Die Rolle medizinferner Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung ist seit etwa zwei Jahren ein Dauerstreit-Thema in Ärzteschaft und Politik. Ausgangspunkt war die hohe Dynamik bei der Entstehung von fachgleichen Zahn-MVZ seit 2016. Mit dem TSVG, das im Juli 2019 in Kraft getreten ist, wurden vor diesem Hintergrund Beschränkungen für die Gründung zahnärztlicher und Dialyse-MVZ eingeführt.

Die allgemeine Befürchtung ist:
Renditeorientierte Investoren, oft aus dem Ausland und meist organisiert als Private Equity Fonds kaufen sich über den Erwerb von MVZ-Ketten in die ambulante Versorung ein, und gefährden damit letztlich die Qualität der Patientenversorgung.

Soweit das Vorurteil:
Doch was bedeuten Investitionen in der ambulanten Medizin sowohl für die Versorger, als auch die Patienten? Der BMVZ-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Peter Velling hat hierzu im August 2019 in der Zeitschrift ‘Gesundheits- & Sozialpolitik’ ausführlich Stellung genommen.

Fremdkapital in der ambulanten Versorgung

Debatte im Gesundheitsausschuss:
Im März 2020 widmete sich der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags dem Antrag der LINKEN “Kapitalinteressen in der Gesundheitsversorgung offenlegen.”

Bericht zur Bundestagsdebatte vom 08.11.2019

Link zum Antrag der LINKEN vom 23.10.2019

Bericht zur Anhörung im Gesundheitsausschuss vom 04.03.2020

 

Zentrales Anliegen des Antrages ist es, die Eigentümerstrukturen hinter den MVZ offenzulegen und ein gesondertes MVZ-Register zu schaffen, das Auskunft über die oft mehrfach verschachtelten Geselschaftsstrukturen gibt.

Als Sachverständige waren zu der Anhörung unter Anderen der BMVZ-Vorstandsvorsitzender Dr. Peter Velling und BMVZ-Geschäftsführerin Susanne Müller geladen.
Sie standen den Bundestagsabgeordnetne Abgeordneten Fragen und Antworten und erläuterten die vielfältigen Zusammenhänge und Bedingtheiten der Tätigkeit von MVZ und traten insgesamt dafür ein, die Unterscheidung zwischem ‘guten’ und ‘schlechten’ MVz gerade nicht von der Frage der Trägerschaft abhängig zu machen.

Weiterführende Links:


Deutscher Bundestag: Bericht des Ausschusses
Videomitschnitt der Anhörung
Wortprotokoll der Ausschusssitzung
Bibliomed: Die Angst vor Investoren

BMVZ-Position

Gegen Marktkonzentration

Der BMVZ setzt sich dafür ein, Regelungen zu schaffen, die Marktkonzentrationen, selbst wenn sie nur regional sein sollten, effektiv verhindern. Das bedeutet aus Sicht des BMVZ, dass statt mit fortgesetzten Restriktionen zu arbeiten, Rahmenbedingungen geschaffen werden, die gerade auf lokaler Ebene eine Struktur- und insbesondere eine Trägervielfalt ermöglichen.
Daher fordert der BMVZ eine Erweiterung des Gründerkreises auf den Stand, wie er vor dem Jahr 2012, um lokal verankerten medizinnahen Akteuren wie Psychotherapeuten, Apothekern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen den MVZ-Betrieb zu ermöglichen.
Außerdem sollten vor allem für arztgetragene MVZ Betriebhindernisse weiter abgebaut werden: Insbesondere sollte es darum gehen, für Ärzte eine Verstetigung ihrer Trägereigenschaft zu erreichen, um zu verhindern, dass ärztliche MVZ-Inhaber am Ende ihres Berufslebens mangels Alternativen beinah zwangsläufig ihr MVZ an ein Krankenhaus oder Investor veräußern müssen.

Schaffung von Transparenz

Im Rahmen des 2017 verabschiedeten Geldwäschegesetzes wurde ein umfassendes Transparenzregister für Unternehmen geschaffen, dass insbesondere auch darüber Auskunft gibt, wer vor allem bei verschachtelten Gesellschaftkonstukten, der letztendlcih wirtschaftlcih Berechtgte ist.
Dort werden somit ein Großteil der in der aktuellen Debatte geforderten und gewünschten Daten schon heute vorgehalten. Da eine systematische Abfrage aufgrund der Nutzungseinschränkung durch den Gesetzgeber zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich ist, sollten Bestrebungen, ein gesondertes MVZ-Transparenzregister zu schaffen, lieber an dieser Stelle andocken und die vorhandenen Daten nutzbar machen, anstatt ein komplett neues System aufzusetzen.

Evaluierung der Versorgungsqualität

Ob ein Krankenhaus-MVZ, ein MVZ mit Investor im Hintergrund oder ein niedergelassener Arzt eine höhere Versorgungsqualität für den Patienten liefert, darüber wird viel und meist faktenfrei diskutiert.
Denn: Über die Qualität und Versorgungseffizienz liegen keine verlässlichen Daten vor. Daher sollten, um die Debatte für die Zukunft zu versachlichen, die individuellen Patiententscheidungen untersucht und berücksichtig werden. Schließlich sagt die dauerhafte “Abstimmung mit den Füßen” bei der Wahl des Arztes am meisten über die geleistete Qualität der Behandlung aus.