben würden. Potentielle Anreize für Mitarbeitende gibt es dennoch. So wird momentan die Jobticket-Variante des 49-€-Tickets heiß umworben, was auch dem ein oder anderen Mitarbeiter nicht entgangen sein dürfte. Auch die steuer- und SV-Abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie ist für MVZ und Praxis nach wie vor eine Gestaltungsalternative. Beides soll im Folgenden kurz beleuchtet werden:
Das Jobticket, im Sinne einer Direktübernahme von (anteiligen) ÖPNV-Kosten durch den Arbeitgeber, wird bereits seit Januar 2019 vom Staat gefördert (~ grundlegende Informationen), erfährt aber im Kontext des zum 1. Mai 2023 eingeführten Deutschlandtickets eine neue Aufmerksamkeit. Bis Ende 2024 gibt es für dieses Ticket von den Ländern einen Zuschuss von 5 % zur Arbeitgeberbeteiligung, die im Minimum 12,25 € im Monat betragen muss, um eben diese 2,45 € zusätzlichen Rabatt zu erhalten. So verbliebe ein zu zahlender Anteil des Arbeitnehmers von nur noch 34,30 € (~ PDF der DB: Der beste Weg zur Arbeit). Damit fiele der Arbeitgeberzuschuss unter die magische Freigrenze von derzeit 50 €. Allerdings ist relevant zu erwähnen, dass nicht nur der Rabatt zeitlich befristet ist, sondern dass auch der Preis des Deutschlandtickets keineswegs fix ist. Bereits 2024 werden die Kosten „dynamisiert“, politisch debattiert wird auch schon ein früherer Zeitpunkt. Dies sollte bei einer Gewährung vom Arbeitgeber berücksichtigt werden.
Eine Steuerberaterin weist ferner recht spitzfindig darauf hin, dass trotz alledem nicht klar sei, inwiefern das vom Land mit 5 % rabattierte Jobticket von den Mitarbeitenden für Privatfahrten genutzt werden dürfe. Der Beitrag verweist daher als sicherere Variante auf die Bezuschussung über die Lohnabrechnung (~ Medical Tribune v. 21.04.23). Sollte für die Praxis die Übernahme von ÖPNV-Kosten neu in Erwägung gezogen werden, wäre es demnach empfehlenswert, verbindliche Rücksprache mit dem Lohn- oder Steuerbüro zu halten, auch um – jenseits der aktuellen Situation – den Mehrwert für die Arbeitnehmerbindung abschätzen zu können.
Die sogenannte Inflationsausgleichprämie (IAP) ist bis zum 31. Dezember 2024 gültig. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Corona-Prämie, die vom 1.3.2020 bis zum 31.3.2022 durch Arbeitgeber gewährt werden konnte, und auch nicht mit der Sonderprämie, die im Gesundheitswesen als Pflegebonus (§ 3 Absatz 11b EStG) bis 31.12.2022 ausgezahlt werden durfte (~ Ausgabe KW43/2022: Mitarbeiter-Boni | Steuerfreie Prämien Alt & Neu). Die Zahlung erfolgt steuerfrei und es müssen darauf keine Sozialabgaben entrichtet werden – von daher ist sie ein für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer attraktives Lohngestaltungselement. Die Grenze beträgt 3000 Euro, die beliebig gestückelt werden können. Die Firma Lidl hatte etwa 250 Euro an die Mitarbeitenden gezahlt, Aldi hatte drei Monate lang je 50 Euro Gutscheine ausgehändigt (~ Quelle). Die Ausführung ist recht flexibel und kann auch in Sachleistungen erfolgen. Bedingung ist jedoch, dass die Geldleistung zusätzlich zum vereinbarten Gehalt erfolgt. Zudem sollte bei der Zahlung ein entsprechender Hinweis erfolgen, dass sie mit der Inflation in Verbindung steht, also beispielsweise der Ausweis auf der Lohnabrechnung als „Inflationsausgleichsprämie“. Unzulässig sind auch Verrechnungen mit anderen Prämien, Weihnachtszahlungen, Gehaltserhöhungen oder Ähnlichem. Gehen Mitarbeitende mehreren Arbeitsverhältnissen nach, so kann die Prämie jeweils gewährt werden. Dem Arbeitgeber obliegt keine Überprüfungspflicht. Nur eine wiederholte Zahlung beim gleichen Arbeitgeber, jedoch unterschiedlichen aufeinanderfolgenden Verträgen ist ausgeschlossen (~ Frage 8, der unten verlinkten FAQ des BMF).
Relevant für einige MVZ könnte sein, dass es auch möglich ist, die Prämie durch Dritte zu gewähren. Das Bundesfinanzministerium schreibt dazu: „Es wird für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht beanstandet, wenn die IAP als Arbeitslohn von dritter Seite, zum Beispiel durch ein verbundenes Unternehmen im Konzern, geleistet wird.“ (~ Frage 8a) Unabhängig von der Höhe der Zahlung bietet es sich auch hier an, Rücksprache mit dem Lohnbüro zu halten. Da diese Maßnahmen außer Konkurrenz zu den aktuell höchst präsenten Tarifstreitigkeiten steht, obliegt es letztendlich wohl der Finesse der Geschäftsführung, die Zuwendungen entsprechend attraktiv zu ‚verkaufen‘.
Bundesministerium der Finanzen (Stand 05.04.2023)
FAQ zur Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz
ZDF Heute v. 01.04.2023
Deutschland-Abo als Jobticket: 49-Euro-Ticket: Günstiger, wenn Chef mitzieht
Haufe.de v. 28.03.2023
Inflationsausgleichsprämie: Bis zu 3.000 Euro steuerfrei
39 % aller Bürger waren schon einmal MVZ-Patient | Repräsentative Erhebung des BBMV
Eine aktuelle Umfrage mit 10 Tausend Bundesbürger:innen hat kürzlich noch einmal klargestellt, was eigentlich längst bekannt ist: Mehr als die Hälfte aller Patienten beklagen lange Wartezeiten auf Arzttermine, knapp 39 Prozent sagt sogar, dass es grundsätzlich nicht genügen Ärzte gäbe. Eine Zahl, die in den fünf neuen Bundesländern bei auffällig erhöhten 51 Prozent liegt. Drei von fünf Bürgern gehen davon aus, dass sich insgesamt die Versorgungslage in den nächsten Jahren weiter verschlechtern wird. Auftraggeber dieser von Civey im März 2023 durchgeführten Studie ist der Bundesverband der Betreiber von MVZ (BBMV). Insofern liegen die eigentlich spannenden Antworten in den zur MVZ-Thematik gestellten Fragen.
Demnach waren 39 Prozent der repräsentativ ausgewählten Befragten bereits einmal als Patient:in in einem MVZ. 22 Prozent gaben an, mit dem Begriff MVZ nichts anfangen zu können. Nach Angabe der Autoren, korreliert die Aussage, bereits einmal MVZ-Patient gewesen zu sein, insbesondere mit den Landkreisen mit geringer Bevölkerungsdichte. Der BBMV folgert in seiner Meldung, was wir ebenfalls wahrnehmen: „Laut der Umfrage haben MVZ gerade in Gegenden mit sehr niedriger oder niedriger Bevölkerungsdichte die höchste Nutzungsquote. Dies widerlegt den Vorwurf, MVZ würden sich gezielt nur in Städten ansiedeln.“ Insbesondere ist in dem Kontext die Schwäche und Aussagekraft der üblichen MVZ-Statistiken anzuprangern, bei denen lediglich MVZ-Hauptbetriebsstätten ohne Erwähnung, bzw. Erfassung der jeweiligen Zweigstellen Grundlage sind. Der BBMV nutzt diese Zahlen, um seine Abwehr einer erneuten regulativen Einschränkung des MVZ-Betriebs zu untermauern: „MVZ-Gruppen und nichtärztliche Investitionen in die ambulante Versorgung durch starke Regulierungen faktisch aus der Versorgung auszuschließen, ist angesichts dieser Befunde nicht die Lösung, sondern verschärft das Problem.“
Eine ähnliche Aussage hatte kürzlich auch die BMVZ-Geschäftsführerin Müller formuliert. In ihrem Debattenbeitrag zur Frage, ob wir nicht eher über einen ‚barrierefreien Zugang für Investoren‘ – wie es die AOK nannte – sprechen sollten, statt über weitere Hürden für den Eintritt von nichtärztlichen Trägern in die ambulante Versorgung, merkte Müller an „Letztlich muss an die Gesundheitspolitik appelliert werden, den Fokus der Debatte von dem destruktiven Konzept zu lösen, wie man eine konkrete Gruppe von MVZ-Trägern aus der Versorgung raushalten kann. Und hinzulenken auf die Frage, ob wir es uns angesichts der Entwicklungen in der ambulanten Versorgung überhaupt leisten können, auf Leistungsträger zu verzichten, die bereit sind, für anstellungswillige Ärztinnen und Ärzten geeignete Arbeitsplätze zu schaffen.“ (~ Aufsatz als PDF öffnen)
BBMV e.V. 26.04.2023
BBMV-Umfrage offenbart gravierende Probleme bei medizinischer Versorgung (PDF)
BMVZ in KU Gesundheitsmanagement Heft 4/2023 (Seiten 45ff)
Krankenhaus-MVZ im Fokus des Gesetzgebers: Marktbeschränkung vs. Marktöffnung. Gedankenspiele. | Aufsatz als PDF öffnen.
Psychotherapeutische Leistungen | Honorare werden rückwirkend erhöht
Der erweiterte Bewertungsausschuss hat die Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen angepasst. Dies geschieht rückwirkend zum 3. Quartal 2022. Gemäß der Webseite der KV Nordrhein wird „für die Quartale 3/2022 und 4/2022 … eine Nachvergütung auf Basis der bisher abgerechneten Leistungen erfolgen.“ Ab dem 1. Quartal 2023 gelten die neuen Bewertungen für die GOP 30932, 30933, 35151, 35152, 35173 bis 35179 und allen GOP des Abschnitts 35.2 EBM dann ohnehin. Im Detail können diese auch im Beschluss eingesehen werden (~ zum Beschluss). Wenn auch nicht von allen eindeutig kommuniziert, ist davon auszugehen, dass auch die anderen KVen die rückwirkende Berechnung automatisch tätigen. Die KV Hessen hat das Prozedere für ihren Bereich kompakt zusammengefasst (~ Link zur KV Hessen | graue Infobox).
Allerdings wurde durch die Erhöhung der so genannten empirischen Personalkosten die Bewertung der Strukturzuschläge abgesenkt. Die KBV übersetzt diese Ausführung aus der Beschlussbegründung wie folgt in ‚normales Deutsch‘: „In der höheren Bewertung der Leistungen sind auch die gestiegenen Gehälter für Medizinische Fachangestellte berücksichtigt. Daher werden mit dem Beschluss zugleich die zusätzlichen Zuschläge für Personalkosten leicht abgesenkt.“ (~ KBV-Praxisnachrichten v. 30.03.2023). Unterm Strich bleibt eine Erhöhung der GOP für antrags- und genehmigungspflichtige Psychotherapien um 2,1 Prozent. Der GKV-Spitzenverband gibt an, dass das Vergütungsplus insgesamt bei 80 Millionen Euro liege, die sich aus 55 Millionen € für 2023 und 25 Millionen €, die rückwirkend für das zweite Halbjahr 2022 gezahlt werden, zusammensetzen. „Pro Therapeutin oder Therapeut bedeutet dies ein Plus von circa 1.700 Euro pro Jahr,“ behauptet der Kassenverband (~ Quelle).
Der erweiterte Bewertungsausschuss weist allerdings darauf hin, dass die rückwirkende Anpassung „ohne Präjudiz für vergangene oder zukünftige Zeiträume“ (~ Quelle) vorgenommen wurde. Das zeitversetzte Prozedere wird mit einer Verzögerung bei der Datenerhebung seitens des Statistischen Bundesamtes erklärt und soll als Ausnahme verstanden werden.
Ärzteblatt v. 30.03.2023
Psychotherapeutische Leistungen werden besser vergütet
Themenseite der KBV
Ambulante psychotherapeutische Versorgung
Gesetzgebung zur elektronischen Arbeitszeiterfassung: Referentenentwurf lässt einige Wünsche und Fragen offen
Einer der primären Wünsche der meisten Arbeitgeber bezüglich des neuen Arbeitszeitgesetzes wäre wohl, dass nicht wieder unzählige Arbeitsstunden in die gesetzeskonforme Erfassung eben jener Zeit eingehen. Für ganz kleine MVZ könnte dieser Wunsch sogar in Erfüllung gehen. Denn, der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf des neuen Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E | Volltext als PDF öffnen), sieht Ausnahmen für Kleinunternehmen vor. Doch das Wichtigste vorweg: 1) Der Entwurf bezieht sich nur auf die elektronische Erfassung. D.h. unverändert muss bereits jetzt aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG v. 13.09.2022) von jedem Betrieb, also auch von Praxen und MVZ, Arbeitszeit und Überstunden für jeden Mitarbeiter gegebenenfalls analog erfasst werden – Arbeitszeiterfassung: Alles was man dazu wissen muss. 2) Dem Entwurf folgt in der Gesetzgebung nun zunächst eine Zeit, in der Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Branchenverbände ihre Stellungnahmen abgeben, woran sich wiederum die parlamentarische Beratung anschließt. Der aktuelle Stand ist also nicht mehr, als eine Aussicht auf die Vorhaben der Regierung. Wenn das Gesetz allerdings beschlossen wird, so gelten die Vorgaben zur digitalen Erfassung mit dem ersten Tag des darauffolgenden Quartals, aber auch hier mit Ausnahmen.
Kern des neuen Entwurfes ist § 16 Absatz 2, nach dem „der Arbeitgeber verpflichtet [ist], Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen.“ Die Erfassung kann auch durch Dritte, oder den Arbeitnehmer selbst geschehen, allerdings verbleibt der Arbeitgeber in jedwedem Fall in der Verantwortung. Nach Arbeitsrechtexperten entsteht durch die Fixierung auf ‚jeweils am Tag der Arbeitsleistung‘ allerdings ein Widerspruch zum geltendem Recht nach dem Mindestlohngesetz (~ Haufe v. 20.04.2023). Gemäß ebendieser Quelle klärt der Referentenentwurf auch nicht befriedigend darüber auf, was mit „Arbeitgeber“ gemeint sei. In der Begründung zum Entwurf heißt es auf Seite 15: „Der Absatz enthält eine nach Unternehmensgröße gestaffelte Übergangsregelung.“ Einen Absatz später ist jedoch von einer Kleinbetriebsklausel die Rede. Meint der Gesetzgeber nun Unternehmen oder Betriebe?
Im Übrigen sieht Haufe.de diese Kleinbetriebsklausel in Korrelation zu § 23 Absatz 1 Satz 3 KSchtG „ohne die anteilige Berücksichtigung von Teilzeitkräften.“ Bis dahingehend Klarheit herrscht, scheint es müßig, auszuloten, ob das MVZ mit x Teilzeitkräften, im Sinne des Gesetzes als Kleinbetrieb gilt. Wäre dem so, gilt die eingangs erwähnte Ausnahmeregel, nach der „ein Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern die Arbeitszeit in nichtelektronischer Form aufzeichnen [dürfen soll]“ (§16 Absatz 8 Satz 3 ArbG-E). Im gleichen Absatz sind auch die abweichenden Fristen für Unternehmen ab 250 Arbeitnehmern (2 Jahre nach Inkrafttreten) und 50 Arbeitnehmern (5 Jahre nach Inkrafttreten) beschrieben. Ausnahmen gibt es zudem bei Betriebs- und Tarifvereinbarung (~ § 16 Absatz 7). Hier findet eine mögliche Erfassung binnen sieben Tagen Erwähnung, auch eine Abweichung von der elektronischen Aufzeichnung und die Ausnahme für Arbeitnehmer, „deren besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt“ werden kann. Dies ist insoweit relevant, als dass dies Aufhänger weiterer Ausnahmen werden könnte.
Haufe.de merkt dazu im Fazit an: „Eine großzügigere Herausnahme von bestimmten Arbeitnehmern auch ohne Tarifvertrag wäre wünschenswert.“ In der Tat wäre es darüber hinaus wünschenswert, dass das Ministerium die für die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung veranschlagten 450 € je Betrieb noch einmal hinterfragt und vor allem dann auch die laufenden Kosten mit einberechnet. Die im Entwurf unter Erfüllungsaufwand der Wirtschaft angegebenen Beträge, scheinen doch mehr als unrealistisch. Gerade der Medizinsektor ist bei der Einführung elektronischer Verfahren ja ein gebranntes Kind und eine halbwegs belastbare Abschätzung der finanziellen Konsequenzen wäre zumindest ‚fair‘.
Ärztenachrichtendienst v. 21.04.2023
So will die Ampel die Arbeitszeiterfassung durchsetzen
Personalwirtschaft.de v. 20.04.2023
Arbeitszeiterfassung: Details zum BMAS-Gesetzesentwurf bekannt geworden
Bundesrechtsanwaltskammer v. 24.04.2023
BMAS legt Referentenentwurf für geändertes Arbeitszeitgesetz vor
Mind-UP Praxisausweis (SMC-B) | Mehr Nutzer & Neue Sicherheitsanforderung bei der Beantragung
Seit April 2023 ist bei einer Neubeantragung der SMC-B, aber auch für die Beantragung einer Folgekarte, eine Identitätsprüfung vorgesehen. Die Gematik schreibt dazu auf ihrer Webseite, dass das Verfahren damit analog zu dem des Heilberufsausweises (eHBA) sei. Es gibt demnach das Ident-Verfahren durch die Post sowie Vor-Ort-Verfahren, wie sie z.B. D-Trust anbietet. Im Übrigen gilt seit Mitte April, dass auch Beschäftigte aus den Bereichen Pflege, Geburtshilfe und Physiotherapie über das Gesundheitsberuferegister (eGBR, geführt von der Bezirksregierung Münster | mehr Informationen) einen eHBA und im Anschluss die SMC-B für ihre Einrichtungen beantragen können – dass sich also der Kommunikationsnutzen der TI sukzessive noch einmal deutlich erweitern wird. Wir haben diese Änderungen zum Anlass genommen, einige Kernfragen zur SMC-B im Sinne einer Gedächtnisauffrischung noch einmal aufzugreifen.
Grundsätzlich hat die Security-Module Card Typ-B eine maximale Laufzeit von fünf Jahren. Da die Karte in der Regel immer steckt, sei erwähnt, dass das Ablaufdatum aufgedruckt ist. Das konkrete Datum hängt vom Vertrag mit dem Kartenanbieter ab. Vor Ablauf sollte die Betriebsstätte vom Kartenanbieter informiert werden. Eine Bestellung der neuen Karte erfolgt – neuerdings nun mit einer Identitätsprüfung – über die Webseite des Kartenanbieters. Die KV Baden-Württemberg weist darauf hin, dass die Bestellung etwa vier Wochen vor Ablauf der Frist erfolgen sollte. Dann würde die gesamte Laufzeit der Karte genutzt werden (~ ‚Nicht zu spät bestellen – aber auch nicht zu früh‘ | Rosa Box in der Mitte des Beitrags). Eine zu kurzfristige Bestellung ist selbstredend problematisch, da die Karte Dreh- und Angelpunkt für den Zugang zur TI ist und sich – wie die KV Bayern schreibt – „abhängig vom Verfahren und der zeitnahen Durchführung der Identifizierung die Bearbeitungszeit verlängern kann.“ (~ Info KV Bayern)
Die KV Berlin hatte, wohl aus gegebenen Anlass, in einem Q&A-Segment ebenfalls einige nennenswerte Fragen aufbereitet. So wird – was eigentlich auf der Hand liegt – darauf verwiesen, dass die SMC-B für die Institution MVZ weiter gilt, auch wenn eine angestellte Person das Kollegium verlässt. Allerdings sollte immer geprüft werden, ob die scheidende Person eventuell die einzige ist, die über die Zugangsdaten zum Portal des Kartenanbieters verfügt!? Aber das Zugangs- und Passwortmanagment in Arztpraxen ist ja noch einmal ein ganz anderes Thema. Die KV verweist darauf, dass Passwort und Vorgangsnummer auf einem PDF enthalten sind, das mit der initialen Ausstellung der SMC-B von der Praxis ausgedruckt werden musste (~ Q&A KV Berlin).
Im Übrigen möchten wir in dem Kontext darauf verweisen, dass – nach einem aktuellen Bericht der ÄrzteZeitung (~ Quelle) die Möglichkeit, gemäß der mit der SMC-B Dokumente signiert werden könnten, zum 30. Juni 2023 ausläuft. Dies ist in allen Praxen und MVZ zu beachten, wo noch Ärzt:innen ohne eigenen eHBA tätig sind. Denn ab 1. Juli 2023 ist dann definitiv die qualifizierte Signatur mit eHBA bei allen E-Rezepten, eAU und anderen Anwendungen nötig.
Zudem ist zu beachten, dass:
- … die SMC-B Karte ggf. mit der KIM-Adresse der Praxis verknüpft ist. Deshalb muss bei der Neubestellung (bei gleichbleibender BSNR) darauf geachtet werden, dass die bisherige Telematik-ID, die im Verzeichnisdienst hinterlegt ist, mitgenommen wird, um nach dem Austausch der SMC-B Karte die KIM-Adresse einfach neu zuweisen zu können.
- … nur, wenn die Folgekarte beim gleichen Anbieter bestellt wird, die TelematikID automatisch übernommen wird. Bei einem Anbieterwechsel muss diese aktiv angegeben werden. Sollte diese Eingabe vergessen werden, kann dies nach Erstellung der SMC-B Karte nicht mehr geändert werden!
- … bei Änderung der BSNR, etwa durch Umstrukturierung der Praxis, eine neue SMC-B Karte mit neuer Telematik-ID und KIM-Adresse bestellt werden muss.
ÄrzteZeitung v. 31.03.2023
Neue Sicherheitsanforderungen für Praxisausweise
KV Nordrhein v. 31.03.2023
Änderung beim SMC-B-Ausgabeprozess zum 3. April 2023
Fortschreibung des Hilfsmittelkataloges | Betonung der Pflicht zur Aufklärung und Dokumentation bei Mehrkosten
Wie der GKV Spitzenverband am 11. April mitteilte, wurden in der aktuellen Fortschreibung des Hilsmittelkataloges 2.940 neue Hilfsmittel aufgenommen. Darunter fallen beispielsweise digitale Medikamentenspender, medizinisch adaptive Kompressionssysteme sowie digitale Pflegehilfsmittel. Die unterschiedlichen Produktgruppen wurden überarbeitet und damit auch 338 veraltete Produkte gestrichen. Solch eine Fortschreibung findet im regelmäßigen Turnus, jedoch mindestens alle drei Jahre statt. Dabei wird förmlich ein Bericht des verantwortlichen GKV-Spitzenverbandes an den Ausschuss für Gesundheit des Bundestages übergeben. Der letzte Bericht betrifft den Zeitraum vom März 2022 bis Februar 2023 (~ Bericht als PDF öffnen). Der aktuelle Hilfsmittelkatalog gilt folglich in der jetzigen Fassung bis zur nächsten Fortschreibung. Er umfasst Hilfs- und Pflegehilfsmittel aus 41 Produktgruppen, die insgesamt 41 Tausend Produkte enthalten. Nicht zu verwechseln ist das GKV-Hilfsmittelverzeichnis (~ direkt zu) im Übrigen mit dem Heilmittelkatalog, der vom G-BA verantwortet wird (~ mehr zu).
Praxisrelevant an dem aktuellen Bericht ist die ausdrückliche Betonung der Pflicht von ‚Leistungserbringern‘ die Versicherten umfassend zu beraten, und die Betonung des Umstandes, dass „im Sinne des Sachleistungsprinzips … eine hinreichende Auswahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die für den Versorgungsfall geeignet waren, angeboten“ werden (~ Seite 13 des Berichtes). Explizit beschreibt der Bericht, sechs Jahre nach Einführung des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes von 2017, dass: „in der Vergangenheit … zahlreiche Hinweise von Versicherten vorlagen, dass diese zu mehrkostenpflichtigen Versorgungen gedrängt und unzureichend über ihre Ansprüche beraten worden sind.“
Dass der GKV Spitzenverband dies derart betont, lässt vermuten, dass von Seiten der Kassen eine Portion Misstrauen gegeben ist und sie entsprechend von ihrem Recht Gebrauch machen, stichprobenartig die schriftlichen Begründungen – insbesondere bei Mehrkosten – für die Verordnung zu prüfen. Denn seit 2017 gilt bekanntermaßen: „Über anfallende Mehrkosten haben [die Leistungserbringer] ausdrücklich zu informieren und sich diese Beratung schriftlich bestätigen zu lassen. Bei ihrer Abrechnung mit den Krankenkassen haben die Leistungserbringenden auch die Höhe der Mehrkosten anzugeben.“ Seit April 2021 ist zudem festgelegt, dass „die Leistungserbringenden bei Mehrkostenversorgungen zu dokumentieren haben, welchen Mehrnutzen oder welche Merkmale das abgegebene Hilfsmittel gegenüber einem geeigneten mehrkostenfreien Hilfsmittel hat“. Ein kurzer ‚Reminder‘ in der nächsten Teamsitzung scheint demnach angebracht, insbesondere in Fachrichtungen, in denen die Heilmittelverordnung eher nicht zum Alltag gehört oder wo sich – eventuell überholte – Routinen eingeschlichen haben. Zwar ist der Arzt oder die Ärztin meist nur mittelbar diejenige, die konkret über das abgegebene Hilfsprodukt entscheidet – vielmehr wird es sich häufig um ein Sanitätshaus, etc. handeln. Allerdings kann der Hinweis der Ärzt:innen an Patienten, dass es Varianten ohne und mit Eigenanteil gibt, eine nützliche Serviceleistung sein.
Medical Tribune v. 18.04.2023
Fast 3.000 neue Hilfsmittel
GKV Spitzenverband v. 11.04.2023
Pressemitteilung: Fast 3.000 neue Hilfsmittel für GKV-Versicherte
DiGA | Update zum Einsatz & Abrechnung bei GKV-Patienten
Seit 1. April 2023 ist die überarbeitete Fassung der Anlage 34 des BMV-Ä in Kraft. Dahinter verbirgt sich die Vergütung der digitalen Gesundheitsanwendungen, kurz DiGA (~ zur aktuellen Fassung der Anlage 34). Spektakulär Neues gibt es dahingehend jedoch nicht. Allerdings ist bei der Recherche aufgefallen, dass die wichtigste Information zur Honorierung abseits des Fokus‘ liegt. Denn die GOPs 01470 (DiGA-Erstverordnung) und 86701 (DiGA-Erstverordnung durch Kinderärzte) finden sich nicht mehr im EBM. Die mit je 2 € bewerteten Nummern sind ohne Ausgleich zum Jahresanfang in den Versicherten- und Grundpauschalen aufgegangen. Somit sind nur noch Verlaufskontrollen berechnungsfähig, wie das ‚Deutsche Arztportal‘ bereits in einem Beitrag v. 24.11.2022 abgekündigt hat.
Mit der neuen Fassung ist eine Gesundheitsapp namens ‚Invirto‘ für die Behandlung von Agoraphobie in den EBM aufgenommen worden. Demnach sind es nun vier DiGA mit den GOP 01471-74, deren Verlaufskontrolle zu einem Punktwert von 64 (= 7,35 Euro) als Zusatzpauschale angesetzt werden können.
Die gültige Anlage 34 führt unter Anhang 1 Abschnitt 1.1 diejenigen Apps auf, die mittels der Pseudonummer 86700 zu 7,12 Euro abgerechnet werden können. Die Einschränkungen zur Anwendungen der Pseudonummer sind auf Seite 9 gelistet, so ist beispielsweise die Verrechnung der Pseudonummer maximal zweimal je Krankheitsfall gestattet. Alle unter der Pseudonummer gelisteten Apps stehen noch zur endgültigen Prüfung für die Übernahme in den EBM aus. Nicht alle Fachrichtungen können die Anwendungen verschreiben. Eine Auflistung findet sich unter in der Anlage 34 unter Anhang 1 Absatz 1.2 (auf Seite 7f). Wer angesichts des sich ab und zu verändernden Angebotes an berechnungsfähigen Apps ‚up to date bleiben‘ möchte, kann sich unter kvappradar informieren. Darauf verweist die KBV – etwas unscheinbar – am Ende ihrer allgemeinen Ausführungen zu den DiGA (~ Link zur KBV).
Obwohl die digitalen Gesundheitsanwendungen noch ein Schattendasein fristen, scheinen Anwender in der Mehrheit aber überzeugt. Darauf verwies die ÄrzteZeitung in einem Artikel über Probleme im Genehmigungsverfahren (~ Quelle). Zu teuer, teils keinen erwiesenen Nutzen und zu lange Erprobungszeiträume wurden als Kernprobleme benannt, mit denen sich jedoch in erster Linie die Kassen beschäftigen müssen. Dagegen äußerten sich zwei Drittel der per Telefon befragten Patienten, zufrieden mit ihrer App. Für den Praxisalltag könnte es daher durchaus vorteilhaft sein, das Thema DiGA stärker in den Fokus zu rücken. In der DiGA-Studie der Techniker Krankenkasse wurden „bis zum 31. Dezember 2021 lediglich 19.025 Verordnungen für DiGA registriert“. Damit ergibt sich, unter Umständen, für die Praxis gar ein ‚digitales‘ Alleinstellungsmerkmal. Beim Nachdenken hilft eventuell diese launisch-kritische Betrachtung: DIGA?! – Ist es di ga, di ga, di ga oder di ga?
KV Hessen (Update v. 03.04.2023)
DiGA zu Lasten der GKV verordnen und abrechnen – Überblick über alle Leistungen & Besonderheiten
ÄrzteZeitung v. 30.03.2023
DiGA-Report der TK: Apps auf Rezept werden ganz selten verschrieben